Читать книгу Im Zeichen des Denkmals - Helen Dalibor - Страница 15
11
ОглавлениеHamburg
Zornig schlug jemand mit der Faust aufs Armaturenbrett, dass das Handschuhfach aufklappte.
"Scheiße!", brüllte der Mann seine Wut heraus und haute die Klappe zu. Glücklicherweise war nichts herausgefallen, sonst hätte er es in seinem Zorn gegen die Fensterscheibe geworfen.
"Hau nicht die Einrichtung zusammen. Die kann nichts dazu, dass das Haus abgesichert ist und wir nicht rangekommen sind. Konnte niemand ahnen, dass überall Kameras angebracht sind. Wovor fürchtet sich die Tusse? Mit uns konnte sie nicht rechnen."
Den beiden Männern war es in letzter Sekunde gelungen, vor der eingetroffenen Polizei zu flüchten. Anscheinend hatten sie irgendein Alarmsystem ausgelöst, dass die Bullen auf den Plan gerufen hatte. Außerdem hatten sie feststellen müssen, dass sich zwar jemand im Haus befand, die Beschreibung aber weder auf die Archäologin noch auf die Diebin passte. Folglich mussten sich die zwei noch immer in Berlin aufhalten. Nur wo?
Die Hauptstadt war groß und sie hatten keinen einzigen Anhaltspunkt, wo die verdammte Archäologin untergekommen sein mochte. Sie war nirgendwo in Berlin gemeldet. In keinem einzigen Telefonbuch hatte sie gestanden, weder in dem für Berlin noch in dem für Hamburg, weshalb sie in der Universität danach hatten fragen müssen. Nur dank ihrer Überredungskünste war es ihnen gelungen, an die Hamburger Anschrift der Ägyptologin zu kommen. Wie sie hatten feststellen müssen, entpuppte sich diese als Fehlanzeige.
Es würde ihnen nichts anderes übrig bleiben als abzuwarten bis Isis Just samt Freundin und Tagebucheinträgen nach Hause zurückkehrte. Bis dahin musste allerdings ein guter Plan her. Noch so eine Pleite konnten sie sich nicht leisten.
"Die hat uns sauber reingelegt, Tom", sagte der Fahrer und starrte auf das rote Licht der Ampel.
"Ich habe Dirk gewarnt, dass Isis Just mit allen Wassern gewaschen ist. Wie auch immer die den Sender gefunden haben mag. Lars hatte sich ein gutes Versteck ausgesucht. Kaum zu glauben, wie kaltblütig sie ist. Anstatt das Teil sofort zu vernichten, wie jeder normale Mensch es tun würde, legt sie es in die nächstbeste S-Bahn. Wir ahnen nichts Böses und tappen blindlings in die Falle. Merken erst, was los ist, als die S-Bahn zurück Richtung Innenstadt fährt. So schlau muss man erst einmal sein."
Obschon sich Tom über Isis ärgerte, konnte er einen gewissen Grad der Bewunderung wegen ihres Einfalls, den Sender auf Reisen zu schicken, nicht verhehlen. Das hieß allerdings, sie würden kein allzu leichtes Spiel haben. Mit ihrer Freundin, dieser Wissenschaftsjournalistin wären sie noch fertig geworden. Die war naiv, ängstlich und leicht berechenbar, was ihnen in die Hände spielte. Das hatte das Anbringen des Senders in ihrem Rucksack bewiesen. Die Archäologin hingegen war mit allen Wassern gewaschen. Bei ihr mussten sie aufpassen.
"Selbst wenn wir ihr morgen die Tagebuchseiten abnehmen würden, wird sie die Sache sicherlich nicht vergessen und sich wieder um ihren Job an der Uni kümmern. Mit ziemlicher Sicherheit wird sie bereits die Eintragungen studiert haben", fuhr Tom fort. "Fragt sich bloß, ob sie mittels ihrer Seiten dahinter gekommen ist, was der gute alte Heinrich gefunden hat. Was denkst du, Roland? Das konnte für sie ein Anreiz sein, danach zu suchen."
Der Angesprochene dachte kurz über seine Antwort nach.
"Ich glaube nicht, dass sie etwas weiß. Diese Seiten haben wir, wo steht, worum es sich handelt. Interessanter wäre jedenfalls zu wissen, ob in ihren Seiten der Aufenthaltsort des Schatzes vermerkt ist. Das ist schließlich alles, was wir wollen: Die Stelle zum Ziel unserer Träume."
"Falls wir Pech haben, war unsere Anstrengung umsonst und sie hat nur die Eintragungen über den Beginn des Russlandfeldzugs erwischt. Dann müssen wir weitersuchen."
"Wir nicht, dafür ist Dirk zuständig, schließlich sitzt er an der Quelle."
"Das mag sein, aber vergiss nicht, wie lange er das letzte Mal gebraucht hat, um einen Band zu finden, dessen Einband einige Tagebuchseiten enthalten könnte."
"Wenn diese verdammte Journalistin nicht herumgeschnüffelt hätte." Wütend hieb Roland aufs Lenkrad ein, dass der Wagen einen Schlenker auf die Gegenfahrbahn machte.
"Pass doch auf!", gab Tom von sich, viel zu schockiert, als das er zornig klingen konnte. Er klammerte sich mit der Hand am Gurt fest, der durch den abrupten Ruck in seinen Schutzmechanismus eingerastet war und keinen Zentimeter nachgab. Sein Herz pochte heftig und als er den Gurt losließ, zitterte seine Hand merklich.
"Jetzt mach dir nicht ins Hemd", spottete Roland, dem die Reaktion seines Begleiters nicht entgangen war. "Die Straße ist frei."
Tom schluckte eine Bemerkung herunter, die ihm auf der Zunge gelegen hatte. Wie schnell man die Gewalt übers Auto verlieren konnte, wusste er nur zu gut. Die Schmerzen in seinem Knie erinnerten ihn beinahe täglich daran.
"Wir beobachten weiterhin das Haus. Irgendwann werden die zwei hierhin zurückkehren."
"Und falls nicht?", merkte Tom zweifelnd an. "Genauso gut kann die Ägyptologin sich weiterhin irgendwo in Berlin verschanzt halten und die Journalistin taucht unter. Wissen wir, ob sie irgendwo in Heidelberg gemeldet ist?"
"Nein, aber daran wird gearbeitet. Das mit den Bankverbindungen dauert eben etwas länger."
"Also beschatten wir weiterhin das Haus, auch wenn ich beim besten Willen nicht weiß, was es bringen soll. Ins Haus kommen wir nicht, weil es abgesichert ist wie Fort Knox und selbst ein Taschendiebstahl bringt uns nicht weiter. Wer weiß, wo die Unterlagen inzwischen verwahrt werden. Vielleicht hat die Ägyptologin bereits Kopien gemacht. Dann könnte sie die Tagebucheinträge weiter studieren, auch wenn wir die Originale an uns bringen konnten."
"Gut, dass du darauf gekommen bist. Das Problem sollten wir beim nächsten Treffen anbringen", bemerkte Roland. "Wir werden an die Seiten kommen, verlass dich drauf."
"Wenn es nicht bereits zu spät ist."
Seufzend sah Tom aus dem Fenster und sah erleuchtete Fassaden an sich vorbeiziehen.
Mit Isis Just hatten sie eine Gegenspielerin, die mit allen Wassern gewaschen war. Um sie zu überlisten, würden sie sich etwas Gutes einfallen lassen müssen.