Читать книгу Roses of Love: Band 1 bis 4 der romantischen Young Adult Serie im Sammelband! - Ilka Hauck - Страница 27

22 SUMMER

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Nervös wippe ich auf den Zehenspitzen auf und ab und schaue zum mindestens hundertsten Mal auf die Uhr. Danny wird gleich hier sein und mir ist ganz schlecht vor Aufregung. Warum nur habe ich mich von ihm breitschlagen lassen? Was soll ich überhaupt bei dieser Feier? Vermutlich blamiere ich mich vor seinen Eltern, seine Mutter wird mich nicht leiden können, und sein Vater wird denken, warum im Himmel sein gut aussehender Sohn mit so einem Durchschnittsmädchen auftaucht.

„Gott, jetzt reg dich mal ab, die werden dich schon nicht fressen. Vermutlich sind sie sowieso den ganzen Abend über mit wichtigen Gästen beschäftigt und haben gar keine Zeit, dich zu bemerken. Dumme Gans.“

Ich husche erneut ins Bad und betrachte mich im Spiegel. Was ich sehe, ist wirklich nicht schlecht. Jessica hat sich selbst übertroffen, meine Haare sehen toll aus. Wir haben sie nach einigem Hin und Her doch offen gelassen und sie fallen in weichen Wellen um mein Gesicht bis weit über meine Schultern. Das Kleid sitzt perfekt, die Schuhe sind aus anschmiegsamem Leder, man spürt sie kaum. Noch niemals habe ich solche hochwertigen Sachen besessen. Als es an meiner Tür klopft, zucke ich erschrocken zusammen.

„Na dann, los geht´s.“

Danny lehnt lässig im Türrahmen, als ich öffne, und will gerade etwas sagen, doch jetzt schließt er den Mund wieder und starrt mich wortlos an. Ich schaue unsicher zurück und zupfe an dem Kleid herum. Es vergehen Sekunden, in denen ich das Gefühl habe, auf glühenden Kohlen zu sitzen.

„Wow. Heilige Scheiße, Summer.“ Endlich findet Danny seine Sprache wieder. Er sieht mich immer noch unverwandt an und die unverhohlene Bewunderung in seinem Blick macht mich nervös.

„Ehrlich jetzt, so kann ich dich doch nicht mitnehmen.“

Okay, habe ich mich geirrt und das ist gar keine Bewunderung, was ich da bei ihm sehe?

„Was? Warum nicht?“

Ich sehe hektisch an mir herunter. Was passt nicht? Habe ich das Kleid schmutzig gemacht? Sieht es an mir einfach albern aus?

„Hey, keine Panik.“

Danny tritt näher und legt mir einen Finger unters Kinn. Ich blinzele unsicher.

„Du bist wunderschön. Wirklich hinreißend.“

Es klingt so ehrlich, wie er das sagt, dass mir fast die Tränen kommen.

„Aber Fuck, Mann, ich kann dich trotzdem so nicht mitnehmen.“

Ich runzele die Stirn und er grinst.

„Na, ich werde dich den ganzen Abend lang vor irgendwelchen sabbernden Kerlen beschützen müssen. Das ist dir klar, oder?“

Ich kneife die Augen zusammen.

„Was schlägst du vor? Soll ich mich umziehen und lieber die alte, ausgeleierte Jogginghose anziehen? Oder ganz hierbleiben?“

Er tut so, als müsste er darüber nachdenken.

„Beides keine Option. Nein. Ich denke, wir werden es riskieren. Aber ich kann dich natürlich keine einzige Sekunde lang aus den Augen lassen. Und wenn dir einer zu nahekommt, muss ich ihn leider töten.“

Er tut so, als ob er ein Schwert schwingen würde, während sein Lächeln zum Steinerweichen ist. Ich muss lachen.

„Deine Eltern würden sich freuen, wenn es auf ihrer Feier zu Duellierungen kommen würde. Da würden sie mich doch direkt tief ins Herz schließen.“

Danny zuckt mit den Achseln.

„Das muss ich in Kauf nehmen, denn außer mir darf niemand diese hübsche Rose pflücken, das steht mal fest.“

„So, so, nur du?“

Ich kann mir nicht helfen, ich muss übers ganze Gesicht strahlen bei der Vorstellung, Danny den ganzen Abend lang exklusiv für mich zu haben.

„Immer nur ich, logisch.“

Er zwinkert mir zu und ich boxe ihn an die Schulter. Erst jetzt komme ich dazu, ihn näher zu betrachten, und oh Gott, er ist heiß. Er sieht zum Niederknien gut aus, und ich weiß, ich werde ihn die ganze Zeit über anstarren und dabei ein idiotisches Grinsen im Gesicht haben. Er trägt einen Anzug in einem dunklen Anthrazit, dazu ein blassblaues Hemd. Der Anzug sitzt perfekt, betont seine Hammerfigur auf eine Weise, wie ich es mir bei einem Mann nie hätte vorstellen können. Er ist eine verdammt sexy Mischung aus Lässigkeit und Eleganz. Seine dunklen, verwuschelten Haare stehen im Gegensatz zu der coolen Eleganz des Anzugs, was ihn für mich noch hinreißender macht. Er hat auf eine Krawatte verzichtet, die oberen beiden Hemdknöpfe stehen offen, und ich muss mich zusammenreißen, um dabei nicht auf gefährlich dumme Ideen zu kommen. Ich schlucke und blinzele kurz. Danny sieht mich die ganze Zeit an und hebt nun amüsiert einen Mundwinkel.

„Gefällt dir, was du siehst, Sommerröschen?“

Seine Stimme vibriert vor leisem Spott und etwas anderem, über das ich mir lieber keine Gedanken mache.

„Mhm, ja, nicht schlecht, Moreno.“

Ich straffe die Schultern und er lacht leise.

„Danke, aus deinem Mund nehme ich das mal als Kompliment. Welches ich übrigens sehr gerne zurückgebe, du siehst absolut bezaubernd aus.“

Ich merke, wie ich rot werde. Es ist so süß, wie er das sagt.

