Читать книгу Der Magier und die Halsbandaffäre - Helmut Höfling - Страница 5
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ОглавлениеUnheil lag in der Luft. Nach einem Streit mit Nicastro hatte der Galgenvogel seinen bisherigen Kumpan Balsamo als Wechselfälscher bei der Behörde verpfiffen und sich erboten, ihn mitsamt dem Beweismaterial abzuliefern, was ihm jedoch nicht glückte, weil der Beschuldigte noch rechtzeitig Wind davon bekam und sich aus dem Staub machte.
In einer Kutsche fuhr das Ehepaar Balsamo zusammen mit Agliata und dessen jungem Sekretär von Rom über Loreto nach Venetien, wo sie überall falsche Wechsel an den Mann brachten, sich mit selbstverfassten Empfehlungsschreiben Geld erschlichen und mit anderen Gaunereien über Wasser hielten. Auf der ganzen Reise hielt Agliata die Eheleute aus, großzügig, wenn auch nicht uneigennützig, denn Lorenza versüßte ihm als sein Bettschatz die langen Nächte, sehr zur Zufriedenheit ihres Mannes, der sich dafür den jungen Sekretär als Herzbuben nahm.
So gelangten sie schließlich nach Bergamo, wo das sündige Quartett für einige Tage in einem Gasthof abstieg. Ihre fragwürdigen Geschäfte erregten jedoch bald die Aufmerksamkeit der Behörden. Während es Agliata und seinem Sekretär gelang, wenige Stunden vor dem Zugriff Fersengeld zu geben, wurde das Ehepaar festgenommen. In einem unbewachten Augenblick schob Giuseppe Balsamo seiner Frau heimlich ein Päckchen mit gefälschten Wechseln zu und beschwor sie, es hinunterzuschlucken, aber erst dann, wenn keiner es merke. Geschwind steckte sie die Papiere in den Busen, bis sich eine günstige Gelegenheit ergab, sie in Fetzen zu reißen, was ihr appetitlicher schien, als sie hinunterzuwürgen.
Das Verhör brachte zwar nicht die erhofften Beweise, aber die Verdachtsgründe genügten, die Eheleute aus Bergamo auszuweisen. Da Agliata auf der Flucht alles mitgenommen hatte, was von Wert war, ging es ihnen äußerst schlecht. Gern wären sie wieder nach Rom zurückgekehrt, allein er befürchtete, über seine Vergangenheit dort sei noch nicht genügend Gras gewachsen. Deshalb entschlossen sie sich, zu Fuß eine Wallfahrt nach Santiago de Compostela im spanischen Galicien zu unternehmen, in der Hoffnung, unterwegs als Büßer Mitleid zu erregen und von Almosen besser leben zu können. Als Pilger verkleidet, machten sie sich also auf den weiten Weg und erzählten jedem, wegen einer heimlichen Ehe sei ihnen diese Buße auferlegt worden. Doch die milden Gaben der frommen Spender brachten ihnen nur magere Kost ein, zu wenig zum Leben und zu viel zum Sterben, weshalb Balsamo abermals seine Frau zwang, mit ihren weiblichen Reizen für volle Fleischtöpfe zu sorgen. Als sie sich sträubte wegen ihrer Tugend, fuhr er sie an, ob Gott ihr vielleicht bei all ihrer Tugend in dem Elend beistehe, das sie beide bedrücke.
Wie sehr seine Worte auf fruchtbaren Boden gefallen waren, davon konnten sich die Offiziere der Garnison von Antibes an der französischen Riviera überzeugen, wo das Paar auf seiner Pilgerfahrt die Küste entlang über Genua eintraf. Lorenza verstand es, die Sinnenlust der Herren so zu kitzeln, dass die Genießer ihr gern die Liebesdienste versilberten.
