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Fettgewebe werden stillgelegt

Unsere Billionen Körperzellen brauchen Kohlenhydrate aus dem Blut zur Herstellung ihrer eigenen Energie. Alle werden als Zucker oder Glukose bezeichnet, Mehl zum Beispiel, auch Stärke und Cellulose, obwohl der Großteil ohne Süßgeschmack ist. Das Wort Zucker wurde aus der altindischen Bezeichnung für Grieß, Geröll, Kies abgeleitet.

Zur Unterstützung dieses Prozesses mobilisiert der Organismus das Hormon Insulin. Dieser Botenstoff aus der Bauchspeicheldrüse erleichtert Kohlenhydraten den Übergang in die Zellen … und übermittelt gleichzeitig den Fettgeweben eine logische Botschaft. Und zwar: Es wird aktuell im Blut genügend Energie angeboten, weshalb eure gespeicherten Reserven im Augenblick nicht gebraucht werden. Kohlenhydrate und Insulin stoppen jeden Abbau von als Fett gespeicherter Energiereserve in den Fettgeweben! Der Betrieb unserer Prozesse durch Umwandlung von Speicherfett wäre auch wesentlich aufwändiger. Die Information des Botenstoffs Insulin an die Fettgewebe, ihr Fett zu behalten, wäre ganz unproblematisch, würde sie nicht andauernd erfolgen. Bis zu 21 Stunden am Tag. Die Fettgewebe als Energiespender kommen nicht mehr vor.

Denn im Körper von vielen Millionen Menschen sind die Verhältnisse im Stoffwechsel grundsätzlich gestört. Sie nehmen wiederholt Nahrung auf, so dass sie inklusive Verweildauer von früh am Morgen bis weit nach Mitternacht das System beschäftigt. Immer ist Insulin dabei. Das verursacht eine Reihe von Problemen. Die Bereitschaft der Körperzellen, auf die Empfehlung dieses Hormons zu reagieren und Nahrung zu verarbeiten, erlahmt. Man spricht von abnehmender Insulinsensibilität. Am Ende wird sie zur Insulinresistenz. Zum Widerstand der Körperzellen gegen die Aufnahme der angebotenen Nahrungsmoleküle aus dem Blut. So verbleibt noch mehr unverbrauchte Nahrung im Blut. Sie wird vom System als Überschuss eingestuft, während einzelne Zellen in Wahrheit unter diesen Verhältnissen sogar hungern. Der Spiegel dieser Zuckermoleküle im Blut bleibt hoch. Am Ende werden sie aufwändig in Fettmoleküle umgewandelt und weggespeichert.

Das hat dramatische Konsequenzen, prinzipiell auch schon für schlanke Menschen, jedoch schwerwiegender in einem schweren Körper. Zum Beispiel: Organe oder Körperbereiche gehen bei der Nahrungsversorgung leer aus. Am Ende sterben sie ab, während Fettzellen sich ausdehnen. Man spricht vom diabetischen Fuß, dem als lebenserhaltende Maßnahme die Amputation droht, und vom Verlust des Sehvermögens, weil die Netzhaut degeneriert. Viele Zusammenhänge wurden erst allmählich durchschaut.

Beginnen wir mit Diabetes. Die Zuckerkrankheit mit hohem Blutzuckerspiegel wurde lange Zeit als Krankheit mit geringer Bedeutung eingestuft. In den letzten vier Jahrzehnten ist die Zunahme an Patientinnen und Patienten mit dieser Diagnose explodiert. Heute wird sie als eine Hauptbedrohung der Gesundheit in aller Welt eingeschätzt. Ursachen sind zu viel Kohlenhydrate und die verminderte Wirkung des Hormons Insulin, die Insulinresistenz, sowie als Kompensation die abnorm höher werdende Freisetzung dieses Botenstoffes aus der Bauchspeicheldrüse. Dadurch wird der Insulinspiegel im Blut dramatisch erhöht. Insulin hat Signalwirkung auf weitere Hormone. Dieser Einfluss kippt ins Negative, wenn zu viel Insulin den Ton angibt. Auch der Blutdruck steigt.

Je höher der Insulinspiegel, desto schwächer werden im Gehirn die Botschaften des Sattsein-Hormons Leptin empfangen. Gerade die Verarbeitung von Industriefructose ist nicht mit einem Gefühl der Sättigung verknüpft. Das Gehirn hat wie bei Beginn des Essens weiterhin den Wissensstand, dass die Nahrungsaufnahme noch nicht gereicht hat – während in Wahrheit die Fettgewebe noch von der letzten Mahlzeit prall gefüllt sind. Es ist der Beginn einer Kettenreaktion an Fehlern. Die Aktivitäten der Systeme für Energieaufnahme und Energiespeicherung spiegeln nicht die tatsächlichen Verhältnisse wider. Sie bleiben hochaktiv. Jeder weitere Bissen sendet kontinuierlich an die grauen und weißen Zellen Belohnungssignale, die den Appetit wachhalten. Mehr Kohlenhydrate, mehr Industriefructose erzeugen mehr Insulinresistenz … ein Kreislauf von Verzehr und Krankheit: zu hoher Insulinspiegel, gestörter Fettstoffwechsel, Gefäßschädigungen, Fettleibigkeit.

