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Mose und Aaron
ОглавлениеExodus 4,27–6,9
Ein neuer Pharao2,23
herrschte über Ägypten.
Aber das Leiden der Israeliten
nahm noch immer kein Ende.
Auch dieser Pharao hielt sie wie Sklaven.
Tag für Tag plagten die Israeliten sich ab,
stöhnten und klagten.
Doch niemand hörte auf ihre Klagen.
Unter ihnen war auch Aaron,
der ältere Bruder von Mose.
Seit Jahren hatte er nichts mehr
von seinem Bruder gehört.
Doch eines Tages war es ihm,
als hörte er Gottes Stimme:
„Auf, Aaron, steh auf!
Zieh deinem Bruder entgegen.
Er ist schon unterwegs zu dir.“4,27
Da machte sich Aaron
sogleich auf den Weg
und zog in die Wüste,
Mose entgegen.
Am Berg Gottes traf er auf ihn.
Seine Frau Zippora
und sein Sohn Gerschom begleiteten ihn.
Aaron lief auf sie zu,
umarmte und küsste seinen Bruder.4,27
Der aber sprach zu ihm:
„Jahwe, der Herr unser Gott,
ist mir erschienen.
Er hat eure Leiden gesehen
und eure Klagen gehört.
Und er ist gekommen,
um euch zu befreien.
Er hat mich zu euch gesandt,
damit ich euch aus Ägypten führe.
Aber du, Aaron, sollst dies
dem Volk verkünden.“4,28
So zogen die beiden
gemeinsam nach Ägypten zurück.
Dort sammelte Aaron sofort
alle Stammeshäupter um sich.
„Freut euch!“, rief er.
„Gott hat euer Leiden gesehen.
Er hat eure Klagen gehört.
Er ist gekommen, um euch zu befreien.“
Und er berichtete ihnen alles,
was Gott am Berg Horeb
Mose offenbart hatte.
Da horchten alle auf,
als sie die gute Nachricht vernahmen,
dass Gott der Herr ihr Elend gesehen
und ihr Schreien gehört hatte.
Und sie glaubten den Worten,
fielen auf die Knie und beteten Gott an.4,29ff
Da schöpften auch Mose und Aaron Mut.
Gemeinsam suchten sie den Pharao auf.
Mutig traten sie vor ihn hin:
„So spricht der Herr, der Gott Israels:
Lass mein Volk ziehen,
damit es in der Wüste
ein Fest für mich feiert!“
Aber der Pharao rief empört.
„Wer ist dieser Herr?
Wer wagt es, mir zu befehlen?
Ich kenne diesen Herrn nicht
und will auch nicht auf ihn hören.
Nein, ich lasse euch nicht ziehen.“5,1f
Doch Mose und Aaron erwiderten:
„Der Gott der Hebräer
ist uns in der Wüste erschienen.
Er ist der Herr, dem wir dienen.
So lass uns in die Wüste ziehen,
drei Tagereisen von hier.
Dort wollen wir unserem Gott
ein Opfer darbringen.“5,3
Aber der Pharao fiel ihnen ins Wort:
„Mose, Aaron, was fällt euch ein?
Warum bringt ihr euer Volk
auf solche Gedanken?
Ihr haltet sie nur von der Arbeit ab.
Niemals lasse ich euch ziehen.
Und nun verschwindet!
Los, an die Arbeit mit euch!“5,4
Darauf befahl Pharao seinen Aufsehern:
„Dieses Volk hat zu viel Zeit.
Darum gebt ihnen noch mehr Arbeit.
Von jetzt an sollen sie das Stroh
für die Ziegel selbst sammeln.
Dann vergehen ihnen
ihre dummen Gedanken.
Aber ihr Tagessoll
müssen sie trotzdem erfüllen.“5,6ff
Da luden die Aufseher den Sklaven
noch schwerere Zwangsarbeit auf.
Sie trieben die Israeliten
in die Sümpfe und auf die Felder.
Dort sammelten sie Häcksel,
formten unermüdlich Ziegelsteine
aus Lehm und aus Stroh.