Mit treffsicherem Blick erkannte auch ein Frauenkenner wie Casanova, was für ein begehrenswertes Geschöpf sich unter der Pilgerkutte verbarg, als er dem jungen Ehepaar in Aix-en-Provence begegnete. Der Zufall hatte es so gefügt, dass sie im gleichen Gasthof abgestiegen waren. Es müssten Leute von vornehmer Geburt sein, da sie bei ihrer Ankunft in der Stadt reiche Almosen ausgeteilt hätten, flüsterte ihm der Wirt zu, als sich Casanova nach ihnen erkundigte. Die Pilgerin solle entzückend sein, fügte er mit einem vertraulichen Blinzeln hinzu, blutjung noch, was auch Casanova schon bemerkt hatte, als sie zur Tür hereinkam. Wo sie jetzt sei, ob sie vielleicht den vielen Männern hier aus dem Wege gehen wolle, fragte er weiter, worauf der Wirt erklärte, sie sei sehr müde und habe sich deshalb gleich zur Ruhe begeben.
Casanova verbrachte eine unruhige Nacht. Wilde Träume gaukelten ihm immer wieder neue Bilder vor, eins kühner und ausschweifender als das andere, aber bei allen Umarmungen war das Objekt seiner Begierde stets gleich: die fremde Pilgerin, die zurzeit unter einem Dach mit ihm schlief, wenn auch leider im Bett eines anderen. Er war froh, als es Tag wurde und er endlich um die Ehre nachsuchen konnte, empfangen zu werden.
Begleitet von seinem Diener, der neben der Tür stehenblieb, trat er ins Zimmer, wo ihn die Pilgerin, in einem Lehnstuhl sitzend, erwartete. Obwohl ihr die Erschöpfung anzusehen war, fesselte sie den Besucher durch ihre strahlende Jugendlichkeit und Schönheit, die durch einen Anflug von Schwermut und ein Kruzifix in den Händen, aus gelbem Metall und an die sechs Zoll lang, einen seltsamen Reiz erhielt. Der etwas dickliche Pilger, ihr Mann, der gerade Muschelwerk auf seinem Wachstuchmantel ordnete, rührte sich nicht, er schien, mit einem Blick auf seine Frau, sagen zu wollen, der Besucher möge sich nur mit ihr beschäftigen.
Man kam ins Plaudern, bald über dieses, bald über jenes, und nachdem die üblichen Artigkeiten ausgetauscht waren, eröffnete Lorenza ihm den Zweck ihrer Reise. Warum sie nicht mit dem Wagen führen, wenn der lange Weg sie so sehr anstrenge, wandte Casanova ein, wenigstens hin und wieder ein Stück. Leisten könnten sie es sich doch bei den vielen milden Gaben, die sie hier so reichlich verteilt hätten.
Sie schüttelte den Kopf, die Bescheidenheit in Person. Sie gingen zu Fuß, erzählte sie, und lebten nur von Almosen, um so eher die Gnade Gottes zu erlangen, den sie in ihrem Leben so oft schon beleidigt habe. Vergebens bäte sie, ihr nur einen Sou aus Barmherzigkeit zu schenken, doch umsonst, denn immer gebe man ihr Silber, oft sogar Goldstücke, so dass sie und ihr Mann bei der Ankunft in jeder neuen Stadt alles übrige den Armen schenken müssten, um nicht die Sünde zu begehen, es an Vertrauen zur ewigen Vorsehung fehlen zu lassen.
Sie sagte das in aller Demut und mit einem so treuherzigen Augenaufschlag unter ihren langen Wimpern, dass selbst Casanova darauf hereinfiel. Was für ein liebliches Geschöpft, schwärmte er, obwohl er auch jetzt bei Tage nicht mehr von ihr zu sehen bekam, als am Abend zuvor, wie schüchtern und zurückhaltend, eine Seltenheit bei einer so jungen und reizvollen Frau. Nicht im Geringsten trägt sie ein leichtfertiges Wesen zur Schau, so gesittet wie sie sich benimmt. Als er sie aufforderte, ihren Namen auf ein Lotterielos zu setzen, es könne so vielleicht eher die Glücksgöttin zu einem Gewinn bewegen, der dann den Armen zugute käme, erwiderte sie errötend, es tue ihr leid, aber in Rom lehre man die Mädchen nicht schreiben, damit sie nicht Zucht und Ehrbarkeit vergessen mögen.