„Danke.“

Ich hole schnell meine Jacke und folge Danny nach draußen. An der Treppe reicht er mir galant seinen Arm und ich hänge mich bei ihm ein. Ein bisschen fühle ich mich wie Pretty Woman, als ich neben ihm die Stufen hinabschreite. Ich betrachte ihn von der Seite. Vorhin, das war das erste Mal, seit ich ihn kenne, dass ihm wirklich die Spucke weggeblieben ist. Ich muss schmunzeln. Kein übles Gefühl, Danny Moreno so aus dem Takt zu bringen, dass er sprachlos ist. Könnte ich mich dran gewöhnen. Obwohl, ich mag sein loses Mundwerk, das muss ich zugeben. Weil er mich damit zwar manchmal in den Wahnsinn treibt, aber nie verletzend wird.

Wir verlassen das Wohnheim und Danny lotst mich zum nächstgelegenen Parkplatz. Es ist kühl geworden, und ich merke, wie ich in dem dünnen Kleid zittere. Danny dagegen scheint die nasskalte Luft, die sich direkt in die Haut beißt, nichts auszumachen. Er betrachtet mich schmunzelnd, dann legt er den Arm um meine Schultern und zieht mich zu sich.

„Die Kälte ist nichts für meine kleine Sommerrose, was? Ein bisschen Hitze gefällig?“

Er grinst dreckig, und ich beiße die Zähne zusammen, als ich merke, wie mir direkt heiß wird. Warum zum Teufel hat er diese Wirkung auf mich? Und warum weiß er das so genau? Es ist einfach nicht fair.

„Danke, es geht. Ich bin ja nicht aus Zucker“, brumme ich und er lacht leise.

„Nein, aber mindestens genauso süß.“

Ich möchte ihn böse anschauen, doch beim Anblick des amüsierten Funkelns in seinen schönen Augen muss ich lachen. Dieser Kerl ist wirklich die Pest. Niemand ist meinem Herzen je so gefährlich nah gekommen wie er.

„Schleimer“, muffele ich und er grinst breit.

„Ich dich auch, Babe.“

Wir erreichen den Parkplatz und Danny führt mich zu seinem Wagen.

„Wow, das ist deiner? Cool.“

Der schwarze Ford Mustang mit den schwarzen Sportfelgen sieht einfach Hammer aus. Passt zu Danny. Wild, cool, lässig.

Danny öffnet die Beifahrertür und lässt mich einsteigen. Dunkles Leder, samtig weich, der Geruch vermischt sich mit Dannys Duft. Ich schließe die Augen und möchte am liebsten genießerisch seufzen.

Danny lässt sich geschmeidig neben mir in den Fahrersitz gleiten und ich sehe ihn an.

„Der Wagen ist wirklich toll. Passt zu dir.“

„Ah, danke. Du findest mich also auch toll?“

Er kann es mal wieder nicht lassen.

„Das kannst du sehen, wie du willst.“

Ich kann nicht anders, als ihn anzustrahlen, und er lacht leise. Er fasst kurz nach meiner Hand und drückt meine Finger. Ein wohliger Schauer läuft über meinen Rücken.

„Wo findet das Fest denn eigentlich statt? Bei euch zu Hause?“

„Um Himmels willen. Da würde meine Mutter ja durchdrehen. Bei ihr muss daheim immer alles ordentlich sein. Eine feiernde Meute in ihren heiligen Hallen würde sie nicht überleben. Nein, eine leer stehende Lagerhalle auf dem Firmengelände ist sozusagen zum Festsaal umfunktioniert worden. Du wirst schon sehen, was meine Mutter so draufhat. Kein Mensch käme heute Abend auf die Idee, dass das Gebäude eine Lagerhalle ist.“

Er verzieht das Gesicht.

„Deine Mom ist also gut im Organisieren solcher Dinge?“

„Gut ist gar kein Ausdruck. Sie ist die geborene Planerin schlechthin.“

Er startet den Motor und wir fahren langsam vom Parkplatz.

„Meine Kindergeburtstage waren mindestens so gut organisiert wie eine Oscarverleihung. Meine Mutter überlässt nichts dem Zufall.“

Er scheint nicht wirklich glücklich, wie er das sagt.

„Na ja, das klingt doch nicht schlecht, oder?“

Ich betrachte im Halbdunkel sein Profil. Er ist eindeutig der schönste Mann der Welt.

„Ja, klingt so. War es aber nicht immer. Weißt du, ich war ein kleiner Junge, ich wollte nicht mit meinen Freunden an einer Tafel mit gestärkter Tischdecke sitzen und Sahnetorte essen. Ich wollte mit ihnen draußen sein, herumtoben, Würstchen am Lagerfeuer grillen. Fußball spielen. Mit dreckigen Klamotten und aufgeschürften Knien am Abend nach Hause kommen und nach einem warmen Bad todmüde ins Bett fallen. Ehrlich gesagt, ich war heilfroh, als ich alt genug war, um dem Treiben meiner Mom ein Ende zu bereiten.“

Wir verlassen den Campus und Danny biegt auf die Interstate ab.

„Saras Geburtstage waren noch schlimmer. Der reinste Albtraum in Rosa und Pink.“

Mein Blick schweift aus dem Fenster. Eine Erinnerung an meinen zehnten Geburtstag steigt in mir auf. Meine Mutter hatte mir erlaubt, ein paar Mädchen einzuladen, und ich freute mich seit Wochen darauf. Alle hatten zugesagt und ich war stolz und glücklich. Endlich würde ich Freundinnen haben. Der Tag endete in einem Desaster, noch bevor er richtig begonnen hatte. Mein Vater war betrunken, begann herumzupöbeln, am Ende lag die Torte auf dem Boden, ich fing mir vor den entsetzten Augen meiner Klassenkameradinnen eine Ohrfeige ein und meine Mutter keifte und heulte. Danach habe ich nie wieder meinen Geburtstag gefeiert. Ich zucke zusammen, als Danny seine Hand auf meine legt. Erst jetzt fällt mir auf, wie stark ich meine Finger ineinander verkrampft habe. Ich lächele ihm zu und er sieht mich prüfend an.

„Alles gut?“

„Ja, klar. Ich bin nervös, das ist alles.“

„Musst du nicht. Sara und Nonno sind da, sie werden dir gefallen. Mein Vater wird wie immer zurückhaltend und höflich sein, und meine Mutter hat sowieso keine Zeit, sich mit dir zu beschäftigen. Sie ist schließlich die Gastgeberin und muss somit an allen Fronten sein, um zu glänzen.“

Der Sarkasmus ist nicht zu überhören.