Gleichzeitig nimmt die Wahrscheinlichkeit einer starken Nierenbelastung zu. Es werden mehr Eiweiße ausgeschieden, die jedoch im Blut dringend für den Transport von Hormonen, Vitamin D, Fettsäuren, Enzymen, Magnesium, Calcium, Kupfer und Medikamentenstoffen gebraucht werden. Über diese Kettenreaktion – mehr Insulin, mehr Fette, mehr Zucker, höherer Eiweißverlust – steigen dauerhaft die Risiken der Entstehung von Arteriosklerose, sowie Diabetes. Das setzt die Insulinresistenz als Bedrohung auf eine Stufe mit Bluthochdruck, Blutfetten und Blutzucker bei Schädigungen der Blutgefäße. Insulin ist nicht die Ursache, aber mitentscheidend bei krankhaften Veränderungen der Gefäßwände, bei ihrer Verhärtung, Verdickung und beim Elastizitätsverlust, einem Zustand, der als Arterienverkalkung und Arteriosklerose bezeichnet wird.

Es gäbe Auswege. Die Situation ist sehr bekömmlicher, wenn Zuckermoleküle aus verzehrten Kohlenhydraten nur langsam das Blut erreichen. Dann hat die Bauchspeicheldrüse ausreichend Zeit, Insulin viel langsamer und kontinuierlicher zu produzieren. Das ist gegeben, wenn die Verdauungsorgane mit komplexen Kohlenhydraten aus langen Ketten beschäftigt werden. Also besser mit einem vollen Getreidekorn und nicht mit Mehl. Dann müssen die festen Verbindungen erst gelöst werden. Vitamine, Mineralstoffe und Ballaststoffe belegen gleichzeitig eigene Zeitkapazitäten in der Verdauung.

Weißbrot und andere Produkte aus raffiniert gemahlenem Mehl erinnern nicht mehr daran, dass sie in Wirklichkeit aus Vollwertkörnern mit zahlreichen wertvollen Mikronährstoffen und Randschichten stammen. Die Verdauung von Weißmehl muss sich nicht erst mit dem Aufspalten von Nährstoffketten abgeben, und der darin enthaltene Zucker erreicht überfallsartig das Blut.

Die Mahnung, weniger Kohlenhydrate zu sich zu nehmen, macht heute vielen ein schlechtes Gewissen, weil ihnen wichtige Informationen fehlen. Es gibt kaum ein von der Natur produziertes Lebensmittel ohne Kohlenhydrate. Sie bilden eine der drei Makronährstoffgruppen neben Fetten und Eiweißen. Auch das steht fest: Vollwertige Nahrung ist immer überaus gesund, auch wenn sie diesen für uns wichtigsten Energielieferanten Kohlenhydrate enthält. Für die Versorgung der Gehirnzellen ist Zucker, ist Glukose fast nicht zu ersetzen.

Nicht gesund sind Kohlenhydrate, die raffiniert, verarbeitet, leer sind. Sie begegnen uns außer im Weißmehl in Süßigkeiten, im Industriezucker. Der hohe Verzehr dieser denaturierten Nahrung ist mit einem deutlich erhöhten Erkrankungsrisiko verbunden. Aus raffinierten Getreiden wurden beispielsweise sämtliche Ballaststoffe und Mikronährstoffe entfernt. Ausgemahlenes Weißmehl aus Weizen ist inzwischen in sehr vielen industriell gefertigten Nahrungsprodukten versteckt. Gerade dieses Getreide darf nicht gedankenlos und in Unmengen gegessen werden.

Raffination in der Nahrungsindustrie bedeutet im Wesentlichen Trennung von Rohstoffen. Bei Zucker, dessen Ausgangssubstanz braun aus der Zuckerrübe oder dem Zuckerrohr gewonnen wird, steht dieser Begriff für das Entfärben durch Auflösen, Filtrieren, Auskristallisieren und Zentrifugieren. Am Ende liegt weißer Kristallzucker vor und es ist nicht mehr nachweisbar, aus welcher Quelle er stammt. Welchen unmittelbaren Effekt ein einzeln verzehrtes Nahrungsmittel auf den Blutzuckeranstieg hat, spiegelt der glykämische Index wider. Je höher der Wert, desto mehr Zucker im Blut muss verarbeitet werden. Und umso größer die Wahrscheinlichkeit, dass nicht genutzte Nahrung in den Fettgeweben landet.

Gerade die Gesundheitsbewussten und Gebildeten wichen seit den 1960er und 1970er Jahren den Nahrungsfetten aus. Ihre Alternativen waren fettarm, Kohlenhydrate, häufig süß. Jahre später waren viele dick. Diese Gängelung der Menschen erfolgte ohne einen wasserdichten Beweis. Experten testeten ihre Vermutungen nur an Versuchstieren, die noch dazu völlig ungeeignet waren.

Aber nicht die Nutznießer dieser Praktiken werden heute gemobbt, beschimpft, an den Pranger gestellt. Sondern die Opfer. Diskriminierung ist ein größeres Gesundheitsrisiko als das Übergewicht selbst.

Mein Speck kommt von eurem Dreck!

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