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Ein Riesenproblem: Was Menschen nicht essen

In den zurückliegenden Jahrzehnten wurde Übergewicht zum Gegenstand heftiger verbitterter Diskussionen weltweit in zwei Drittel aller Nationen. Zunehmend wurde kritisch nur bewertet, WIE VIEL Menschen essen und erst viel zu spät WAS. Gleichzeitig vermehrte sich das Wissen um besonders gesunde Nahrungsmittelgruppen und um einzelne Nährstoffe, die von unseren Tellern verdrängt worden sind. In aller Welt wächst jetzt die gleiche Einsicht. Bauchspeck ist auch eine Folge dessen, WAS Menschen NICHT essen.

Aus den Universitäten vieler Länder belegen Studien immer wieder das Gleiche: Weil die eine oder andere Nahrungsgruppe an Wertschätzung verloren hat oder weil uns diese oder jene Pflanzenstoffe chronisch fehlten verzehren wir umso mehr das Falsche! Dicksein ist nur eine Konsequenz. Fast alle nicht-übertragbaren Krankheiten starten im Darm.

Eine ganze Reihe von Vitaminen, Aminosäuren, Mineralstoffen und Enzymen kann den menschlichen Organismus bei der Kontrolle seines Gewichts unterstützen. Dafür müssen wir jedoch regelmäßig hochwertige, ganz bestimmte Lebensmittel verzehren. Wir wissen aber auch: Die viel gerühmte Mittelmeerdiät funktioniert nur für Reiche und Gebildete.

97 Prozent aller Befragten kaufen im Supermarkt, was ihnen schmeckt. Kein anderes Kriterium berücksichtigen sie auch nur annähernd ähnlich stark. Zehn Fehlentscheidungen bei der Wahl unserer Nahrung stehen in enger Verbindung mit Todesursachen wegen des Herz-Kreislauf-Systems und des Stoffwechsels. Die Rede ist von schwerem Übergewicht, Diabetes, Schlaganfall und Herzerkrankung. Durch sie droht, was die Wissenschaft als kardiometabolische Sterblichkeit bezeichnet. Und das sind nach einer Einschätzung durch Forscher an der Tufts Friedman School of Nutrition Science and Policy in Boston, U.S.A., in dieser Reihenfolge die größten Ernährungssünden:

• zu viel Salz,

• zu viel Süßungsmittel,

• zu viele ultraprozessierte Nahrung,

• zu wenig Nüsse, Samen und Körner,

• zu viel industriell zubereitetes Fleisch,

• zu wenig Omega3-Fettsäuren,

• zu wenig Gemüse,

• zu wenig Obst,

• zu viel Süßgetränke,

• zu wenig Ballaststoffe [3].

Einige Fakten zur Ernährungssünde Nummer 1: Salz wird in vielen Nahrungsmitteln zusätzlich zum verführerischen Geschmackseffekt üppig als Konservierungsmittelstoff eingesetzt, in Milchbrötchen, Toastbrot, Panini, Ketchup, Wurst und Brühwürfeln. Eine einzige Portion industriell hergestelltes Fertiggericht enthält in aller Regel schon mehr als die Hälfte des empfohlenen Tagesbedarfs an Salz. Keine Überraschung ist, dass viele Mitmenschen drei Mal so viel zu sich nehmen, wie für sie günstig wäre. Im „Journal of Clinical Hypertension“ forderten Mediziner am 30. September 2019 für Salzspender in Gaststätten Warnaufkleber im Stil der Anti-Rauch-Kampagnen auf Zigarettenpackungen: „Übermäßiger Salzkonsum kann Bluthochdruck verursachen und fördert Magenkrebs. Verbrauch einschränken.“ [4]. Hinweis: Salzmangel ist ebenso ein Risiko.

Objektive Anleitungen zum richtigen Essen sind Mangelware. Die wirksamsten Botschaften werden von der Nahrungsindustrie gesendet. Meistens sind sie verhängnisvoll. Zum Beispiel Hinweise auf Schnäppchen im Supermarkt. Ein Großteil der so genannten energiedichten Schokoladen, Chips, Süßigkeiten und herzhaften Snacks mit reichlich Zucker, Salz und Fett ist abwechselnd im Sonderangebot zu haben. Das hat Folgen. Die emsigsten Schnäppchenjäger – die sich also vom Handel am erfolgreichsten verführen lassen - kaufen umgekehrt im Monat vier Kilogramm Obst und Gemüse weniger als der Kundendurchschnitt. Das wissen die Branchenprofis und das wollen sie so.

Viele Konsumenten verlassen sich darauf, dass die Regierung ungesundes Essen aussortiert. In Wirklichkeit ist das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft wichtigster Partner von Big Food und nicht Schutzmacht der Verbraucher. Zur Erinnerung: Ende November 2017 hat der Bundesminister für Ernährung und Landwirtschaft Christian Schmidt angeblich ohne Abstimmung mit der Bundeskanzlerin Angela Merkel in Brüssel für die weitere Zulassung des Unkrautgiftes Glyphosat gestimmt. Wissenschaftler warnten vor einem tödlichen Krebsrisiko. Pestizide hebeln das gesunde Verhältnis der beiden größten Gattungen von Darmbakterien aus, mit verheerenden Folgen.

