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Mose in der Wüste

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Exodus 2,11ff

Drei Jahre lang blieb Mose

im Haus seiner Mutter.

Danach wurde er in den Palast

zu Pharaos Tochter gebracht.

Dort wuchs er auf unter Ägyptern,

lebte und sprach wie ein Ägypter.

Aber im Herzen blieb er ein Israelit.

Er konnte sein Volk nicht vergessen.

So vergingen die Jahre.

Mose war inzwischen erwachsen.

Da machte er sich eines Tages auf

und suchte sein Volk auf.

Entsetzt sah er, wie es sich plagte,

wie es stöhnte und klagte.

Auf einmal sah er, wie ein Ägypter

auf einen Hebräer einschlug.2,11

Mose packte der Zorn.

War denn hier keiner,

der dem Ägypter wehrte?

Er sah sich um.

Doch weit und breit

war niemand zu sehen.

Da stürzte sich Mose auf den Ägypter

und schlug auf ihn ein, bis er tot war.

Schnell verscharrte er

den Toten im Sand

und machte sich auf und davon.2,12

Am nächsten Tag aber suchte Mose

sein Volk noch einmal auf.

Da sah er,

wie sich zwei Israeliten stritten.

Einer schlug auf den andern ein.

„Hör auf!“, mischte Mose sich ein.

„Warum schlägst du den andern?

Ihr gehört doch demselben Volk an.“

Der aber erwiderte:

„Das geht dich nichts an.

Misch dich nicht ein!

Oder willst du mich auch umbringen,

wie du den Ägypter umgebracht hast?“2,13f

Da packte Mose die Angst.

Erschrocken fragte er sich:

Woher weiß der Mann,

was ich gestern getan habe?

Wenn das der Pharao hört,

dann wird er mich töten.

Und sogleich machte er sich auf

und floh in die Wüste.2,14f

Nach Wochen erreichte Mose

endlich das Land Midian,

das am Rand der Wüste lag.

An einem Brunnen machte er Halt.2,15

Da kamen sieben Schwestern

mit ihren Schafen zum Brunnen.

Sie schöpften Wasser

und gossen es in die Tränkrinnen.

Doch als sie noch schöpften,

kamen Hirten zum Brunnen,

die stießen die Mädchen weg.

„Lasst sie in Frieden!“, rief Mose.

„Sie waren zuerst da.“

Und sogleich sprang er auf

und half den Mädchen beim Schöpfen.2,16f

Da liefen die sieben Schwestern

zu Jitro, ihrem Vater,

der auch Reguël heißt,

und erzählten ihm,

was sie am Brunnen erlebt hatten.

„Wie?“, fragte der Vater.

„Ein Fremder half euch beim Schöpfen?

Warum habt ihr ihn nicht mitgebracht?

Auf, ladet ihn ein!

Er soll unser Gast sein.“2,18ff

Von diesem Tag an blieb Mose

bei Jitro und diente ihm als Hirte.

Und Jitro gab ihm dafür

seine Tochter Zippora zur Frau,

die gebar Mose einen Sohn,

Gerschom mit Namen.2,21f

Viele Jahre lang lebte Mose in Midian,

fern von seinem Volk in Ägypten.

In dieser Zeit starb Pharao,

der König von Ägypten.

Aber das Volk schrie zu Gott.

Und ihr Schreien kam vor Gott.

Er hörte, wie sie klagten.

Er sah, wie sie sich quälten und plagten.

Und er dachte an das Versprechen,

das er Abraham, Isaak

und Jakob gegeben hatte,

und nahm sich ihrer an.2,23ff

„Ihr Schreien kam vor Gott.“ Das ist die erlösende Botschaft am Ende des zweiten Kapitels. Menschlich betrachtet gibt es für dieses Volk keine Hoffnung. Durch den Fehlstart Moses scheint der Weg in die Freiheit zusätzlich verbaut. Dabei hätte Mose – aufgrund seiner wunderbaren Rettung und seiner ägyptischen Bildung – alle Voraussetzungen gehabt, als Retter seines Volkes aufzutreten und sein Volk aus der Sklaverei zu führen. Aber durch sein voreiliges und eigenmächtiges Handeln hat er das Gegenteil erreicht. Als Flüchtiger und Mörder muss er sein Leben als Schafhirte in der Steppe von Midian (im Osten der Sinaihalbinsel) zubringen – nach jüdischer Überlieferung sogar 40 Jahre lang! (vgl. auch Apg 7,23–30). Ein Leben ohne Perspektive, fern von seinem Volk. Eine unerträglich lange Zeit, nicht nur für Mose, sondern auch für das unterdrückte Volk in Ägypten! Aber während dieses Volk noch verzweifelt klagt und Gott weit weg scheint, ist die Wende bei Gott schon eingeläutet. Gott „gedenkt“ seines Bundes; er „sieht“ das Elend seines Volkes; er „hört“ sein Schreien und er ist schon unterwegs, um ihnen zu helfen. So knapp und vielsagend deutet sich am Ende des 2. Kapitels die Wende an!

Vom Ende her fällt auch auf die vorausgehenden Erzählungen ein neues Licht: Also war Gott schon von Anfang an da. Er hat das Elend seines Volkes gesehen. Er hat ihre Klagen gehört und er ist nun auf dem Weg, sichtbar die Wende herbeizuführen.

Von diesem Ende her erscheint auch Moses Wüstenzeit nicht nur als Zeit der Verbannung und Strafverbüßung, sondern als eine Zeit der Zurüstung, in der Gott seinem künftigen „Knecht“ in der Stille begegnet und ihn für seinen besonderen Auftrag bereit macht. Somit weist auch diese Geschichte über sich selbst hinaus. In ihr zeichnet sich schon ab, was das Volk Israel in seiner 40-jährigen Zeit in der Wüste erfahren wird. Auch Elia, Johannes der Täufer und auch Jesus erfahren ihre „Wüstenzeit“ als Zeit besonderer Zurüstung für ihren Auftrag (1. Kön 19 / Mt 3+4).

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