„Du hast kein so gutes Verhältnis zu ihr?“, frage ich vorsichtig. Danny verzieht seinen schönen Mund zu einem spöttischen Grinsen.

„Merkt man das etwa?“

Er zögert kurz.

„Sie ist nicht verkehrt, und ich weiß, dass sie es eigentlich nur gut meint. Sie ist eben, wie sie ist. Meiner Mutter sind Äußerlichkeiten wahnsinnig wichtig. Was die Leute denken. Wie man auf andere wirkt. Alles Dinge, die mir am Arsch vorbeigehen. Damit kommt sie nicht so gut zurecht. Deshalb geraten wir halt manchmal aneinander.“

Er sieht zu mir und sein Gesicht verdunkelt sich plötzlich.

„Tut mir leid, Summer. Ich bin ein Idiot. Ich meine, du hast mir gesagt, was mit deinen Eltern passiert ist, und ich habe nichts Besseres zu tun, als über meine zu jammern.“

„Schon gut, das ist okay. Meine Eltern … es war schwierig“, murmele ich und fühle seinen Blick auf mir ruhen. Gleich darauf streicht er mir leicht mit dem Daumen über die Wange und ich sehe ihn an.

„Okay, lass uns heute nicht über unsere Erzeuger reden, hm? Lass uns diesen Abend hinter uns bringen und ihn so gut wie möglich genießen.“

Er klingt locker, doch ich kenne ihn inzwischen ganz gut. Das zwischen ihm und seinen Eltern, das scheint tiefer zu gehen als nur ein paar Unstimmigkeiten.

Das Firmengelände von EDOMO liegt direkt am Ohio River, und als Danny den Wagen parkt, steigt meine Nervosität ins Unermessliche. Danny hat mir erzählt, dass sein Großvater darauf bestanden hat, die gesamte Belegschaft zu dieser Feier einzuladen. Er meinte, er würde keinen Sinn darin sehen, mit allen möglichen Leuten sein Firmenjubiläum zu feiern, die viel weniger mit der Firma zu tun haben als seine Mitarbeiter. Dannys Mutter war nicht begeistert gewesen von dieser Idee, doch sie hatte sich fügen müssen. Und somit ist hier heute alles vertreten, vom einflussreichen Geschäftspartner des Unternehmens, über wichtige Kunden, Politiker der Stadt, bis zum Hausmeister. Ich muss sagen, mir ist Großvater Moreno schon jetzt sympathisch, und wenn Danny nur ein bisschen was von ihm hat, dann muss dieser alte Herr famos sein.

Danny hilft mir beim Aussteigen und ich lasse meine Jacke im Wagen. Es parken bereits viele Autos auf dem eigens dafür bereitgestellten Platz, und auch etliche Nobelkarossen sind darunter. Danny nimmt meine Hand in seine und wir gehen auf das hell erleuchtete Gebäude zu.

Die Halle wurde offenbar frisch gestrichen, Lampen und Laternen erleuchten die Wege. Drinnen geht es noch festlicher und vornehmer weiter, überall stehen riesige weiße Porzellanvasen mit üppig blühenden Rosen, dicke Teppiche liegen im Empfangsbereich und alles ist edel dekoriert mit duftigen Bahnen aus Tüll und glänzenden Stoffen. Auf den Tischen liegen blütenweiße Damasttischdecken, gedeckt mit edelstem Porzellan. Kerzen stecken in prachtvollen Halterungen und verbreiten warmes Licht. Livrierte Kellner bewegen sich lautlos und geschickt zwischen den Gästen, servieren Aperitifs und Champagner. Leise Musik spielt unaufdringlich, doch stimmungsvoll.

„Wow, Danny. Das ist wirklich beeindruckend. Kein Mensch würde denken, dass dies eine Lagerhalle ist. Es ist der ideale Festsaal.“

„Sag ich doch, wenn meine Mom eines kann, dann ist es, die perfekte Gastgeberin zu sein. Schau, da sind meine Eltern.“

Ich bin mehr als aufgeregt, als ich an Dannys Hand auf ein elegantes Paar mittleren Alters zusteuere. Erst als er mich amüsiert ansieht, merke ich, wie sehr ich seine Hand zerquetsche.

„Oh, entschuldige.“

„Kein Problem, brich mir ruhig die Finger, wenn es dir damit besser geht.“

Ich werde rot, doch sein Lächeln beruhigt mich komischerweise.

Wir erreichen Dannys Eltern und beide wenden sich uns zu.

„Daniele. Wie schön. Ich dachte schon, du würdest es nicht rechtzeitig schaffen.“

Dannys Vater mustert ihn mit leicht rügendem Blick, sieht aber gleich darauf mich an.

„Ah, du hast Gesellschaft mitgebracht.“

„Mom, Dad, das ist Summer. Summer, mein Vater Fabio. Meine Mutter Jillian.“

„Guten Abend, Mr. und Mrs. Moreno. Ich freue mich sehr, hier sein zu dürfen, und möchte mich für die Einladung bedanken.“

Meine Stimme zittert bei diesen wie einstudiert klingenden Worten.

„Wie schön. Miss … äh, wie war noch mal der Name?“

„Rose. Mein Name ist Rose.“

„Ah, Miss Rose. Es freut uns, Sie kennenzulernen.“

Fabio Moreno nimmt meine Hand in seine, seine Finger berühren mich kaum. Er sieht sehr gut aus, ist unverkennbar Dannys Vater. Hochgewachsen, ein schmales, markantes Gesicht. Seine schwarzen Haare sind kurz geschnitten, lassen aber die Locken erahnen, die sich darin kringeln würden, würde er es länger tragen. Er hat die gleichen dunklen Augen wie sein Sohn, wenngleich der Ausdruck darin ein völlig anderer ist. Er blickt mich an, doch ich habe das Gefühl, er sieht mich nicht wirklich. Sein Lächeln ist höflich und unverbindlich. Jillian Moreno ist eine Schönheit. Ihre blonden Haare sind kunstvoll zu einem strengen Knoten gesteckt und ihre stahlblauen Augen blicken kühl und abschätzend. Sie ist groß und schlank, fast schon zu dünn für mein Empfinden. Sie trägt ein langes, schmal geschnittenes, cremefarbenes Seidenkleid, das in seiner Schlichtheit ihre Schönheit unterstreicht. Ihre Hand ist kühl, als sie meine Finger umfasst.