Das ist der Kern des Problems: Keine 70 Jahre nach der Geschäftsidee „Speedee Service System“ der Brüder Richard und Maurice McDonalds bieten Supermärkte überwiegend hochprozessierte, gebrauchsfertige Lebensmittel, Tiefkühlmenüs, Süßwaren an. Was wir heute zu uns nehmen, sind kaum mehr natürliche Lebensmittel. Überwiegend verzehren wir von der Nahrungsindustrie mit Tausenden chemischen Zusatzstoffen erzeugte Substanzen. Mit Exzitotoxinen, den gesetzlich zugelassenen Zerstörern von Nervenzellen. Mit hinzugefügtem Zucker selbst dort, wo niemand ihn vermutet oder vermissen würde. Speziell für die Industrie entwickelte Süßstoffe wie der High Fructose Corn Syrup, HFCS, starten offensichtlich eine Kaskade von Erkrankungen, darunter schweres Übergewicht, Bluthochdruck, Diabetes und Leberschäden.

Kritische Erkenntnisse bleiben wirkungslos. Ein aus den Cochenilleschildläusen gewonnenes Rot ist mit der Kennzeichnung E 120 als Lebensmittelfarbstoff zugelassen und kommt in Fleischprodukten, Wurst, Geflügelwaren, bei Marinaden, Backwaren, Gebäck, Desserts, Glasuren, Tortenfüllungen, Marmeladen, Konserven, Surimi, Getränken, Fruchtsäften, Sorten von Cheddar-Käse und anderen Milchprodukten, Soßen und Süßigkeiten zum Einsatz. Es kann beim Einatmen Asthma verursachen. Fleisch für Hack kann mit Ammoniakgas behandelt sein. Eine Scheibe Käse kann an die 300 Milligramm Salz enthalten. Von Sulfiten in jeder Kombination kann ebenfalls eine Asthmareaktion ausgehen, während sich MSG, Mononatriumglutamat, vielleicht durch ein Brennen im Nacken meldet. Mit Lachgas, Distickstoffoxid, wird geschlagene Sahne luftiger. Der als bedenklich und gefährlich eingestufte gelbe-orange Farbstoff Tartrazin aus Steinkohleteer war schon 1991 verboten, ist im Zuge der EU-Angleichung wieder erlaubt, und obwohl Kindern Hyperaktivität droht, wird diese Substanz mit der Kennnummer E102 in Pudding, Senf und Käserinde verwendet.

Niemand kann alle Belastungen im Blick haben. Nur der Gesetzgeber könnte wirksam helfen, doch er bewegt sich nicht. Allein bei der Herstellung von einer einfachen Alltagsnahrung wie Brot dürfen Hunderte Enzyme mit chemischen Wirkungen zum Einsatz kommen. Sie bestimmen Eigenschaften wie die Größe der Luftblasen oder den Grad der Bräunung. Manche Brote sind Süßwaren. Auf ihren Etiketten stehen hintereinander Invertzuckersirup, Karamellsirup.

Welche Effekte sie in unserem Körper haben, wo in jeder Millisekunde in jeder einzelnen Zelle Abertausende eigene chemische Prozesse laufen, wurde nie geprüft. Auch sie müssen nicht einmal deklariert und über sie muss nicht informiert werden.

Die Nahrungsproduzenten lassen sich nicht in die Karten schauen. Was hinter dem Rücken ahnungsloser Konsumenten wahrscheinlich mit unserem Essen geschieht, lässt aber ein Beispiel aus der Textilbranche erahnen. Sie hat keine Geheimnisse. Raten Sie einmal, wie viele Chemikalien bei der einfachen Umwandlung von Fasern der Baumwollpflanze in gebrauchsfertige Fäden eingesetzt werden. 50? 200? Nein, 7.000 Substanzen! Und bei raffiniert-komplexen Nahrungsmitteln sollen es weniger sein?

Im Februar 2019 warnte die „American Medical Association“ in ihrem Journal „JAMA“: Hochprozessierte Fertiggerichte erhöhen die Sterblichkeit aus allen Gründen um 14 Prozent, ebenso Fettleibigkeit und Krebs. Es geht um legales Essen in jedem Supermarkt. Und die Politik in Deutschland? Sie räumt der Wirtschaft eine Schonfrist bis 2025 ein, freiwillig Salz, Zucker und Fette zu reduzieren.

Nahrungsproduzenten und Medikamentenhersteller kassieren doppelt, während Millionen Menschen immer dicker werden. Auch mit Nahrungsmitteln für Menschen unter Abnehmdruck lassen sich Milliardenumsätze erzielen. Ebenso mit Medikamenten. Je mehr Diskriminierung, umso mehr Profit. Gleich dahinter kommen die Medieninhaber und Buchautoren.Die Gewinner werden keinen Millimeter weichen.

Dicke sind auch Gefangene der Evolution. Unser Körper ist Jäger und Sammler. Wir verfügen über eine unbegrenzte Speichervorrichtung für Treibstoff. Für die Aufnahme von Energieüberschuss kann sich jede einzelne Fettzelle um mehr als das Hundertfache ihrer Größe ausdehnen. Gleichzeitig fehlt, was jedes moderne Auto hat: eine Füllstandsanzeige für den Energievorrat und eine aktuelle Verbrauchsmessung.

Mit fünf biologischen Prozessen wehrt sich der Organismus, einmal gespeichertes Fett abzugeben. Beispielsweise wird der Ruheenergiebedarf für Atmung, Blutkreislauf und Wärmeregulierung verringert. Umso mehr verzehrte Kalorien verbleiben unverwendet und können im Fettgewebe gespeichert werden [5]. Auch ein Hungergefühl wirkt gewichtsfördernd, weil es für Nachschub sorgt.

Mein Speck kommt von eurem Dreck!

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