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Moses Berufung

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Exodus 3–4

Eines Tages trieb Mose die Schafe

über die Steppe hinaus zum Horeb,

dem Berg Gottes, der auch Sinai heißt.

Da sah er einen Dornstrauch,

der lichterloh brannte.

Wie ist das nur möglich?,

fragte sich Mose.

Der Strauch brennt

und verbrennt doch nicht.

Ich will hingehen und sehen,

warum der Strauch nicht verbrennt.3,3

Doch als er näher kam,

hörte er eine Stimme, „Mose! Mose!“

„Ja, hier bin ich“,

antwortete Mose erschrocken.3,4

„Komm nicht näher!“, warnte die Stimme.

„Zieh deine Schuhe aus!

Du stehst auf heiligem Land.

Denn ICH bin hier,

der Gott deiner Väter

Abraham, Isaak und Jakob.“3,5f

Da verhüllte Mose sein Gesicht.

Er wagte nicht aufzuschauen.3,6

Gott war es, der zu ihm sprach:

„Ich habe die Leiden meines Volkes

in Ägypten gesehen

und habe ihr Schreien gehört.

Ja, ich habe gesehen,

wie die Ägypter sie quälen,

und bin gekommen,

um sie zu befreien.

Ich will sie aus Ägypten führen

und will sie in ein Land bringen,

wo Milch und Honig fließt.

So geh nun hin!

Ich will dich zum Pharao senden.

Du sollst mein Volk aus Ägypten führen.“3,7ff

„Wer bin ich?“, fragte Mose erschrocken.

„Wie soll ich zum Pharao gehen?

Wie kann ich das Volk Israel

aus Ägypten führen?“3,11

Gott sprach: „Ich will mit dir sein.

Und daran sollst du erkennen,

dass ich es bin, der dich sendet:

Wenn ihr aus Ägypten auszieht,

werdet ihr auf diesem Berg

eurem Gott dienen.“3,12

„Aber“, wandte Mose ein,

„sie werden mir nicht glauben.

Wenn ich zu ihnen komme,

werden sie fragen:

Was ist das für ein Gott,

von dem du da redest?

Wie lautet sein Name?

Was soll ich dann sagen?“3,13

Gott sprach: „ICH BIN, DER ICH BIN.

Das ist mein Name auf ewig.

Den sollst du zu ihnen sagen.

So geh nun zurück

und sage den Israeliten:

ICH, der Gott eurer Väter

Abraham, Isaak und Jakob,

habe dich zu ihnen gesandt.“3,14f

Doch Mose zögerte noch.

„Ach Herr!“, erwiderte er.

„Sie werden mir nicht glauben.

Sie werden nicht auf mich hören.

Ja, sie werden sagen:

Gott ist dir gar nicht erschienen.“4,1

Da gab Gott ihm ein Zeichen.

Er befahl Mose:

„Wirf deinen Stab auf die Erde.“

Und siehe, da wurde der Stab

plötzlich zur Schlange.

Erschrocken wich Mose zurück.

Doch als er zupackte,

wurde die Schlange wieder zum Stab.4,2ff

Und Gott gab Mose noch ein Zeichen.

Er befahl: „Stecke deine Hand

in den Bausch deines Gewandes.“

Und als Mose sie herauszog,

war sie voller Aussatz.

Doch als er sie wieder einsteckte,

sieh, da wurde sie wieder rein.4,6f

Da sprach Gott zu Mose:

„Sie werden dir glauben,

wenn sie die Zeichen sehen, die du tust.

Wenn nicht, wirst du ihnen

noch viel Größeres zeigen.“4,8f

Doch Mose wehrte sich noch.

„Ach mein Herr!“, erwiderte er.

„Ich kann nicht gut reden.

Das Reden fiel mir von jeher sehr schwer,

aber jetzt noch viel mehr,

da du zu mir sprichst.“4,10

Gott antwortete:

„Wer hat dem Menschen

den Mund geschaffen?

Hab ich’s nicht getan? So geh nun hin!