Sie schufteten pausenlos,
von frühmorgens bis in die Nacht.
Doch am Tagesende hatten sie
ihr Tagessoll noch nicht erbracht.5,13f
Aber die ägyptischen Aufseher
nahmen sich ihre Vormänner vor,
schlugen sie und schrien sie an:
„Warum habt ihr
euer Soll nicht erreicht?“5,14
Die aber liefen zum Pharao
und beschwerten sich bitter:
„Warum behandelt man uns so schlecht?
Man schlägt uns
und gibt uns kein Häcksel?
So können wir unser Soll nie erreichen.“5,15f
Doch Pharao hielt ihnen vor:
„Ihr seid nur faul. Ja, faul seid ihr!
Darum sagt ihr: Wir wollen jetzt feiern.
Gar nichts wird euch erlassen.
Ihr sollt noch viel mehr schaffen.“
Und er jagte sie alle hinaus.5,17f
Draußen vor dem Palast
warteten Mose und Aaron auf sie.
Sie aber fielen über die beiden her.
„Mose, Aaron! Gott soll euch strafen.
Ihr beide seid schuld!
Warum seid ihr zum Pharao gegangen?
Seitdem ist alles für uns
noch viel schlimmer geworden.“5,21
Als Mose sein Volk so klagen hörte,
da verließ auch ihn aller Mut.
Er schrie zu Gott: „Ach Herr!
Warum tust du uns das an?
Warum hast du mich hierher gesandt?
Du wolltest dein Volk retten.
Aber nun wird es noch härter geplagt.“5,22f
Doch Gott sprach zu Mose:
„Nun sollst du sehen,
wie ich am Pharao handle.
Der Pharao muss euch ziehen lassen.
Durch meine Hand wird es geschehen.
Mit eigenen Augen wirst du es sehen.
Ich will euch von den Lasten befreien,
die die Ägypter auf euch gelegt haben.
Ich will euch annehmen
und zu meinem Volk machen
und will euer Gott sein.
Und ihr sollt erfahren,
dass ich der Herr bin:
Ich will euch in das Land bringen,
das ich euren Vätern
Abraham, Isaak und Jakob versprach.“6,6ff
Da verkündete Mose dem Volk alles,
was Gott ihm anvertraut hatte.
Aber das Volk war so verzagt
und von harter Arbeit geplagt,
dass es nicht auf ihn hörte.6,9
„Gott hat das Weinen seines Volkes gehört. Er hat ihr Leiden angesehen.“ Das ist die ermutigende Botschaft, die Mose seinem Volk vermitteln soll. Aber kann das Volk diese Botschaft annehmen?
Auf die anfängliche Hoffnung folgt bald Resignation durch vermehrte Schikanen der Ägypter. Die Lage wird immer verzweifelter, zumal auch Mose von der Verzweiflung seines Volkes angesteckt wird. Aber im Gegensatz zu seinem Volk richtet Mose seine Klage an Gott (5,22f). Sie zeigt Mose als Menschen, dem die Last seines Amtes als Mittler zwischen Gott und dem Volk zu schwer wird (vgl. Moses Klage in Num 11,11ff). Aber zugleich erscheint er in dieser Szene als mutiger Prophet, der es wagt, dem mächtigsten Herrscher jener Zeit entgegenzutreten. Sein vollmächtiges „So spricht der Herr“ zeigt an, wer in Wahrheit durch ihn spricht und wer die wahre Macht innehat: Nicht der Pharao, sondern „der Gott der Hebräer“ (5,3), der auf der Seite der Armen und Entrechteten steht und ihnen zu ihrem Recht verhilft!
Eine besondere Aufgabe kommt Aaron in dieser Geschichte zu. Während Aaron an späteren Stellen als Priester vorgestellt wird, hat er hier die Aufgabe, Dolmetscher seines Bruders und Mittler zwischen Mose und seinem Volk zu sein. Im Verlauf der folgenden Erzählungen zeigt sich immer deutlicher, wie nötig Mose die Unterstützung durch seinen Bruder hat.