„Summer Rose? Das ist aber ein ungewöhnlicher Name.“

Sie lächelt. Es erreicht ihre Augen nicht.

„Ja, ein wenig schon“, murmele ich. Dannys Arm liegt leicht um meine Taille, jetzt zieht er mich näher zu sich.

„Ungewöhnlich und bezaubernd wie seine Trägerin.“

Seine Stimme ist weich und ich lächele ihm zu. Er zwinkert mir zu und ich fühle mich gleich besser.

Jillian mustert ihren Sohn mit ihren kühlen Augen forschend.

„Nun, dann wünsche ich Ihnen einen schönen Abend, Summer. Darf ich Sie Summer nennen?“

„Natürlich. Vielen Dank, es sieht einfach wunderbar hier aus.“

Sie nickt und macht eine umfassende Handbewegung.

„Danke. Es war auch sehr viel Arbeit. Aber es war der Wunsch meines Schwiegervaters, hier auf dem Firmengelände zu feiern.“

„Apropos, wo steckt Nonno?“, fragt Danny.

„Ich weiß nicht, ich glaube, irgendwo an den Tischen der Belegschaft.“

Jillian rümpft fast unsichtbar die Nase. Fabios Blick ruht auf mir.

„Sie studieren mit meinem Sohn, Miss Rose?“

„Ähm, ja. Nicht ganz. Ich studiere Musik und Geschichte.“

„Oh. Sehr schön. Und Sie kennen Daniele schon länger?“

Ich knete nervös meine Hände.

„Nicht sehr lange. Das ist mein erstes Semester.“

Er nickt. Ich bin mir sicher, all dies interessiert ihn nicht wirklich, er führt einfach Small Talk. Er wirkt sehr geübt in dieser Art von Unterhaltung. Unverbindlich, nach außen hin aufmerksam, aber innerlich nicht beteiligt. Irgendwie verletzt es mich, aber gleichzeitig schelte ich mich ein dummes Huhn. Danny hat mir von seinen Eltern erzählt, auch, wie sie so sind, und außerdem, was erwarte ich? Ich bin nicht Dannys Freundin, ich bin nur eine Kommilitonin, die ihn begleitet. Wieso sollten sie sich für mich interessieren? Ich fühle Dannys dunkle Augen auf mir ruhen und sehe ihn unsicher an. Er zieht leicht die Augenbrauen hoch, als ob er mal wieder meine Gedanken lesen könnte. Und sie nicht gut finden würde.

„Das ist ein sehr hübsches Kleid. Es steht Ihnen hervorragend. Wo haben Sie es her?“

Jillian sieht mich an, und ich merke, wie meine Wangen heiß werden. Sie hat offensichtlich keine Ahnung, dass Danny das Kleid gekauft hat, und wenn sie es erfährt, was wird sie von mir denken? Genau. Sie wird denken, ich will mir den reichen Jungen schnappen, ihren Sohn.

„Ja, es sieht bezaubernd aus, nicht wahr? Summer, komm, da hinten ist mein Großvater. Ich möchte, dass du ihn kennenlernst. Entschuldigt uns.“

Dannys Stimme klingt kühl, und ich merke, wie er seine Mutter mit zusammengekniffenen Augen mustert. Sie erwidert den Blick ungerührt und nickt dann knapp.

„Bitte. Geht nur. Edoardo wird sich freuen, Sie kennenzulernen, Summer.“

„Oh, ich freue mich auch.“

Ich lächele dem Ehepaar zu, dann zieht Danny mich auch schon hinter sich her. Er wirkt verärgert.

„Alles okay?“

Er sieht zu mir herunter.

„Ja, ja. Alles okay. Hätte schlimmer kommen können.“

Ich bleibe stehen.

„So schlimm war es nicht. Sie waren doch nett.“

Er bläst verächtlich die Luft durch die Zähne.

„Nett? Ernsthaft?“ Er zuckt mit den Schultern und sucht nach Worten. „Sie waren nicht nett, Summer. Sie waren einstudiert freundlich. Nicht mehr und nicht weniger. Von ihnen kommt einfach nichts, keine Herzlichkeit, nichts.“

Er streicht sich missmutig mit der Hand durchs Haar. Ich kapiere allmählich, was sein Problem mit seinen Eltern ist. Offenbar sind sie ja nicht nur heute so.

„Ach, vergiss es, war eh klar, dass es so sein würde. Lass uns Nonno suchen.“

Ich umfasse seine Hand fester und lächele ihm aufmunternd zu. Er beugt sich zu mir herunter und küsst mich auf die Stirn. In dem Moment ruft jemand Dannys Namen und ein schwarzhaariges Mädchen kommt wie ein Wirbelwind auf uns zugestürmt. Sie bleibt atemlos vor uns stehen, wirft einen kurzen, fast beiläufigen Blick auf meine Hand in Dannys, bevor ein strahlendes Lächeln über ihr bildhübsches Gesicht gleitet.

„Da bist du ja endlich, Bruderherz. Dachte schon, du lässt mich alleine hier schmoren und Moms Launen ertragen.“

Sie umarmt Danny, dann wendet sie sich mir zu.

„Hi, du bist sicher Summer? Ich bin Sara.“

Ihr Lächeln ist offen und sie ist mir auf den ersten Blick sympathisch. Sie sieht ihrem Vater ebenfalls sehr ähnlich, hat aber die blauen Augen ihrer Mutter geerbt, was einen tollen Kontrast zu ihren schwarzen Haaren bildet. Sie ist so klein wie ich, hat beinahe taillenlange wilde Locken und ein schönes Gesicht. Die guten Gene liegen offenbar in dieser Familie.

„Ja, ich bin Summer. Hi.“

Sara hält sich nicht lange damit auf, mir die Hand zu reichen, sondern umarmt mich genauso liebevoll wie ihren Bruder.

„Ich freue mich, dich kennenzulernen. Schön, dass du mitgekommen bist.“

Sie ist vollkommen anders als ihre Eltern, und ich merke, wie sich meine Anspannung ein wenig löst.

„Das ist mein Freund Deacon.“

Sie fasst nach der Hand eines jungen Mannes, der schräg hinter ihr steht. Er lächelt schüchtern.

