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Einige Wochen waren seit dem schrecklichen Unglück vergangen, bei dem wir einen großen Teil unseres Hab und Guts verloren hatten. Ich hatte mich in die Arbeit gestürzt und sorgte dafür, daß der Wiederaufbau rasch voranging.

Allmählich erwachte auch Vater aus der Starre, die ihn nach dem Tod von Tante Sarah befallen hatte. Das Leben bei den Devanes war nicht besonders komfortabel. Vater und ich hatten je nur ein relativ kleines Zimmer zur Verfügung, und auch was unsere Zeitplanung betraf, waren wir nicht frei, sondern mußten uns nach unseren Gastgebern richten.

Am wenigsten gefielen mir jedoch die Avancen der jüngeren Tochter des Hauses. Helena tat alles, um in meiner Nähe sein zu können, und das in sehr auffälliger Manier. Offenbar hatte sie die Zahl der Tänze, die ich ihr auf dem Ball geschenkt hatte, doch auf eine für mich unangenehme Weise gedeutet. Sie schien sich ernste Hoffnungen zu machen. Sicher, sie war ein hübsches Ding und würde mir gut zu Gesicht stehen. Doch weder ihr unbedeutendes Vermögen noch ihre gesellschaftliche Stellung, geschweige denn ihr Verstand konnten meinen Ansprüchen genügen. Ich wollte sie jedoch auch nicht vor dem Kopf stoßen, denn vorläufig waren wir auf das Wohlwollen ihrer Eltern angewiesen. Wenn ich ihrer Mutter sagte, daß ich keinerlei Absichten hegte, würde diese uns womöglich die Gastfreundschaft kündigen. Denn aus einigen ihrer Bemerkungen schloß ich, daß sie durchaus ähnliche Hoffnungen wie ihre Tochter zu hegen schien.

Ebenso wenig gefiel mir allerdings auch, was ich bei Vater beobachten mußte. Auch wenn er glaubte, es mir verheimlichen zu können – er verbrachte auffallend viel Zeit mit Elizabeth Devane. Als ich ihn einmal unter vier Augen darauf ansprach, winkte er ab.

„Ihre Jugend und ihr ruhiges Wesen tun mir gut, mein Sohn. Sie hat mich wieder ins Leben zurückgeholt. Ich mag es, mit ihr zu reden und ein wenig Zeit zu verbringen.“

Ich sah ihn eine Weile nachdenklich an und sagte dann:

„Dagegen ist nichts einzuwenden. Sieh nur zu, daß sie sich keine Hoffnungen macht.“

Vater nickte auffallend schnell.

„Sorge dich nicht, mein Sohn.“

Ich sorgte mich dennoch, denn ich sah ihn immer häufiger mit Elizabeth zusammen und bemerkte, wie er versuchte, mir das zu verheimlichen. Welchen Grund konnte es dafür geben? Ich befürchtete das Schlimmste. Ich beobachtete verstärkt Elizabeth und ihre Reaktion, wenn Vater sie ansprach. Wirkte sie verliebt? Ich hatte nicht den Eindruck. Sie war freundlich und lächelte oft, wenn er mit ihr sprach. Doch sie senkte auch oft den Blick und verhielt sich so ganz anders als Helena, deren Annäherungsversuche immer auffälliger wurden. Ich fragte mich manchmal, wie die beiden jungen Frauen Schwestern sein konnten. Sie schienen so gänzlich verschieden. Nicht nur vom Äußeren her – die eine blond, die andere dunkelhaarig. Die eine schlank und grazil, die andere eher mit einer fast bäurisch zu nennenden Figur. Was Vater an ihrer Gesellschaft fand, begriff ich nicht.

Aber ich sollte es bald erfahren.

Ich war damit beschäftigt, auf der Baustelle nach dem Rechten zu sehen, als ich plötzlich in der Ferne zwei Reiter gewahrte. Als sie näher kamen, erkannte ich Vater und Elizabeth Devane. Überrascht begrüßte ich sie:

„Vater! Ich wußte nicht, daß du auch hierher kommen würdest.“

Es war in der Tat das erste Mal seit dem schrecklichen Unglück, daß er sich für die Bauarbeiten interessierte. Bisher hatte ich schalten und walten können, wie ich wollte. Ich hoffte, daß sich das nicht ändern würde. Vater erwiderte etwas kühl:

„Miss Devane brachte mich auf die Idee, mir die Baustelle anzusehen. Ich finde, es ist endlich an der Zeit, mit der Vergangenheit abzuschließen und mich dem hier zu stellen.“

Er warf einen Blick auf die Fassade des Westflügels, die nur noch an einer Stelle rauchgeschwärzt war. Zur Zeit wurden die neuen Fenster eingebaut. Ich sagte nicht ohne einen gewissen Stolz:

„Du siehst, es geht gut voran. In einer Woche sollten alle Fenster eingebaut und die Fassade komplett neu gestrichen sein. Ich habe auch schon die Absprachen mit dem Architekten wegen der Innenausstattung getroffen. Wenn du möchtest, zeige ich dir alles.“

Er nickte, stieg ab und half dann Elizabeth aus dem Sattel. Dabei sagte er:

„Ich bitte darum. Soweit ich weiß, ist der Westflügel am meisten in Mitleidenschaft gezogen worden. Ich werde dir bei dessen Gestaltung nicht dreinreden. Ich möchte nur bei der Gestaltung des Hauptsalons ein Wörtchen mitreden. Kommen Sie, Elizabeth.“

Das klang gar nicht so übel. Wenn er mir bei der Ausstattung meines Wohnflügels freie Hand ließe, wäre ich zufrieden. Zu dritt begaben wir uns in den Salon, der zentral zwischen den beiden Flügeln gelegen und stets der Dreh- und Angelpunkt unseres Hauses gewesen war.

