Читать книгу Vernehmungen - Heiko Artkämper - Страница 85
2.13Hörfallen
Оглавление236Angaben des Beschuldigten, die er gegenüber Privaten getätigt hat, sind selbst dann verwertbar, wenn diese Privatpersonen ohne amtlichen Auftrag mit Mitteln, die staatlichen Organen nach § 136a StPO verboten sind, Beweismittel erlangt haben.48
Beispiele:
237„Was ein Beschuldigter einem Mitgefangenen erzählt hat, der auf Veranlassung der Polizei auf seine Zelle gelegt wurde, um ihn über das Tatgeschehen auszuhorchen, darf nicht verwertet werden. Verwertbar ist dagegen die Aussage, die ein in der Hauptverhandlung vernommener Zeuge gemacht hat, den die Polizei aufgrund von Angaben des Beschuldigten gegenüber dem Mitgefangenen ermittelt hat.“49
238Wenn ein Mithäftling aus eigenem Antrieb den Beschuldigten veranlasst, ihm die Tat zu schildern, darf dies verwertet werden, selbst wenn dieser sein Aushorchen in Kenntnis der Ermittlungsbehörden fortsetzt.
Praxistipp: | |
239 | „Hat eine Privatperson auf Veranlassung der Ermittlungsbehörde mit dem Tatverdächtigen ohne Aufdeckung der Ermittlungsabsicht ein auf die Erlangung von Angaben zum Untersuchungsgegenstand gerichtetes Gespräch geführt, so darf der Inhalt des Gespräches im Zeugenbeweis jedenfalls dann verwertet werden, wenn es um die Aufklärung einer Straftat von erheblicher Bedeutung geht und die Erforschung des Sachverhaltes unter Einsatz anderer Ermittlungsmethoden erheblich weniger Erfolg versprechend oder wesentlich erschwert gewesen wäre.“50 |
Der BGH hat im Jahre 2010 ein Verwertungsverbot für den Fall anerkannt, dass ein inhaftierter Beschuldigter verdeckt verhört wird.51
Beispiel:
240Der verurteilte Angeklagte hatte sich in der Haft einem Mitgefangenen anvertraut, der sich ihm gegenüber fälschlich als Mitglied der Bandidos ausgegeben und sich erboten hatte, Leute zu besorgen, die die Frau des Angeklagten gegen Bezahlung töten würden. Nachdem der Mitgefangene eine Anzahlung kassiert hatte, wandte er sich an die Leitung der JVA und erklärte sich später gegenüber der Polizei als kooperationsbereit. Die dadurch erlangten Beweismittel reichten den Strafverfolgungsbehörden nicht, sodass sie einen Polizeibeamten unter der Legende eines Rockers an den Angeklagten heranführten. Dieser führte im Besucherraum der JVA ein Gespräch, in dem er auch fragte, ob es richtig sei, dass sie die Frau des Angeklagten „wegmachen“ sollten, was der Angeklagte mit einem Nicken bestätigte.
241Der BGH bezeichnet das Gespräch zu recht als verdeckte Vernehmung, die in ihrer konkreten Ausgestaltung rechtswidrig war. Sie griff in den Kernbereich der grundrechtlich und konventionsrechtlich geschützten Selbstbelastungsfreiheit ein, mit der Folge, dass daraus ein Verwertungsverbot abgeleitet wurde. Dies galt insbesondere vor dem Hintergrund, dass der Polizeibeamte eine Entscheidung geradezu provoziert und den Angeklagten in einen Aussagezwang versetzt hatte.