Alle lachten über die Antwort, besonders laut der Wirt, der sich, vor Neugier platzend, wie weit es der Frauenheld bei ihr wohl bringen werde, in die halboffene Tür gedrängt hatte. Nur Casanova selbst blieb ernst, da er nun sicher zu sein glaubte, dass sie den untersten Volksklassen angehörte.
Mit aufgefüllter Reisekasse setzten die Eheleute ihren Bußgang nach Spanien fort und kamen endlich nach Barcelona, wo sie sich sechs Monate aufhielten. Da sie aber bald mehr Löcher als Münzen in den Taschen hatten und nicht mehr wussten, wie sie den Gastwirt bezahlen sollten, riet Balsamo seiner Frau, in die nahe Klosterkirche zu gehen und zu beichten, natürlich nicht alles, sondern nur was ihr gerade so einfalle, aber nichts, was den Beichtvater erschrecken könne. Sie solle damit nur Kontakt aufnehmen und ihm erzählen, dass sie beide aus vornehmen Kreisen stammten, römischer Adel, das käme immer an. Sie hätten heimlich geheiratet und seien jetzt in arge Verlegenheit geraten, weil die erwarteten Geldmittel ausgeblieben seien. Als guter Christ werde er ihnen bestimmt helfen.
Der Pfarrer, den das arme, geknickte Geschöpf dauerte, drückte Lorenza ein Scherflein in die Hand, bescheiden zwar, aber doch ausreichend genug, um nicht als unchristlich dazustehen, und schickte ihnen am nächsten Morgen noch einen Schinken als Samaritergabe ins Gasthaus. Als die Eheleute ihn daraufhin aufsuchten, um sich zu bedanken, begrüßte ihr Wohltäter sie als Exzellenzen. Allein aus Ton und Miene war deutlich zu erkennen, dass er es nicht ernst meinte, was Balsamo in einem Anfall ungewohnter Selbstbezichtigung dazu bewog, seine Frau zu entlasten und die wohl verzeihliche Mogelei auf die eigene Kappe zu nehmen.
Während des Gesprächs wurde es ihnen immer mulmiger zumute, bis sie bemerkten, mit welcher Aufmerksamkeit der Pfarrer sie beobachtete und wie sein Misstrauen dabei sichtlich wuchs. Endlich rückte er mit der Sprache heraus und verlangte ihren Trauschein zu sehen. Den hätten sie leider zu Hause gelassen, in Rom, wand sich der junge Ehemann heraus. Wie hätten sie auch ahnen können, dass man auf einer Pilgerfahrt einen Trauschein bei sich haben müsse!
Um etwaigen Schwierigkeiten vorzubeugen, hielt Balsamo es für ratsam, sich einem einflussreichen Herrn aus höheren Kreisen anzuvertrauen, in der Erwartung, er werde seine schützende Hand über sie halten. Sein Einsatz sollte dabei einmal mehr seine Frau ein, die, wenn sie es nur nach bewährter Art anstellte, auch die Begehrlichkeit dieses vornehmen Mannes erregen würde.
Er hatte sich nicht verrechnet. Denn als das Paar dem auserkorenen Schirmherrn seine Aufwartung machte und die missliche Lage schilderte, hatte dieser nur Auge und Ohr für das junge Mädchen, das ihn mit feurigen Blicken und dem aufreizend geschnürten Busen beunruhigte. Die Geschichte, die der Bittsteller da auftischte, wollte ihm der Herr aber nicht abnehmen und lieber die junge Frau darüber befragen, aber allein, ohne dass sie von ihrem Mann beeinflusst werden könne. Er solle deshalb so lange im Vorzimmer warten. Balsamo verneigte sich höflich und ging hinaus, zufrieden, dass seine Taktik aufzugehen schien.
Der vornehme Herr hatte es plötzlich eilig und setzte sich ganz ungeniert, als sei er schon seit langem mit ihr vertraut, zu Lorenza aufs Sofa. Wenn man sie so ansehe, meinte er, falle es ihm schwer zu glauben, dass sie, so jung noch, schon verheiratet sei, worauf sie süß lächelnd versicherte, sie hätten sich in ihrer Pfarrkirche in Rom das Jawort gegeben, Giuseppe sei tatsächlich ihr Ehemann und, wie sie mit schelmischem Augenaufschlag hinzufügte, die Flitterwochen lägen längst hinter ihnen.