„Hallo.“

Deacon ist ein hübscher Junge mit dunkelblonden Haaren, dem man seine gute Erziehung sofort anmerkt. Er sieht gut aus, macht einen höflichen, zurückhaltenden Eindruck. Hat Danny nicht gesagt, seine Mutter würde ihn nicht mögen? Mir ist auf den ersten Blick schleierhaft, warum das so sein könnte. Er wirkt ruhig und bescheiden und ist ganz offensichtlich bis über beide Ohren in die vor Temperament sprühende Sara verliebt. Ich mag die beiden sofort gern, was bei mir eher selten der Fall ist. Ich bin nicht der Mensch, der schnell Freundschaften schließen kann. Doch Saras herzliche, stürmische Art fegt einen geradezu weg, und Deacon macht einfach einen lieben, sympathischen Eindruck.

„Habt ihr schon das Büfett gesehen? Der Wahnsinn. Ich werde den ganzen Abend lang nur essen“, grinst Sara.

„Nein, noch nicht. Wir wollen zuerst Nonno begrüßen.“

„Er ist dort hinten, warte, ich hole ihn.“

Sara verschwindet genauso schnell, wie sie aufgetaucht ist, und Danny sieht ihr schmunzelnd nach.

„Sie ist ein klein wenig wild, meine kleine Schwester.“

Ich muss lächeln.

„Da kenne ich noch jemanden. Sie ist sehr süß.“

Danny unterhält sich mit Deacon und ich beobachte ihn. In diesem Anzug sieht er so anders aus als in den Klamotten, die er sonst trägt. Fast weltmännisch. Erwachsener. Und doch auf seine unverkennbare Danny-Weise sexy und lässig. Aber was mir noch mehr auffällt, ist, dass er hier nicht nur der College-Student ist, sondern der Firmenerbe. Ich merke, wie viele Leute ihn ansehen und grüßen. Er grüßt jeden zurück, kennt die meisten beim Namen. Man merkt, dass er mit der Firma aufgewachsen ist. Mir war die ganze Zeit über gar nicht klar, was das hier für ihn bedeutet. Es ist eine eigene Welt. Und eine große Verantwortung, die auf seinen Schultern lasten wird. Er hält meine Hand locker in seiner, und ich kann nicht anders, ich genieße diese Zeit mit ihm, auch wenn mich die Umgebung immer noch einschüchtert.

Sara taucht auf, an ihrem Arm ein älterer Herr mit weißem Haar. Dannys Nonno Edoardo.

„Nonno. Da bist du ja, wo hast du gesteckt?“

Danny strahlt, als er den alten Mann sieht, und mir wird warm ums Herz.

„Ah, Daniele. Na ja, wo soll dein alter Großvater schon stecken? Ich muss meine Belegschaft bei Laune halten, bevor mir alle davonlaufen, weil deine Mutter hier so ein Brimborium veranstaltet.“

Edoardo zwinkert seinem Enkel zu und ich bin hingerissen. Seine Augen strahlen warm und herzlich, und ich verstehe sofort, warum Danny ihn so sehr liebt. Es muss schön sein, solch einen Großvater zu haben. Die beiden umarmen sich, dann zieht Danny mich an seine Seite und sagt: „Nonno, darf ich dir Summer vorstellen?“

Der alte Mann sieht mich mit seinen gütigen Augen freundlich an.

„Mein liebes Kind, wie schön, Sie kennenzulernen. Daniele hat mir von Ihnen erzählt.“

Auch er umarmt mich ohne Scheu und ich muss schlucken. Solche Herzlichkeit ist mir fremd und schüchtert mich ein. Und sie weckt unsinnige Sehnsüchte, wie es hätte sein können, wenn mein Vater nicht so gewesen wäre, wie er nun mal war.

„Vielen Dank. Ich freue mich auch, Sie kennenzulernen.“

Meine Stimme zittert leicht, und ich merke, wie Danny mich aufmerksam ansieht. Manchmal habe ich das Gefühl, diesen schönen braunen Augen entgeht nichts, was mich betrifft. Noch nie gab es einen Menschen in meinem Leben, dem ich so wenig etwas vormachen konnte wie ihm.

Edoardo schiebt mich ein Stückchen von sich.

„Bellissima. Welch ein wunderschönes Mädchen. Du musst gut auf sie aufpassen, mein Junge.“

Er zwinkert Danny zu, der lacht.

„Siehst du, Summer, hab ich nicht genau das gesagt? Keine Sorge, Nonno, ich passe gut auf sie auf.“

Ich blinzele verlegen und Edoardo drückt meinen Arm.

„Ich mache nur Spaß. Verzeihen Sie. Aber in einem habe ich recht: Sie sehen bezaubernd aus.“

Er lächelt und ich muss zurücklächeln. Er ist reizend.

„Danke schön. Bitte, sagen Sie einfach du zu mir.“

Er nickt.

„Gerne.“

Er fasst nach meiner Hand und sagt zu Danny: „Überlässt du mir dein Mädchen mal für eine Weile, mein Junge? Und wärest du so nett und würdest uns vielleicht etwas zu trinken holen?“

„Aber klar, Nonno, dir überlasse ich sie gerne. Was möchtest du trinken?“

Dannys dunkle Augen ruhen auf mir und ich zupfe verlegen an meinem Kleid herum. Was hat er seinem Großvater über mich erzählt, dass dieser meint, ich sei Dannys Mädchen?

„Ein Wasser bitte. Und für dich, mein Kind?“

„Für mich auch ein Wasser, bitte.“

Der ältere Herr sieht seine Enkelin und Deacon an, die sich der Wasserfraktion anschließen.

„Kommt, Mädels, begleitet mich.“

Edoardo hängt sich bei Sara und mir ein und wir geleiten ihn zu einem freien, runden Tisch. Er lässt sich auf einem Stuhl nieder und seufzt: „Wie elegant, oder? Verschüttet nur nicht euer Wasser, sonst gibt’s Ärger mit Mama.“

Er grinst Sara an, die lacht.

„Du kennst dich aus, Nonno.“

Er bedeutet mir, mich neben ihn zu setzen, was ich gerne tue. Sara setzt sich auf seine andere Seite und er lächelt ihr liebevoll zu. Es rührt mich, wie nahe er und seine Enkel sich offenbar stehen. Deacon hat Danny begleitet, sodass wir drei nun alleine sind.

