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Nachdem Elizabeth und Edward LeFroy zu ihrem Spaziergang aufgebrochen waren und ich beobachtet hatte, wie Emma und Aphrodite den beiden hinterher geeilt waren, bestand für mich kein Zweifel mehr: Emma beabsichtigte, Mr LeFroy in ihre Familie zu integrieren!

Aber nicht mit mir! Ich beschloß, mit meinem Mann über das Problem zu reden. Ich fand ihn, wie meist am Vormittag, in der Bibliothek, und kam ohne Umschweife auf die lästige Angelegenheit zu sprechen:

„William, ich muß mit dir reden. Gestern abend hat mir Emma eröffnet, daß sie und Aphrodite gern noch einige Wochen bleiben wollen (wobei offensichtlich ist, daß dieser Wunsch von Emma ausgeht). Aber ich kann sie bereits jetzt nicht mehr ertragen! Sie sind nun schon über eine Woche hier – von Anstand scheinen sie noch nichts gehört zu haben! Einen solch langen Besuch macht man erstens nur, wenn man ihn vorher ankündigt, und zweitens und überhaupt sollte man seine Verwandten nicht so lange belästigen!“

William sah mich mit undurchdringlicher Miene an. Ich holte kurz Luft und setzte dann meinen Spaziergang durch die Bibliothek und meine Rede fort.

„Und dann diese ständigen Sonderwünsche! Warmes Wasser zum Waschen am Morgen! Was das kostet! Frühstücken will sie erst um zehn Uhr, Mittagessen um halb drei... Unseren gesamten Tagesablauf bringen sie durcheinander! Und heute morgen ist mir endgültig klargeworden, warum sie sich noch hier aufhalten: Emma scheint ein Auge auf die Herren LeFroy geworfen zu haben. Hast du gesehen, wie sie Mr LeFroy und Elizabeth hinterhergestürzt ist? Einfach unerträglich! Wir müssen versuchen, sie loszuwerden. Aber wie nur?“

Ich hielt inne und sah William gespannt an. Ich hatte längst meinen Schlachtplan entworfen, wollte aber, daß mein Mann als Blutsverwandter Emmas mir Rückendeckung gab. Dazu mußte ich wissen, wie er zu ihr stand. Endlich äußerte er sich:

„Catherine, es tut mir sehr leid, daß dir meine Verwandtschaft solche Kopfschmerzen bereitet. Aber ich stimme dir ausnahmsweise einmal zu: dieser Besuch ist nicht länger zu ertragen. Nur habe ich leider keine Idee, wie wir die Damen möglichst höflich loswerden könnten.“

Er machte ein betroffenes Gesicht. Doch auf diese Hilflosigkeitsbekundung hatte ich nur gewartet:

„William, ich bin nur froh, daß du mit mir übereinstimmst. Mir ist bereits eine Idee gekommen. Hör zu!“

Ich beendete mein Auf- und Abgehen und setzte mich William gegenüber auf einen der beiden Sessel, die in der Bibliothek standen.

„Wir müssen Emmas Plan vereiteln. Wenn sie erfährt, daß die Herren LeFroy vergeben sind, wird sie sofort abreisen. Dessen bin ich mir sicher.“

William sah mich verdutzt an. Er konnte meinen Gedankengängen wieder einmal nur schwer folgen. Männer sind eben, was kluge Planung anbelangt, nicht sehr helle. Obwohl ich dies hätte wissen müssen, reagierte ich etwas gereizt darauf, daß er meinen überragenden Plan nicht sofort mit Lob bedachte.

„Aber William, es ist doch ganz einfach! Wir müssen nur versuchen, Emma einzureden, daß beide Herren LeFroy verlobt sind. Zum Beispiel Louis mit Helena und Edward mit… mit irgendeiner weitläufigen Cousine! Dann hat Emma keinen Grund mehr hierzubleiben, und sie wird ihren Aufenthalt bei uns schnell beenden.“

William sah mich skeptisch an. Er hatte da anscheinend seine Bedenken, die er auch äußerte. Solch ein gewagter Plan könnte sehr schnell das Gegenteil dessen, was beabsichtigt war, bewirken. Ich mußte ihm teilweise zustimmen:

„Du hast recht, William, wir müssen natürlich erst die Herren LeFroy fragen, ob sie einverstanden sind, sich mit Helena und dieser imaginären Cousine zum Schein zu verloben. (Lizzie brauchen wir gar nicht erst anzubieten, da würden sie sofort ablehnen.) Es ist ohnehin nur pro forma, unter uns, sozusagen. Nichts wird davon an die Öffentlichkeit dringen. Ach, am besten, ich mache mich gleich auf die Suche nach Louis LeFroy. Er wird unsere Notlage sicher verstehen und kann dann auch seinen Vater von unserem Plan überzeugen.“

Ohne eine Entgegnung meines Mannes abzuwarten machte ich mich auf die Suche nach dem besagten jungen Mann. Ich fand ihn bei den Stallungen. Er war gerade dabei, sein Pferd zu satteln, wahrscheinlich für einen Ritt nach Stonehall. Als er mich so forsch angelaufen kommen sah, beauftragte er den Stallknecht, die Arbeit zu beenden. Er kam mir einige Schritte entgegen, damit ich nicht durch den Unrat und über das feuchte Gras waten mußte. Ich indessen verlangsamte meinen Schritt, denn ich war in den letzten Minuten doch etwas unsicher geworden, wie ich die Sache beginnen sollte. Schließlich konnte ich schlecht auf dem direkten Wege mit der Tür ins Haus fallen, das würde womöglich noch den Widerstand der beiden Herren provozieren und wäre denn doch gar zu unhöflich. Nein, ich mußte einen diplomatischen Umweg wählen. Von weitem rief ich deshalb:

„Mr LeFroy, welch ein Zufall. Da habe ich gleich eine Begleitung für meinen kleinen Spaziergang. Wissen Sie, mein Mann ist beschäftigt, meine Töchter sind ausgegangen, und ich würde nur ungern allein gehen. Würden Sie mich begleiten?“

LeFroy junior schien nicht begeistert über den Vorschlag, das sah ich an seinem Gesichtsausdruck, aber die Höflichkeit und die Dankbarkeit für unsere Gastfreundschaft ließen ihm im Grunde keine andere Wahl. Er gab dem Knecht einen Wink, sein Pferd wieder in den Stall zu führen, und wandte sich liebenswürdig an mich:

„Aber natürlich, Mrs Devane. Es wird mir ein Vergnügen sein, Ihnen Gesellschaft zu leisten. Wohin gehen wir denn?“

Ich war sehr zufrieden mit meinem genialen Einfall und mit seiner Zusage. Meine Freude half mir auch, den Plan weiter zu entwickeln.

„Ich wollte ins Dorf. Wissen Sie, ich benötige einige Dinge, und ich dachte, bei diesem herrlichen Wetter kann man den Weg ruhig einmal zu Fuß zurücklegen. Meinen Sie nicht auch?“

Er nickte ergeben und bot mir den Arm. Gemeinsam brachen wir in Richtung Langton Green auf. Unterwegs versuchte ich, auf verschiedenen Umwegen das Thema ‚Hochzeit’ anzuschneiden, doch es wollte mir nicht recht gelingen. Es schien fast, als ob mein Begleiter immer dann, wenn ich kurz vor meinem Ziel stand, einen Rückzieher machte und das Thema äußerst geschickt wechselte. So erreichten wir schließlich das Dorf, ohne daß ich auch nur den geringsten Erfolg verzeichnen konnte.

Schließlich blieb ich etwas ratlos stehen. Ich hatte gehofft, daß ich Louis LeFroy recht bald überzeugte und wir dann unter irgendeinem Vorwand wieder nach Hause zurückkehren könnten. Aber nun stand ich im Dorf und wußte nicht recht, was ich denn hier sollte. Wir hatten den direkten Weg gewählt und waren weder auf die Damen Gallingher noch auf Lizzie und Edward LeFroy gestoßen. Ob sie den Umweg über die ‚Bank der Verliebten’ genommen hatten, um das Dorf zu umgehen?

Wie ich noch so stand und überlegte, entdeckte ich plötzlich Lizzie und Edward LeFroy, die aus dem Haus von dieser Maud Emmerane kamen. Lizzie war merkwürdig blaß und stützte sich auf Edward. Der machte eine finstere Miene und schien drohende Gedanken hinter seiner umwölkten Stirn zu wälzen. Unschlüssig blieben die beiden auf der Straße stehen. Ich eilte erleichtert auf sie zu, bot sich mir doch eine Möglichkeit, meiner unangenehmen Lage zu entkommen.