Ich will mit deinem Mund sein

und dir zeigen, was du sagen sollst.“4,11

„Nein, nein!“, rief Mose.

„Sende, wen du willst, nur mich nicht!“4,13

Doch Gott entgegnete zornig:

„Dein Bruder Aaron kann reden.

Er soll für dich zum Volk reden.“

Da wagte Mose nichts mehr zu sagen.

Er machte sich auf und zog nach Ägypten,

wie Gott ihm gesagt hatte.

Nach der bedrückenden Vorgeschichte tritt nun die Wende ein. Gott kommt und bricht sein Schweigen. Er erscheint Mose in der Wüste und beruft ihn, den Mörder und Versager, zu seinem Diener und auserwähltem Boten. Diese Geschichte weist alle Merkmale auf, die für die Berufung eines Propheten typisch sind (Theophanie / Berufung / Widerspruch / Zuspruch und Zeichen des Zuspruchs / Sendung). Aber in Wahrheit bedeutet sie noch weit mehr: Über zwei Kapitel hinweg wird der Leser in einen einzigartigen Dialog zwischen Gott und Mose eingeweiht, wobei die Initiative einseitig von Gott ausgeht. Kennzeichen dieses Dialogs sind:

(1) Gott macht sich bekannt, und zwar verbindlich für alle Zeit. Er offenbart durch seinen Namen, wer er in Wahrheit war, ist und sein wird: Er ist derselbe Gott, der zu Abraham, Isaak und Jakob gesprochen hat, der Gott, der „Bund und Treue hält ewig“, der mit jedem Einzelnen seine Geschichte hat. Mag das Volk Israel in Ägypten seine Geschichte mit Gott vergessen haben, Gott selbst erinnert mit seinem Namen an die Geschichte, die er bereits mit seinem Volk hat. Gleich viermal stellt sich Gott in diesem Dialog als „der Gott der Väter, der Gott Abrahams, Isaaks und Jakobs“ vor. Er ist kein anderer als der, der sich hier mit seinem Namen JHWH bekannt macht. Sein Name beschreibt nicht, wie bei anderen Göttern, bestimmte Eigenschaften, sondern er steht für Gottes Einzigartigkeit, als der „ICH-BIN“, der „Ich bin für euch da“. M.a.W. Sein Name ist gleichbedeutend mit dem Versprechen: „Ich will mit dir sein“, ein Versprechen, das sich durch alle Geschichten der Bibel zieht.

So unbegreiflich nah kommt Gott dem Menschen: In seinem Namen macht er sich anrufbar und angreifbar zugleich, aber nicht verfügbar. Darum vermeiden die Juden seit jeher, den Namen Gottes auszusprechen, und ersetzen ihn durch die ehrfurchtsvolle Ansprache „Herr“.

(2) Gott widerlegt den Einwand Moses. Gleich fünfmal wendet Mose seine Bedenken ein. „Wer bin ich?“, fragt Mose angesichts der übergroßen Aufgabe, die Gott ihm zumutet. Zu groß sind die Hindernisse, die es zu überwinden gilt: Nicht nur der Pharao, auch das Volk Israel wird nicht auf ihn hören. Das größte Hindernis ist er selbst: Mose kann und möchte den Auftrag nicht annehmen. Aber Gott gibt ihm wiederholt seine Zusage: „Ich will mit dir sein“ (3,12), „Ich will mit deinem Mund sein“ (4,12). Und er gibt ihm nicht nur ein Zeichen, das ihn in seinem Auftrag bestärken und seine Autorität vor den Menschen bekräftigen soll, sichtbare Zeichen, wie etwa die Schlange oder die aussätzige Hand (4,2–9), sondern auch ein Zeichen, das sich erst in der Zukunft erfüllen wird (3,12). Mose hat keine Wahl. Viermal ergeht in dieser Geschichte an ihn der Sendungsbefehl: „Geh!“ Dieses Wort ist mehr als ein Befehl. Es ist Gottes schöpferisches Wort, das Mose aus seiner Erstarrung befreit und ihn zu neuem Leben erweckt.

Neukirchener Bibel - Das Alte Testament

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