„Nun, liebes Kind, gefällt es dir hier? Daniele muss dir nachher unbedingt das Büfett zeigen, es ist himmlisch. Wenn du möchtest, kann er dich einmal mitbringen, wenn nicht gefeiert wird, dann kannst du unsere Firma kennenlernen.“

„Das würde ich sehr gerne, danke.“

Er tätschelt meine Hand.

„Ich habe mich sehr gefreut, als Daniele mir erzählt hat, dass er so ein nettes Mädchen zu unserem Jubiläum mitbringt. Und ich muss sagen, er hat nicht übertrieben.“

Ich werde rot und sage leise: „Danke. Ich bin froh, dass ich heute hier sein darf. Und Sie kennenlernen kann, denn Danny hat mir auch von Ihnen viel erzählt.“

Danny und Deacon tauchen auf und stellen das Wasser ab. Danny setzt sich neben mich und Edoardo sieht uns beide mit einem feinen Lächeln an.

„Du erinnerst mich an meine Ilaria. Danieles und Saras Großmutter. Sie war so ein schönes Mädchen, wie du es bist. Und sie war die Einzige, die je mein Herz berührt hat.“

Seine dunklen Augen blitzen vergnügt, als er uns ansieht. Ich lächele verlegen und sehe zu Danny, der grinst. Wäre sein Großvater nicht, würde ich ihm gerne ans Schienbein treten, denn ich weiß genau, dass er es mag, was Edoardo sagt. Was hast du ihm nur über uns erzählt, Danny?

„Da seid ihr. Also, ich muss doch sehr bitten, ihr könnt nicht alle hier am Tisch sitzen und euch nicht um die Gäste kümmern. Sara, hopp. Edoardo?“

Jillian steht plötzlich neben uns und sieht ungehalten aus.

„Liebe Jillian, ich wollte mich nur kurz mit Summer unterhalten. Sie ist schließlich auch unser Gast, nicht wahr?“

Edoardo lächelt liebenswürdig und seine Schwiegertochter blinzelt nervös.

„Natürlich ist sie das. Das ist ja auch schön, aber ich denke, du wirst noch öfter Gelegenheit haben, dich mit Summer zu unterhalten.“

Sie sieht Danny an.

„Es wäre ja nett, nicht wahr, wenn du mal jemanden längerfristig mitbringen würdest?“

Ein Tadel liegt in ihren Worten. Offenbar gefällt ihr der lockere Lebenswandel ihres Sprösslings nicht sonderlich.

Dannys Augen funkeln spöttisch.

„Das wäre in der Tat nett, Mom. Ich will sehen, was ich für dich tun kann, damit du mit mir zufrieden bist.“

Sie schnalzt mit der Zunge.

„Fürs Erste wäre ich zufrieden, wenn ihr euch unter die Gäste mischen und Präsenz zeigen würdet. Also, bitte.“

Damit dreht sie sich um und rauscht ab. Edoardo verdreht die Augen.

„Immer diese Hektik, die sie verbreitet. Kinder, lasst euch nicht ärgern.“

Er sieht zu Deacon, der nicht ganz glücklich aussieht.

„Komm, Junge, bleib bei mir, da bist du sicher. Daniele, ich möchte dein Mädchen auf jeden Fall besser kennenlernen, das weißt du, nicht wahr?“

„Das wirst du bestimmt, Nonno. Stimmt´s Sommerröschen?“

Sara kichert.

„Sommerröschen? Wie niedlich ist das denn?“

Ich werde schon wieder rot.

„Danny nennt mich so. Wegen meines Namens, Summer Rose.“

Sara klatscht entzückt in die Hände.

„Ah, Bruderherz, weckt sie etwa den Romantiker in dir?“

Sie strahlt von einem Ohr zum anderen.

„Klappe. Du willst nicht wissen, was du gleich in mir weckst, wenn du mich weiter nervst.“

Die beiden grinsen sich an und Sara streckt ihm die Zunge heraus. Dann erhebt sie sich und hakt ihren Großvater unter.

„Komm, Nonno, bevor Mama einen Aufstand macht. Wir sehen uns nachher noch, Summer.“

Die drei mischen sich unter die Gäste, und ich wende mich an Danny, der lässig dasitzt und mich nicht aus den Augen lässt.

„Warum guckst du so?“

Ich rutsche unsicher auf meinem Stuhl herum.

„Warum nicht? Ich schaue dich eben gerne an.“

„Haha. Sag mal, wieso sagt dein Großvater dauernd, ich sei dein Mädchen? Was hast du ihm erzählt?“, zische ich und Danny grinst unverschämt.

„Was soll ich ihm erzählt haben? Nichts als die Wahrheit natürlich.“

„Natürlich. Glaubt er etwa, wir seien ein Paar?“

Er beugt sich näher zu mir und seine Augen funkeln amüsiert.

„Und wenn? Würde es dich stören?“

„Ich … also, es wäre ja nicht wahr“, sage ich lahm und starre wie hypnotisiert in dieses sündige Braun. Mein Blick gleitet zu seinen Lippen, und ich merke, wie gerne ich ihn küssen möchte. Und dass es mich bei Weitem nicht so stört, wie es sollte, dass Großvater Moreno uns für ein Liebespaar hält.

„Was nicht ist, wird ja noch sein.“

Bäng. Ich kneife die Augen zusammen.

„Wird noch sein? Gott, Moreno, von wem hast du nur dieses überdimensionale Selbstbewusstsein? Kommt dir mal der Gedanke, dass dazu zwei gehören und du das nicht allein zu entscheiden hast?“

„Kommen klingt gut. Das würde ich wirklich gern mit dir.“

Er lacht leise und ich würde ihn am liebsten am Hemdkragen nehmen und durchschütteln.

„Mann, lass das doch.“

Ich lehne mich zurück und betrachte ihn. Dieser Kerl hat eine höllische Wirkung auf mich und er weiß das viel zu gut. Nie zuvor konnte mich jemand nur mit Worten so aus dem Takt bringen. Doch jetzt merke ich, wie mir heiß wird. Ich starre auf die beiden oberen, offenen Knöpfe seines Hemdes. Stelle mir die samtweiche Haut darunter vor.