Der Raum bot einen traurigen Anblick. Die Wandbespannung war vollständig zerstört. Einige Möbel hatten wir retten können, doch die Gemälde und Vorhänge waren ebenfalls ein Opfer der Flammen geworden. Ich beobachtete Vater. Bei dem Anblick, der sich ihm bot, mußte sich ihm das Herz zusammenkrampfen. Doch er war bemerkenswert tapfer und verzog keine Miene.

Nachdem er den Schaden begutachtet hatte, wandte er sich an Elizabeth, die schweigend an der Tür stehengeblieben war:

„Miss Devane, mit welchen Farben würden Sie diesen Raum gestalten?“

Was sollte das denn? Warum fragte er diese Person nach ihrer Meinung? Doch noch bevor ich protestieren konnte, antwortete sie:

„Das hängt von verschiedenen Faktoren ab, Mr LeFroy. Ich nehme an, daß Sie sich häufig in diesem Raum aufhalten werden?“

Er nickte und sagte:

„In der Tat. Hier findet der größte Teil unseres Familienlebens statt. Hier werden Gäste begrüßt und Soireen gehalten. Wir müssen also einen guten Eindruck erwecken.“

Sie schien zu überlegen und musterte dabei die Umgebung. Dann fragte sie:

„Es sieht so aus, als ob der Raum nach Süden gelegen ist?“ Vater bestätigte dies, und sie fuhr fort: „Die Sonneneinstrahlung durch die großen Fenster wird im Sommer enorm sein. Dunkle Wandbespannungen würden leicht ausbleichen. Ich würde also eine helle Farbe wählen.“

Vater nickte wohlwollend.

„Ein sehr guter Gedanke, Miss Devane. An welche Farbe dächten Sie denn?“

„Es hängt auch ein wenig von der Bespannung der Möbel ab.“

„Die Möbel, die wir gerettet haben, haben eine dunkelrote Samtbespannung.“

„In diesem Fall würde ich ein sehr helles Gelb vorschlagen. Das gibt einen hübschen Kontrast.“

Hier mußte ich eingreifen.

„Aber das widerspricht jeglicher Tradition! Die Farbe der Wandbespannung muß der Farbe der Möbel entsprechen. Alles andere würde wie willkürlich zusammengestellt wirken!“

Elizabeth wirkte betroffen und senkte den Blick. Vater entgegnete ärgerlich:

„Warum soll man nicht einmal neue Wege beschreiten? Mir gefällt die Idee, und ich werde mit dem Architekten darüber sprechen.“

„Vater, es…“

Elizabeth unterbrach uns:

„Verzeihen Sie bitte, ich ziehe mich für einen Moment zurück.“

Das paßte mir sehr gut. Nachdem sie gegangen war, versuchte ich, auf Vater einzuwirken:

„Vater, weshalb fragst du sie nach ihrer Meinung? Sie hat keine Ahnung von Innengestaltung. Sie hat… keine Ahnung von irgend etwas. Was hat sie hier zu suchen?“

Mir fiel auf, daß er mir bei seiner Antwort nicht in die Augen sah:

„Das geht dich nichts an.“

Ich fühlte mich brüskiert.

„Und ob es mich etwas angeht, Vater! Du machst dich vollkommen lächerlich. Was sollen die Leute denken, wenn du mit so einer jungen…“

„Genug!“ Er brüllte es beinahe und sah mir endlich in die Augen. „Wage nicht, so mit mir zu reden! Vergiß nicht, wem du hier Respekt schuldest, Louis! Du hast dich nicht darum zu kümmern, mit wem ich aus welchem Grunde meine Zeit verbringe.“

Er hielt inne, wie um sich selbst zu beruhigen. Dann wechselte er abrupt das Thema:

„Erkläre mir, wie der Aufbau des Westflügels ab sofort vor sich gehen wird.“

Ich verzichtete auf weiteren Widerspruch. In diesem Moment hatte es keinen Zweck, mit ihm zu streiten. Ich kannte ihn gut genug. Und ich wollte es mir nicht mit ihm verderben.

So begaben wir uns zum Westflügel und ich führte ihn durch die Ruinen. Ich erläuterte ihm den Zeitplan und die wahrscheinlich entstehenden Kosten. Hier und da äußerte er Widerspruch und mahnte zu günstigeren Varianten. Ich lenkte jedes Mal ein.

Als wir schließlich in den Salon zurückkehrten, war auch Elizabeth wieder dort. Sie erwartete uns mit gesenktem Blick. Vater trat auf sie zu und erklärte ihr, daß er das Haus in Zukunft mit Gasbeleuchtung versehen wolle.

„Gasbeleuchtung? Ich habe davon gehört, Mr LeFroy. Aber ist das nicht sehr teuer?“

Vater schüttelte den Kopf und erwiderte:

„Im ersten Moment sind die Anschaffungskosten recht hoch. Aber in Zukunft wird es sich rentieren. Denken Sie nur, was wir an Kerzen sparen werden…“

Den weiteren Verlauf des Gesprächs hörte ich nicht mehr, denn beide begaben sich zurück zu den Pferden. Ich hatte nicht das Bedürfnis, mit ihnen zu reiten. Ich mußte mir über einiges klar werden.

Und dazu mußte ich allein sein.

***

Das Geheimnis von Sunderley

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