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Hooligans

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Zur Jahrtausendwende stand mit den Hooligans ein kleiner Teil der Fan-szene im Blickfeld der Öffentlichkeit. Ursächlich dafür waren auch Ausschreitungen deutscher Gewalttäter während der 1998 in Frankreich ausgetragenen WM, in deren Verlauf sie in Lens einen Polizisten derart schwer verletzten, dass er zu einem lebenslangen Pflegefall wurde.17 Die Politik reagierte darauf mit verstärkter Repression. Dazu gehörten Polizeieinsätze während der Spiele, Stadionsperren, Strafverfahren und die Arbeit der bei der nordrhein-westfälischen Polizei angesiedelten „Zentralen Informationsstelle Sporteinsätze“ (ZIS) mit ihrer Datei „Gewalttäter Sport“.

Andererseits verbesserten politische Entscheidungsträger auch ihren Wissensstand. Dem dienten nicht nur die polizeilichen Erkenntnisse der „Szenekundigen Beamten“ (SKB), sondern auch die Ergebnisse eines durch das Bundesministerium des Innern initiierten Forschungsprojektes. Dies stellte fest, dass die meisten Hooligans, entgegen wiederholt in den Medien geäußerter Auffassungen, Fußballspiele nicht allein als Austragungsbühnen nutzen, sondern in der Regel in ihren lokalen Fanszenen, häufig als vormalige Kuttenträger, aufgewachsen sind.18

Für die Hooligans hatte die Modernisierung negative Auswirkungen. Sie hatten bereits Ende der 1990er Jahre auf ansteigende Sicherheitsmaßnahmen in und um die Spielstätten mit einer Verlagerung ihrer Aktivitäten reagiert. So stellte die ZIS seit der Spielzeit 1997/98 eine Tendenz zu verabredeten Kämpfen abseits der Stadien und sogar der Spielzeiten fest.19 Die baulichen Gegebenheiten der neuen Stadien/Arenen bewirkten eine weitere Verschlechterung ihrer Handlungsmöglichkeiten. Verbesserte Absperrungen erschwerten ein gewaltsames Eindringen in gegnerische Blöcke von außen, und die übersichtlichere Gestaltung der Ränge erschwerte den unauffälligen Positionswechsel innerhalb der eigenen Blöcke. Darüber hinaus ermöglichte neue Kameraüberwachungstechnik bei Ausschreitungen die rasche Zuführung von Ordnungskräften, die Identifizierung von Tätern sowie die Beweissicherung für Strafverfahren. Während sich der Handlungsspielraum der Hooligans in den modernen Spielstätten der 1. und 2. Bundesliga einschränkte, war für sie die Lage bei unterklassigen Vereinen günstiger. Das betraf insbesondere die in schwierigen wirtschaftlichen Umfeldern arbeitenden ostdeutschen Klubs.

Negative Auswirkungen auf den Hooliganismus dürften nicht nur der verbesserte Erkenntnisstand staatlicher Stellen, deren Repressionsmaßnahmen und die Modernisierungen der Spielstätten gehabt haben, sondern auch zwei weitere Aspekte, welche die Gewinnung von Nachwuchs betrafen. Den ersten bildeten sozialpädagogisch arbeitende Fanprojekte, die sich auch um gewaltgeneigte Jugendliche kümmerten. Der andere war die sich ausweitende Bewegung der Ultras, in der junge Fußballanhänger, die sich nicht auf ein übliches Fanleben beschränken wollten, ihre Leidenschaften ausleben konnten, ohne dabei zwangsweise gewalttätig werden zu müssen. Die sich für die Hooligans zwischen 2000 und 2010 in den obersten Spielklassen verschlechternden Rahmenbedingungen korrespondierten mit einer Verminderung ihres Personenpotenzials in einem Zeitraum, in dem die Gesamtzuschauerzahlen stark anstiegen.

Ultras im Abseits?

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