„Wirst du nervös, Röschen? Okay, ich bin ein braver Junge. Fürs Erste.“

Er lacht wieder und ich sehe ihn wütend an. Blitzschnell beugt er sich vor und haucht mir einen Kuss auf den Mund.

„Schhh, man beobachtet uns. Knall mir später eine, okay?“

Mein Blick schweift unsicher und leicht verstohlen über die Gäste. Einige beobachten uns tatsächlich. Klar, Danny ist vermutlich der Superstar in der Firma, genau wie am College auch. Und heute hat er ein Mädchen dabei, das muss ja interessant sein. Ich merke, wie ich mich am liebsten unter dem Tisch verkriechen würde.

„Alles gut, Sommerröschen, ich pass auf dich auf.“

Er lächelt und die Schmetterlinge in meinem Bauch flattern. Und so komisch es auch ist, ja, das tut er. Auf merkwürdige Weise fühle ich mich bei ihm vollkommen sicher.

„Ich weiß“, murmele ich und er legt mir die Hand an die Wange.

„Das kannst du auch.“

In den Tiefen seiner Augen schimmert es zärtlich und ich senke unsicher den Blick. Mit seiner großen Klappe kann ich viel besser umgehen als mit seiner offenen Zuneigung.

„Warum kann deine Mom eigentlich Deacon nicht leiden? Er ist doch nett“, versuche ich abzulenken.

Danny lehnt sich zurück und zuckt mit den Schultern.

„Weil er nicht das ist, was sie sich für meine Schwester erhofft. Nett? Reicht nicht. Er soll aus einer angesehenen Familie kommen, Kohle haben und am besten Obama als Patenonkel haben.“

„Aber warum ist ihr das so wichtig? Ich meine, ist es nicht viel wichtiger, dass Sara ihn liebt? Und er sie?“

„Na ja, es ist nicht so, dass meine Mutter Sara mit einem echten Arschloch verheiraten wollen würde. Aber ihrer Meinung nach gibt es genug Jungs da draußen, die reich, angesehen und nett sind. Deacon ist nur nett und das passt ihr nicht.“

Ich kaue unsicher auf meiner Unterlippe herum. Da kann ich mir ja ausmalen, was Mrs. Moreno von einer Verbindung zwischen Danny und mir halten würde. Deacon kommt vermutlich nicht aus einer reichen, aber wenigstens normalen Familie. Aber ich? Danny legt seine Hand auf meine und spielt mit meinen Fingern. Er mustert mich aufmerksam.

„Hey, Sara und ich, wir lassen uns nicht von unserer Mutter reinreden. Wir wissen schon, wie wir mit ihr umzugehen haben, schließlich kennen wir sie nicht erst seit gestern. Und wir haben Nonno, der immer auf unserer Seite ist.“

Er lächelt und ich nicke. Es ist müßig, darüber nachzudenken, denn Danny und ich sind kein Paar. Auch wenn er seinem Großvater gegenüber merkwürdige Andeutungen macht.

„Wie alt ist Sara?“

„Sechzehn.“

„Sie ist so hübsch und süß. Du liebst sie sehr, hm?“

Ich sehe Danny an. Er nickt.

„Ja, tu ich. Sara und Nonno sind diejenigen, die für mich in erster Linie Familie bedeuten. Und natürlich meine Großmutter, auch wenn sie nicht mehr bei uns ist.“

Ich betrachte ihn, und ohne nachzudenken, bin ich es dieses Mal, die sich vorbeugt und ihn küsst. Ganz zart berühren meine Lippen seine, und ich spüre, wie er lächelt.

„Vorsicht, wir werden immer noch beobachtet.“

„Mir egal“, murmele ich und er lacht leise.

„Mir auch.“

Seine Hand, die immer noch auf meiner liegt, drückt meine Finger und ich seufze innerlich.

„Na komm, lass uns ein wenig herumlaufen. Präsenz zeigen.“

Er klingt amüsiert und ich nicke.

Danny zieht mich mit sich hoch und wir durchqueren den Festsaal. Andauernd bleiben wir bei jemandem stehen, mit dem Danny redet, mich vorstellt und ich lächele dazu. Die Musik spielt meistens Oldies, die gut in dieses elegante Ambiente passen.

Wir bedienen uns an dem wirklich phänomenalen Büfett und es schmeckt göttlich. Zu leicht vorgerückter Stunde betritt Dannys Vater die Bühne und hält eine Rede. Danach übergibt er das Mikrofon an Edoardo, der über den Werdegang der Firma spricht und sich bei allen, die an dem bisherigen Erfolg beteiligt waren, bedankt. Als er seine verstorbene Frau erwähnt, muss ich schlucken. So viel Liebe klingt aus seinen Worten, dass mir bei dem Gedanken, dass er nun ohne sie sein muss, weh ums Herz wird.

Danny steht hinter mir, seine Hände liegen leicht um meine Taille. Jetzt beugt er sich herunter und sieht mich von der Seite an. Sein Blick ist dieses Mal nicht spöttisch oder amüsiert, sondern ernst und geht mir durch und durch. Ich lehne meine Stirn an seine Wange und er zieht mich näher zu sich. Mein Blick gleitet zu Edoardo. Wie schön muss es sein, solch eine Liebe zu finden und sie ein ganzes Leben lang festzuhalten.

Der weitere Abend verläuft viel besser, als ich geglaubt hätte. Danny ist aufmerksam, witzig und er bleibt tatsächlich die ganze Zeit an meiner Seite. Zum Glück muss er sich dabei mit niemandem duellieren. Er fordert mich zum Tanzen auf und ich würde am liebsten den ganzen Abend in seinen Armen verbringen. Auch mit seinem Großvater tanze ich und habe das Gefühl, Edoardo mag mich. Es macht mich glücklich, denn auch ich habe den reizenden älteren Herrn ins Herz geschlossen.

Inzwischen ist es bereits recht spät, und ich merke, wie ich müde werde. Danny und ich stehen oben auf der Balustrade und beobachten das Treiben unter uns. Die Band spielt Sinatras „My Way“, und ich denke, dass dieser Song wirklich gut zu Edoardo passt. Und auch zu Danny, denn ich bin mir sicher, er wird seinen Weg gehen, auch wenn ihm gewisse Dinge vorgegeben sind.

