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Kapitel 3
ОглавлениеDie beiden Frauen verband eine innige Liebe zueinander und sooft es möglich war begleitete Helen ihre Schwiegermutter bei den Washington- Fahrten zum Grab ihrer Liebsten. Die Zeremonie war immer dieselbe. Zuerst verweilten sie gemeinsam in Gedanken an Ted`s Grab. Susan ging dann alleine weiter in Richtung der kleinen Eichengruppe durch das graue Spalier der exakt angeordneten Grabsteine. Alle hatten dieselbe Farbe, dieselbe Größe, nur der eingravierte Name unterschied sie.
Selbst hier in Arlington herrschte noch militärische Ordnung.
Helen ging den Weg zum Osteingang zurück, denn sie wollte Susan vor Arthurs Grab alleine lassen mit ihren eigenen Gedanken, Gefühlen und Erinnerungen.
Niemand außer Susan kannte Arthur und wenn sie aus ihrem Leben erzählte, beschränkte sie sich meist auf die Zeit vor Bobbys Geburt bis zum Jahre 1939 - der Hochzeit mit Arthur. Sie war erst neunzehn und er vier Jahre älter, doch ihre kurze Ehe muss geprägt gewesen sein von Harmonie und unbändiger Liebe zueinander.
Die hart klingenden Töne der Glocke zu jeder vollen Stunde unterbrachen den monotonen Verkehrslärm der Arlington Ridge. Zwei Mal täglich wurden die patriotischen Klänge abgespielt, die beide abgrundtief hassten.
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Im fernen Europa entfachte Hitler einen Flächen Brand. Roosevelt ließ zwei Millionen Soldaten einberufen, sollte die USA mit in den Krieg hineingezogen werden. Arthur war einer von ihnen. Unter der Woche verbrachte er seinen Dienst auf dem Kasernengelände nahe Baltimore , doch die freien Wochenenden genossen sie unbeschwert, meist Zuhause in Slaughter Beach wo sie sich mit ihren Eltern das Ockerfarbene Haus direkt am Atlantikstrand teilten.
Mit dem Bus fuhren sie nach Milton in das neu entstandene Fun Center zum Tanzen oder ins Kino. Zwei Mal sahen sie das neue Kinodrama - VOM WINDE VERWEHT - und Arthur musste für Susan immer viele Taschentücher mitnehmen.
Er machte eine kleine Militärische Karriere und brachte es immerhin zum LCPL und Susan war stolz auf ihn in seiner gut sitzenden Uniform.
Alle waren überzeugt davon, dass der Krieg in Europa nicht lange andauern wird, denn die Allianz der Gegner dieses verrückten Hitler war groß und insbesondere Churchill würde für ein rasches Ende sorgen. Vorsichtshalber bereitete man sich jedoch durch große Manöver in Louisiana und North Carolina auf den Ernstfall vor.
Beide mochten nicht daran denken, dass ihr Glück durch Kriegsereignisse ein Ende finden könnte und sie planten eine Zukunft in Frieden und Harmonie. Bis im Februar 1944 Arthur zum gemeinsamen Wochenende nach Hause kam und Susan sofort eine Veränderung in ihm bemerkte.
Auf ihr Drängen hin, erzählte er ihr, dass seine Einheit in Kürze nach Europa versetzt werden sollte, doch sein Einsatz wird in einem bereits befriedeten Gebiet sein.
Log er ihr beschwichtigend vor.
Die letzten Wochen vor seiner Abreise genossen sie besonders intensiv als wäre es eine Vorahnung.
Sie umarmten sich das letzte Mal am Kriegshafen in Norfolk.
Arthur sah seinen Sohn nie.
Susan brachte Ted im November fünf Monate nach dem Tod seines Vaters unter Tränen zur Welt.
Wenn Bobby Zuhause war, begleitete er seine Mutter zu dem Grabbesuch nach Washington. Er legte immer seinen Arm um sie und knieten zuerst vor Teds Grabstein und tauschten die verwelkten Blumen vom letzten Besuch gegen ein frisches Gebinde aus.
Susan hasste die Plastikblumen, die im Frühjahr wie im Winter gleich aussahen und auf den traurigen Hills von Arlington kitschig farbige Akzente setzten. Ein Friedhof ist ihrer Meinung nach ein Ort wo der Kreislauf des Lebens endet und hier sollen auch die Blumen verwelken.
Manchmal fand sie einen Strauß rosa Nelken an beiden Gräbern. Sie wusste wer sie dort abgelegt hat. Nur Charles kannte deren traurigen Zusammenhang - und Nelken waren seine Lieblingsblumen.
Während sie alleine weiter zu der Eichengruppe ging, blieb Bobby zurück am Grab seines Halbbruders.
Ein tief hängender großer Zweig versperrt diskret die Sicht auf den Grabstein von Lcpl. Arthur Davies. Unter seinem Geburtstag den 2.2. 1921 stand sein Todestag der 6.6.1944.
Der Tag der als D-Day in die traurige Weltgeschichte einging.
Arthur war einer der ersten von tausenden Marines, deren Blut den Strand von „Omaha Beach“ rot färbte.
Noch bevor er in das knietiefe Wasser sprang, fiel er getroffen von einer deutschen MG -Salve auf die herunter
gelassene Landungsbrücke. Sein toter Körper hinderten die Nachfolgenden am schnellen Ausstieg, wobei weitere Marines noch im Boot starben.
Susan würde den Grabstein blind finden, denn seit nunmehr fast vierzig Jahren geht sie den Weg der ihr nie zur Gewohnheit wurde.
Jeder Besuch war geprägt von Erinnerungen an schöne Tage mit ihrem Jeff und Arthur. Oftmals überwältigten sie Emotionen, wenn sie über Arthurs Grab auf Teds Grabstein zurückblickte. Hier liegen geliebte Menschen – nicht weit voneinander entfernt, Vater und Sohn die sich nie kennenlernten. Beide hat sie das gleiche Schicksal ereilt und beide hatten in ihrem Leben und im Tod Gemeinsames - Susans grenzenlose Liebe.
Oftmals sah sie trauernden Gruppen nach - voran Uniformierte mit steifen Schritten, die einen gefallenen Kameraden zur letzten Ruhestätte trugen.
Susan betete nicht mehr.
Den Glauben an Gott hat sie zusammen mit Ted verloren.