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»Der Westen gewinnt. Wir gewinnen gemeinsam«

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Die Antwort von US-Außenminister Mike Pompeo lässt nicht lange auf sich warten. Seine Rede ist eine Mischung aus bemühter Nachsicht und strengem Tadel. Er komme immer gern nach Deutschland und sei auch schon früher als CIA-Direktor zur Konferenz nach München gekommen, bemerkte der Mann aus Washington jovial. Erst vor ein paar Monaten habe er in Berlin den dreißigsten Jahrestag des Mauerfalls gefeiert. Er erinnere sich noch gut an den eigenen persönlichen Beitrag in den achtziger Jahren an der Front. Damals sei er als junger Offizier an der innerdeutschen Grenze Patrouille gefahren, um die Freiheit zu verteidigen. Die Freiheit, die mit dem Mauerfall ja auch gesiegt habe.

Dann änderte sich die Tonlage, der US-Politiker ist sichtlich angefasst. Ohne den Bundespräsidenten direkt anzusprechen, attestiert Mike Pompeo dem deutschen Staatsoberhaupt Realitätsverlust: »Ich bin heute hierhergekommen, um Ihnen die Fakten klarzumachen. Ihre Feststellungen haben nichts mit der Wirklichkeit zu tun.« Berichte über den Tod des atlantischen Bündnisses seien schlicht falsch. »The West is winning. We are collectively winning.« Der Westen gewinnt, und wir werden gemeinsam gewinnen. Freie Nationen, so das Resümee, »sind einfach erfolgreicher als jedes andere Modell«.

Pompeo belegt seine These mit rhetorischen Fragen: Warum wollen die Menschen wohl an Bostons Elite-Universität Cambridge »und nicht in Caracas« studieren? Warum haben sich denn alle Start-ups »im Silicon-Valley und nicht in St. Petersburg« niedergelassen? Und selbst im Fernen Osten befinde sich der einstige Kriegsgegner Vietnam nach Pompeos Einschätzung jetzt auf dem richtigen Weg in Richtung Westen. Nach einem jahrzehntelangen Krieg mit Millionen von toten Vietnamesen deutet der Mann aus Washington die US-Niederlage von 1975 um in einen späten Sieg westlicher Werte.

»Respekt für die Souveränität anderer Nationen« sei für die USA »die Grundlage und das Geheimnis« für den weltweiten Erfolg, gibt Pompeo in München zu Protokoll. Für den US-Außenminister lauern die Gefahren woanders. In Russland, China oder dem Iran. Die USA würden sich nicht in die Angelegenheiten anderer Nationen einmischen. Vorausgesetzt, dass »diese Länder sich nicht in die Angelegenheiten der USA einmischen oder die unserer Freunde«. Auch wenn die eine oder andere Nation offenkundig nicht weiß, dass sie sich zu den Freunden der USA zählen dürfen. Die USA engagierten sich weltweit, »um mit Europa für Freiheit und Souveränität zu kämpfen«.

Was alles unter die »Angelegenheiten der USA« fällt, macht der US-Außenminister den Deutschen an diesem Tag im Detail noch einmal nachdrücklich klar. Berlin solle das Nord-Stream-2-Projekt fallen lassen – jene Unterwasser-Gasleitung, die russisches Erdgas von Russland durch die Ostsee direkt nach Deutschland transportiert. Denn das Ziel sei klar: Russland wolle Deutschland nur weiter von sich abhängig machen. »Don’t be fooled – lassen Sie sich nicht täuschen, auch wenn andere anderes behaupten.« Und der US-Außenminister gibt den Deutschen und allen europäischen Ländern, denen an der Freundschaft zu den USA gelegen ist, noch eine weitere Mahnung mit auf den Weg: Sollte sich Europa darauf einlassen und bei dem chinesischen Weltmarktführer Huawei digitale Technik einkaufen, hätte das unangenehme Folgen für diese Länder.

Das Stichwort lautet »5G« und steht für die fünfte Mobilfunkgeneration. Die neue digitale Schlüsseltechnik kann viel mehr Daten als bislang in kürzester Zeit für die Steuerung neuer Technik bereitstellen und ist entscheidend für die künftige Industrieproduktion. Ein digitales Spitzenprodukt, über das Amerika trotz Silicon Valley nicht verfügt. »Ich weiß«, räumt der US-Außenminister großzügig ein, es sei immer schwierig »für seine Unabhängigkeit einzustehen … Aber solche Entscheidungen sind niemals ohne Kosten.«[17]

Wie die aussehen und wer der Leidtragende sein wird, sollten die Betreffenden nicht den amerikanischen Ratschlägen folgen – dies darzulegen überlässt er dem Kollegen Mark Esper. Der US-Verteidigungsminister macht klar: In diesem Fall sollten sich die Europäer darauf einstellen, dass die Vereinigten Staaten nicht mehr bereit sind, Geheimdiensterkenntnisse mit den Partnern zu teilen. China benutze seinen ökonomischen Erfolg nur dazu, um militärisch aufzurüsten. Aber »möglicherweise« könnten die USA Peking mit massivem Druck noch »auf den richtigen Weg« bringen.[18]

Putins Macht

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