„Lizzie! Kind, welch ein Zufall, daß wir uns hier treffen! Nicht wahr?“ Ich wandte mich an ihren Begleiter. „Ich dachte, Sie sind mit den Gallinghers gemeinsam aufgebrochen?“

Er nickte finster.

„In der Tat, Mrs Devane, Sie haben gut beobachtet. Leider ist uns ein… bedauerlicher… Zwischenfall… Sie verstehen?“

Ich machte große Augen. Natürlich verstand ich kein Wort.

„Ein Zwischenfall? Doch nicht etwa ein Unfall?“

Ich fühlte ehrliche Sorge. Auch wenn ich meine Verwandten nicht mochte, so wünschte ich ihnen doch nichts Böses an den Hals. Zumindest nicht direkt. LeFroy wand sich sichtlich und suchte nach den richtigen Worten. Er warf besorgte Blicke zu seinem Sohn, der inzwischen ebenfalls herangekommen war. Aber es half wohl nichts, denn er sagte leise:

„Nun, Mrs Devane… ich bitte Sie inständig, erschrecken Sie nicht. Und auch du, Louis, höre mich bitte ruhig an.“ Er unterbrach seine Rede noch einmal, wobei er plötzlich etwas panisch wirkte. Ich drehte mich um und folgte seinem Blick. Vom anderen Dorfende her, genauer gesagt aus der Richtung der ‚Bank der Verliebten’, näherten sich zwei offensichtlich weibliche Gestalten unserem Standort. LeFroy beeilte sich nun mit seiner Erklärung:

„Ich kann Ihnen die näheren Umstände in diesem Moment nicht erklären, ich möchte Sie nur bitten, mir zu vertrauen und das Spiel mitzuspielen.“ Unruhig blickte er zu den zwei Frauen, die sich rascher und rascher näherten. „Ich… ich habe den Gallinghers gesagt, daß ich Elizabeth heiraten werde. Glauben Sie mir, es war eine Notlage, in der ich eine Notlüge gebrauchen mußte. Wieso und weshalb, das erkläre ich Ihnen zu Hause. Bitte spielen Sie gegenüber den Damen nur mit und tun Sie so, als ob diese Verlobung schon … nun, einige Zeit bestünde.“

Ich war zu verblüfft, um etwas zu erwidern, und nickte nur mit offenem Mund. Erstaunt sah ich zu Lizzie, die mit geradezu versteinertem Gesicht den Blick gesenkt hielt. Allmählich breitete sich eine gewisse Zufriedenheit in mir aus, denn so hatte ich mein Ziel ja schon halb erreicht – und alles ohne mein Zutun. Daß es nun Lizzie getroffen hatte, konnte mir gleich sein – es war ohnehin nur alles zum Schein. Mittlerweile waren auch die Gallinghers herangekommen und es gab ein großes Hallo wegen des unerwarteten Zusammentreffens. Gemeinsam kehrten wir dann nach Sunderley zurück. Edward LeFroy wußte es so einzurichten, daß er neben seinem Sohn voranlief. Während er einen gewissen Abstand zu den Damen hinter uns forcierte, ahnte ich, daß er Louis die grobe Sachlage erläuterte. Ich redete derweil mit Emma, die plötzlich ein entsetztes „Nein!“ ausstieß. Ich hatte sie um ihre Diskretion gebeten, hätte mir aber denken können, daß es damit nicht weit her war. Immer noch etwas zu laut, rief sie:

„Aber ist das denn auch wirklich wahr?“ Sie wandte sich an Louis LeFroy, der mit seinem Vater stehengeblieben war: „Mr LeFroy, wollen Sie wirklich Helena Devane ehelichen?“

An seinem verblüfftem Gesicht hätte sie sehen können, daß er mindestens ebenso überrascht war wie sie, doch sein Vater sprang geistesgegenwärtig mir als seiner künftigen Schwiegermutter bei und versicherte glaubwürdig:

„Aber natürlich, Mrs Gallingher. Ich wollte es Ihnen vorhin mitteilen, aber Sie waren schon so überrascht von der einen Nachricht, daß ich Sie mit der zweiten nicht auch noch konfrontieren wollte. Freuen Sie sich denn gar nicht für uns?“

Emmas Freude hielt sich offenbar in Grenzen. Ihre Miene sprach Bände. Schließlich jedoch zog sie es vor, erst einmal in Ohnmacht zu fallen, wahrscheinlich, um ihre nächsten Schritte in Ruhe überdenken zu können.

***

Das Geheimnis von Sunderley

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