Sie plapperte noch ein paar Belanglosigkeiten daher, für die der Hausherr jedoch kein Ohr mehr hatte. Desto mehr begann er sie mit Wolfsaugen zu verschlingen, ergriff zunächst nur ihre Hand, rückte ihr dann aber plötzlich auf den Leib, umschlang sie mit starken Armen und versuchte sie, erhitzt wie er war, auf den Mund, Hals und Busen zu küssen, wo immer er gerade eine freie Stelle fand, was ihn viel Mühe kostete, denn sie weigerte sich hartnäckig, ihm zu Willen zu sein.
Irgendetwas wie „Komm doch!“ keuchte er und bog sie mit seinem ganzen Gewicht aufs Sofa hinab, eine Frau wie sie sei viel zu schade für einen Mann allein. Ihr Giuseppe sehe nicht gerade so aus, als sei er ein Gott in der Liebe. Sie habe mehr verdient, er schenke ihr den Himmel auf Erden. So versuchte er sie mit verführerischen Worten zu betören und bestürmte sie dabei weiterhin, wie er es bei anderen Gelegenheiten schon erfolgreich erprobt hatte. Doch gerade als er ihr mit der Hand unter die Röcke griff, gelang es ihr, ihn von sich zu stoßen. Er gehe zu weit, rief sie, und was ihr Mann von ihr denken solle, ein Einwand, den er mit dem Argument wegzuwischen versuchte, er werde es nie erfahren, wenn sie es ihm nicht sage. Ihr erbitterter Widerstand hatte seine Glut zunächst noch stärker entfacht, doch jetzt war sie merklich abgekühlt, er hatte sich stets für unwiderstehlich gehalten und fühlte sich in seiner Eitelkeit verletzt. Enttäuscht ließ er, halb abgerutscht vom Sofa, von ihr ab und beendete das missglückte Rendezvous mit dem Ultimatum, er gebe ihr Bedenkzeit, zwei volle Tage, keine Stunde länger. Ob sie tatsächlich verheiratet sei, wie sie behaupte, werde sich herausstellen, wenn er von Rom einen authentischen Beglaubigungsschein erhalte. Noch heute werde er dorthin schreiben. Bis dahin stehe sie unter seinem Schutz, vorausgesetzt, sie wisse die Bedenkzeit richtig zu nutzen. Ihre Gefälligkeit könnte ihm schon einen Quadrupel wert sein, fügte er gönnerhaft hinzu.
Unter dem Eindruck dieser unverhüllten Drohung erzählte Lorenza auf dem Heimweg ihrem Ehemann den gescheiterten Annäherungsversuch des vornehmen Herrn und handelte sich dafür die heftigsten Vorwürfe ein. Was schon dabei sie, ob sie denn ihn und sich ins Unglück stürzen wolle. Sie seien in Not, also solle sie sich nicht so zieren, er zahle doch dafür.
Ihre schamhaften Einwände fanden bei ihm keine Gnade, und noch ehe die Frist verstrichen war, führte er Lorenza dem vornehmen Herrn wieder zu, der das begehrenswerte junge Mädchen sogleich mit der Frage empfing, ob sie inzwischen über sein Angebot nachgedacht habe und wie ihre Antwort laute, ja oder nein, worauf Balsamo an ihrer Statt dem Gelüst des Liebhabers mit einem lauten „Ja, Señor“ entgegenkam, sich verneigte und demütig abtrat. Der Kavalier genoss und zahlte das versprochene Goldstück, nicht nur für dieses erste Mal, sondern auch bei jedem weiteren Besuch, zu dem Balsamo ihm in den folgenden Wochen seine Frau zuführte.
