Читать книгу Neukirchener Kinderbibel Neukirchener Erzählbibel (ohne Illustrationen) - Irmgard Weth - Страница 56
46. Gideon
ОглавлениеEs war Erntezeit.
Das Korn stand reif auf den Feldern.
Im ganzen Land Israel
schnitten die Bauern das Korn
und banden es in Garben zusammen.
Aber die Bauern sahen bedrückt aus.
Immer wieder schauten sie
von ihrer Arbeit auf
und blickten ängstlich in die Ferne.
„Was meint ihr?“,
fragten sie einander besorgt.
„Ob die Feinde wieder kommen
und uns alles wegnehmen werden?“
Ihre Feinde waren die Midianiter,
ein wildes Wüstenvolk.
Jedes Jahr um die Erntezeit
jagten sie auf ihren Kamelen daher
und verwüsteten das Land.
Sie verbrannten das Korn
und nahmen alles mit,
was sie fanden,
auch das Vieh,
Schafe, Kühe und Esel.
Schon seit sieben Jahren
fielen sie in das Land ein.
Seitdem gab es im ganzen Land
kaum noch etwas zu essen.
Unter den Bauern,
die auf den Feldern arbeiteten,
war ein junger Mann namens Gideon.
Er hatte sein Korn schon geschnitten.
Nun war er dabei, es zu dreschen.
Mit einem großen Dreschflegel
schlug er auf die Ähren ein,
bis die Körner heraussprangen.
Gideon hatte es eilig.
Er wollte das Korn verstecken,
bevor die Feinde kamen.
„Ach“, sagte sich Gideon,
„so weit ist es mit uns gekommen!
Nun müssen wir sogar
unser Korn vor den Feinden verstecken.
Aber wir sind selbst schuld,
dass es uns so schlecht geht.
Wir haben Gott vergessen
und uns andere Götter gesucht.
Wir haben ihnen Altäre gebaut
und Götterbilder geschnitzt.
Doch jetzt denken wir auf einmal
wieder an Gott und beten:
,Herr, hilf uns!‘
Aber ob Gott noch auf uns hört?
Vielleicht will er gar nichts mehr
von uns wissen?“
Plötzlich entdeckte Gideon
einen fremden Mann in der Nähe.
Er saß unter einer Eiche
und grüßte ihn freundlich.
„Gott sei mit dir, du tapferer Mann!“,
rief er Gideon zu.
„Wie?“, fragte Gideon.
„Was sagst du?
Gott soll mit uns sein?
Wo ist denn Gott?
Ich sehe ihn nicht.
Früher hat Gott uns geholfen.
Aber wer hilft uns jetzt?“
„Du“, sagte der Fremde.
„Du sollst deinem Volk helfen.
Gott schickt dich.
Du sollst die Feinde vertreiben.“
„Ich?“, rief Gideon ungläubig.
„Wie denn? Ohne Waffen?
Und außerdem:
Auf mich hört doch keiner!“
Aber der Fremde sagte:
„Gott wird mit dir sein.
Er wird dir helfen.“
Da merkte Gideon,
wer zu ihm gesprochen hatte.
Ein Engel war es, ein Bote Gottes.
In der folgenden Nacht
fand Gideon keinen Schlaf.
Es war ihm,
als ob Gott selbst ihn riefe:
„Gideon, steh auf!
Hau den Götteraltar entzwei
und das Götterbild,
das vor eurem Haus steht,
und bau mir einen Altar!“
Da stand Gideon in der Nacht auf,
weckte seine Knechte
und machte sich mit ihnen
heimlich an die Arbeit.
Er riss den Götteraltar ein,
schlug das Götterbild entzwei
und baute für Gott einen Altar
und brachte ihm ein Opfer dar.
Dann schlich er sich schnell
wieder ins Haus.
Am nächsten Morgen kamen
die Leute aus dem Dorf
und sahen die Trümmer.
„Wer hat das getan?“,
schrien sie empört.
„Sicher war es Gideon.
Ja, Gideon hat es getan!“
Und sie drangen auf seinen Vater ein:
„Gib Gideon heraus!
Er hat das Götterbild
und den Götteraltar zerstört.
Er muss sterben.“
„Nein“, rief der Vater,
„ihr sollt sterben,
wenn ihr die Götterbilder
und ihre Altäre verteidigt.
Sollen sich doch die Götter
selbst wehren, wenn sie es können!“
Da schwiegen alle beschämt
und schlichen sich leise nach Hause.
Gideon aber fasste Mut.
Nun war er bereit,
dem Volk Israel zu helfen,
wie Gott ihm aufgetragen hatte.
Richter 6,1–32