„Was im- und exportiert ihr eigentlich?“

Ich lehne mit dem Rücken an der kühlen Wand und betrachte Danny. Ich könnte ihn ständig ansehen. In meinem ganzen Leben habe ich keinen schöneren Menschen gesehen als ihn. Er lächelt und ich weiß, er bemerkt meine Blicke.

„Ganz verschiedene Dinge. Süßwaren sind ein wichtiger Bestandteil. Amerikaner sind verrückt danach. Belgische Pralinen zum Beispiel.“

„Hmm, lecker“, murmele ich und sehe ihm in die Augen. Dunkle Schokolade. Verführerisch und süß zugleich. Er hebt die Hand und streicht mir leicht mit dem Daumen über die Wange.

„Dann Spirituosen, Kosmetik- und Reinigungsartikel, Getränke aller Art. Der Markt wird ständig erweitert.“

Ich nicke.

„Das klingt interessant und so, als ob ihr eine ziemlich gute Zukunft vor euch hättet.“

„Bestimmt.“

Sein Blick verdunkelt sich kurz, dann jedoch gleitet ein Lächeln über sein Gesicht.

„Du siehst heute Abend so wunderschön aus, kleine Sommerrose.“

Seine Samtstimme hüllt mich ein, und ich merke, wie meine Hände zittern.

„Belgische Pralinen sind also die Spezialität eures Unternehmens? Was ist deine, Danny?“

Ich hebe den Blick und er sieht mich aufmerksam an.

„Herzen zu sammeln und sie zu brechen?“, frage ich leise.

Ich weiß nicht, warum ich das sage. Dieser Abend hat so einen besonderen Zauber. Es ist wunderschön mit ihm. Aber er kommt mir viel zu nahe. Meinem Herzen viel zu nah. Und obwohl ich jede Sekunde liebe, habe ich Angst. Angst vor dem Absturz. Ich bin mir immer noch nicht sicher, was er von mir will. Etwas in mir möchte ihm so gerne vertrauen. Vorhin, als er mit seinem Großvater geredet, mit Sara gescherzt hat, da ist mein Herz fast übergeflossen vor Zuneigung zu ihm. Und ich habe etwas gesehen, was er sonst sehr geschickt verbirgt. Einen jungen Mann voller Familiensinn, Humor und Wärme. Und ich weiß, ich wäre Wachs in den Händen dieses Mannes. Danny. Doch da ist immer noch der andere. Mit der dunklen, unberechenbaren Seite. Der bisher keinem Mädchen treu war. Der nie eine geliebt hat. Moreno. Von dem ich nicht weiß, was meint er mir gegenüber ernst und was nicht? Ich bin selbst so verunsichert, was Gefühle betrifft, dass ich meinem Urteilsvermögen einfach nicht trauen kann. Ich habe nie gelernt, wie es sich anfühlt, einem Menschen bedingungslos zu vertrauen.

„Summer?“

Dannys Stimme dringt zu mir durch und ich sehe ihm in die Augen. Er steht dicht vor mir, unsere Körper berühren sich beinahe. Am liebsten möchte ich mich an ihn lehnen und mich von ihm halten lassen. Er zieht mich an wie ein Magnet. Sein Blick hält meinen fest, als er meine Hände umfasst und sie mit seinen Fingern umschließt. Warm. Sicher. Ach Danny, tu das nicht.

„Wie hast du neulich mal zu mir gesagt? Dinge ändern sich?“, murmelt er. Er senkt den Kopf, sein Aftershave umschmeichelt mich wie eine warme Wolke. Angenehm, kein bisschen aufdringlich.

„Ich will es nicht abstreiten, ich war ein Arsch. Bin es vermutlich noch und werde es bis zu einem gewissen Grad vielleicht auch immer bleiben. Aber ich arbeite daran. Könnte allerdings ein wenig Unterstützung gut gebrauchen.“

Ein teuflisch charmantes Grinsen umspielt seinen schönen Mund und ich seufze innerlich. Ich habe keine Ahnung, was er mit mir macht, und irgendwie will ich auch nicht darüber nachdenken. Nicht heute.

„Und du glaubst, ich könnte dir diese Unterstützung geben?“

Sein Blick wird ernst.

„Nur du kannst das.“

Bevor ich nachfragen kann, sagt er: „Hör mal, Sommerröschen, was meinst du, hättest du nicht Lust, von hier zu verschwinden? Ich glaube, ich habe allmählich genug von dieser trockenen Veranstaltung.“

Ich sehe ihn unsicher an.

„Wo willst du hin? Sind deine Eltern dann nicht sauer?“

Er winkt ab.

„Die merken das gar nicht. Komm, lass uns abhauen.“

„Aber, ich kann doch nicht einfach gehen, ohne mich noch einmal für die Einladung zu bedanken und mich zu verabschieden. Dein Großvater. Sara.“

„Ach, das kannst du doch alles morgen machen. Und verabschieden musst du dich nicht, die denken ja, wir sind immer noch hier.“

Ich gebe auf; wenn er sich etwas in den Kopf gesetzt hat, dann ist das so.

Er zieht mich hinter sich her und gleich darauf stehen wir auf dem Parkplatz vor dem Mustang.

„Schöne Frau.“

Danny hält mir mit einem Lächeln die Tür auf und ich lasse mich aufseufzend in den kühlen Ledersitz sinken. Meine Füße brennen von den ungewohnten Schuhen und ich würde sie am liebsten auf der Stelle abstreifen.

„Du hast mir nicht gesagt, wo du hinwillst.“

Er lächelt und wendet mir das Gesicht zu. Im Halbdunkel des Wagens sieht er so atemberaubend aus, dass mir die Luft wegbleibt.

„Zu mir nach Hause. Ich dachte mir, nach dieser trockenen Sache hier wird es Zeit für etwas anderes.“

Aha. Das ist eine sehr aussagekräftige Antwort.

„Du sprichst in Rätseln, Moreno“, meckere ich und er lacht.

„Geduld, kleine Rose. Es wird dir gefallen, ganz sicher.“

Ich lehne den Kopf an den Sitz und schaue hinaus in die Dunkelheit. Es könnte sein, dass es mir gefallen wird. Ich bin mir nur nicht sicher, ob es das sein wird, was gut für mich ist.

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