Endlich traf die angeforderte Beglaubigung des Trauscheins aus Rom ein, und da jetzt alles seine rechtmäßige Ordnung hatte und der Liebhaber nicht länger Lorenza gegen Zahlung eines einzigen Quadrupels erpressen konnte, fand Balsamo es dennoch an der Zeit, Barcelona zu verlassen. Er hatte sich inzwischen mit einem betuchten Reisenden angefreundet, der sich auch Hals über Kopf in Lorenza verliebte und ihr eifrig den Hof machte. Um Rat gefragt, wie sie sich dem neuen Kavalier gegenüber am besten verhalte, meinte Balsamo, sie solle ihm schmeicheln, aber nicht die letzte Gunst erweisen, sondern ihn noch eine Weile zappeln lassen. Habe er nämlich erst mal sein Ziel erreicht, dann sei er nicht mehr so freigebig mit seinen Goldstücken, das kenne man ja. Wie er erfahren habe, wolle der Herr bald nach Madrid reisen, eine günstige Gelegenheit für sie beide, sich ihm anzuschließen, auf seine Kosten, wie sich verstehe. Er werde schon mit ihm klarkommen, sie solle nur weiter das Feuer in dem verliebten Gockel schüren.
Glücklich erreichte Balsamo sein Ziel. Alle drei kamen nach Madrid und stiegen zusammen in einem Gasthof ab. Der Reisende bezog ein Einzelzimmer, während das Ehepaar nebenan in einem Doppelzimmer schlief. Für alle Kosten unterwegs wie in Madrid war bisher allein der gut betuchte Freund aufgekommen, dessen Zuneigung aber zusehends dahinschmolz, je länger er sich an der Nase herumgeführt fühlte. Erst als er damit drohte, getrennte Wege zu gehen, hielt Balsamo die Zeit für gekommen, seiner Frau zu raten, ihre Zurückhaltung aufzugeben, sonst springe er noch ab, ehe sie bei ihm kassiert hätten. Sie solle ihm geben, was er von ihr wolle, noch sei er heiß und zahlungswillig.
Von nun an weckte er sie jeden Morgen bei anbrechender Dämmerung und erinnerte sie daran, dass es Zeit sei, das Bett im Nachbarzimmer aufzusuchen und die Wünsche des Freundes zu befriedigen, was dieser dann auch mit Freuden zu schätzen wusste. Weniger dagegen schätzte er die Raffgier des Ehemanns, der bald mehr Geld, bald noch Kleider dazu haben wollte, und da jede Lust zur Last wird, wenn sie einen zu teuer zu stehen kommt, flog der Reisende aus dem Liebesnest auf und davon.
Weil nun die Quelle versiegt war und Balsamo anderswo auf eine neue Goldader zu stoßen hoffte, machte er sich mit Lorenza auf den Weg nach Lissabon, wo er sich gleich nach der Ankunft nach Männern erkundigte, die gut bei Kasse und leicht für galante Abenteuer zu ködern waren. Es wurde ihm dabei ein Kaufmann genannt, ein reicher Schwerenöter, der seinen Vorstellungen entsprach. Sogleich schickte er Lorenza los, dem Opfer vor dem Handelshaus aufzulauern und um ein Almosen zu bitten, das sie auch erhielt, doch zugleich verbunden mit einem eindeutigen Antrag, zu dessen Ausführung man sich auf dem Land in einem der Gärten des Schürzenjägers treffen wollte.
Drei Monate lang kam es dort immer wieder zu Begegnungen der lustvollen Art, und jedes Mal bezog Lorenza für ihre guten Dienste eine Vergütung von acht Piastern. Doch nichts ist so fein gesponnen, dass es nicht kommt ans Licht der Sonnen. So verschwiegen der Tatort auch war, die Familie des Lüstlings roch schließlich doch den Braten und entrüstete sich über die Fehltritte eines ehrbaren Kaufmanns. Um einem drohenden Streit auszuweichen, entschloss sich Balsamo, Lissabon zu verlassen und sich nach England einzuschiffen, wo er sich in London neue Jagdgründe zu erschließen hoffte. Diese Erwartung kam nicht von ungefähr, denn in Lissabon hatte er eine junge, sich herumtreibende Engländerin kennengelernt, deren Abenteuerlust er zu stillen verstand. Von ihr musste sich Lorenza noch die nötigsten englischen Sprachbrocken eintrichtern lassen, damit das junge Paar in dem neuen, fremden Land besser zurechtkommen würde.