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1. Konfidententätigkeit in den Jahren 1868/69

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Zu dieser Zeit gab es auch eine rege Konfidententätigkeit, insbesondere in den Jahren 1868/69. Die Polizeibehörde sammelte zielstrebig Material, damit ein erneuter Antrag um Genehmigung einer Freimaurerloge in Österreich entsprechend abgelehnt werden könne. Die Bespitzelung übernahm das Landesverteidigungsministerium unter Graf Eduard Taaffe, dessen Konfidenten zahlreiche Berichte zusammentrugen. In diesem umfangreichen Material der Polizeiakten finden sich wichtige Hinweise über die österreichische Freimaurerei, darüber hinaus aber auch viele Materialien über die Geheimbünde im Ausland. Unter diesen befindet sich auch ein Polizeibericht von 1868 über die Loge „Zum heiligen Joseph“, betreffend die Wiedererrichtung 1848 und die fünf Mitglieder, die noch lebten. In einer weiteren vertraulichen Mitteilung vom April 1869 sind die Namen sämtlicher Mitglieder der Loge von 1848 angeführt.153 Im Niederösterreichischen Landesarchiv finden sich weitere Akten. Dort gibt es eine Vielzahl von Vorakten zur Loge „Zum heiligen Joseph“, darunter auch die Statuten der Loge.154

Da Dr. Lewis nach Budapest übersiedelte, musste die Polizei ihn kontaktieren, um weitere Informationen über die Freimaurerei zu erhalten. Ein Konfident der Wiener Polizeidirektion erhielt den Auftrag, eine Verbindung mit Lewis herzustellen. Lewis war bereit, diesen Konfidenten in seine Absichten und Ziele einzuweihen. Der Wiener Polizeidirektor Hofrat von Strobach legte am 3. Oktober 1868 dem Ministerium für Landesverteidigung und öffentliche Sicherheit zwei Berichte über die Freimaurerei vor, nämlich das Aufnahmezeremoniell in den Freimaurerorden und Informationen des Vertrauensmannes der Polizei, die dieser auf einer Reise nach Leipzig von Lewis erhalten hatte.155 Die Berichte des Konfidenten enthielten neben einigen Tatsachen bewusst falsche Informationen, um ein Eingreifen der Polizei besser begründen zu können und das Interesse der Auftraggeber zu steigern. In einem der Berichte stellte der Konfident fest, dass er von Lewis den Zweck der Freimaurerei erfahren habe. Das Ziel der Freimaurerei sei ein politisches und gleiche in vielem dem Jesuitenorden, „obschon sie beide einander feindlich seien. Humanität, Bruderliebe, Kosmopolitismus seien nur das Aushängeschild, da aber diese Ideen ohne völlige Gleichheit aller Menschen nicht realisiert werden können, so müsse die Freimaurerei notwendig auf den Sturz der Throne, auf eine demokratische Republik hinarbeiten. Man suche Protektion, in dem man z.B. Könige zu Mitgliedern mache, doch diesen sei das Nähere der Freimaurerei nicht bekannt.“156 Der Konfident spitzte hier seine Kritik an der Freimaurerei zu, in dem er ganz im Sinne der Polizei eine Verschwörungstheorie konstruierte. Laut Mitteilung des Konfidenten habe ihn Lewis zum Hauptagenten für Wien vorgeschlagen. Zweck der Reise nach Leipzig war die Frage, „von welcher Großloge die zu gründenden österreichischen Logen ihre Konstitution nehmen sollten“?157 Der Konfident konnte auch die Namen einiger Wiener Freimaurer herausfinden und die Namen an die Polizei weiterleiten. Nach Leipzig erhielt der Hauptagent von Lewis ein vollständiges Verzeichnis der Wiener Freimaurer und traf mit ihm folgende Vereinbarung:

„1. dass er in Vollmacht des Dr. Lewis bei der Regierung die nötigen Schritte zur Errichtung einer Loge tun werde,

2. dass keine neue Loge begründet, sondern die im Jahre 1849 sistierte L. „Zum hl. Josef “ reaktiviert werde;

3. dass Anzeige bei der Regierung zu machen sei sobald eine entsprechende Anzahl Freimaurer in Wien ihren Beitritt erklärt haben werden;

4. dass die L. „Zum hl. Josef “ sich als österreichische Großloge erklärt.“158

Der erwähnte Konfident war bei seinen Nachforschungen sehr erfolgreich und konnte sehr viel Material zusammentragen. Ziel war, die Gründung einer Loge in Österreich zu verhindern und alle österreichischen Freimaurer unter Polizeiaufsicht zu stellen. Im Jahre 1904 wurde in der freimaurerischen Agenda der Schriftsteller und Journalist Ernst Viktor Zenker wieder aktiv, sodass erneut ein für die Freimaurerei akzeptabler Statutenentwurf für eine Loge bei den Behörden eingereicht wurde. Diese Initiative erfuhr eine Ablehnung, sodass Zenker einen Rekurs beim Reichsgericht einreichte, der aber erfolglos blieb. „Diese Misserfolge waren nicht nur auf die exklusiven freimaurerischen Vorstellungen zurückzuführen, sondern sind auch Ausdruck des starken Widerstands, den Hofkreise, weite Teile des Staatsapparates und konservativ-klerikale Politiker der Freimaurerei entgegensetzten.“159

Verbot, Verfolgung und Neubeginn

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