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Finanzen

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Zur Modernisierung des Fußballs gehörten Bemühungen, aus wirtschaftlichen Gründen neue Formen der Verfasstheit von Vereinen zu etablieren. Dazu kam eine Ausweitung des Engagements von Investoren, das weit über ein gewöhnliches Sponsoring hinausging.

Einen folgenschweren Anlauf unternahm Borussia Dortmund, als der Verein2 im Oktober 2000 Aktien zum Ausgabekurs von elf Euro herausgab.3 Der Klub investierte die dadurch erworbenen Gelder in Spitzenspieler sowie den Stadionausbau und erwartete einkalkulierte Erfolge sowie damit verbundene Gewinne. Viele Anhänger des proletarisch geprägten Vereins widersetzten sich jedoch, da sie dessen Ausverkauf an fremde Finanziers fürchteten, denen Gewinne wichtiger waren als der Klub. Sie sahen sich durch die Situation in England gewarnt, wo etwa Manchester United zum Investitionsobjekt eines ausländischen Großinvestors geworden war, der über eine erhebliche Anhebung der Eintrittspreise langjährige Anhänger mit geringerem Einkommen verdrängt hatte. Die Befürchtungen der Borussen-Fans erfüllten sich, als die angepeilten Erfolge und damit die nötigen Gewinne ausblieben und 2005 zeitweilig die Existenz des damals völlig überschuldeten Vereins auf dem Spiel stand. Während die Anteilseigner erhebliche Verluste hinnehmen mussten,4 gelang dem Klub jedoch in seiner Notlage ein sportlicher Neuanfang, indem er talentierte Nachwuchsspieler einsetzte. Die dann in der Saison 2010/11 errungene Meisterschaft setzte nicht nur einen Kontrapunkt zum gescheiterten Projekt, sondern bestätigte die Vorbehalte vieler traditionell eingestellter Fußballanhänger gegen derartige Finanzierungsformen.

Eine weitere Vorgehensweise war erfolgreicher, stieß jedoch ebenfalls auf Ablehnung. Es waren hochprofessionell aufgebaute Vereine, die ohne dominante Unterstützung eines einzelnen Wirtschaftsakteurs kaum in der Lage gewesen wären, eine Rolle in der 1. Bundesliga zu spielen.5 Das betraf mit Bayer Leverkusen, dem VfL Wolfsburg und der TSG 1899 Hoffenheim drei Klubs, die lediglich über relativ begrenzte Anhängerscharen verfügten und bundesweit häufig als „Retortenvereine“ bezeichnet wurden. Hinter Bayer Leverkusen stand mit dem Chemieriesen Bayer ein weltweit operierendes Großunternehmen. Auf dessen Unterstützung reagierten viele traditionell eingestellte Fans anderer Vereine mit einer grundsätzlichen Ablehnung, indem sie Bayer Leverkusen als „Werkself“ oder „Plastikverein“ verspotteten. Wie grundsätzlich diese Zurückweisung war, zeigte sich daran, dass sie erfolgte, obwohl der Klub über eine rund hundertjährige Tradition verfügt, aus dem aufrichtig betriebenen Mitarbeitersport des Konzerns entstanden war und durch eine seit 1979 bestehende Erstklassigkeit zu einem festen Bestandteil der 1. Bundesliga geworden war.

Abgelehnt wurde mit dem VfL Wolfsburg ein zweiter von einem Großkonzern abhängiger Verein, obwohl auch er kein alleiniges Marketing-Projekt war, sondern ebenfalls dem Betriebssport entstammte. Der mit der Unterstützung des Autoherstellers Volkswagen 1997 in die 1. Bundesliga aufgestiegene Klub etablierte sich nicht nur nach der Jahrtausendwende, sondern errang 2009 die Deutsche Meisterschaft. Damit nahm er den Gegnern dieser von einzelnen Wirtschaftsakteuren entscheidend geförderten Bundesligisten ihre sich auf die zuvor erfolglos gebliebenen Titelaspirationen Bayer Leverkusens fußende Hoffnung, dass „Geld keine Tore schießt“.

Im gleichen Jahr beendete mit der TSG 1899 Hoffenheim ein weiterer von einem dominierenden Wirtschaftsakteur abhängiger Verein seine erste Saison in der höchsten deutschen Spielklasse. In diesem Fall stand kein Großkonzern hinter dem Erfolg, sondern eine vermögende Einzelperson, die jedoch als Gründer des Softwaregroßkonzerns SAP über erhebliche Geldmittel verfügte. Es war der Milliardär Dietmar Hopp, der sich 1990 entschlossen hatte, seinen Heimatverein nach dessen Abstieg in die Kreisklasse A finanziell im großen Maß zu unterstützen.6 Obwohl es sich bei Hopp um einen seine Heimatregion großzügig unterstützenden Sportmäzen im klassischen Sinn handelte, war er nicht nur für traditionell eingestellte Fans ein Feindbild. Während in Leverkusen und Wolfsburg unpersönliche Weltkonzerne hinter den Erfolgen standen, personalisierte sich aus der Sicht vieler Fans hergebrachter Vereine in Dietmar Hopp die abzulehnende Entwicklung. Sie sahen eine Wettbewerbsverzerrung und in dem Mäzen ein Feindbild. Daraufhin äußerte sich ein regelrechter Hass auf Dietmar Hopp nicht nur in beleidigenden Sprechchören, sondern auch in während der Spiele präsentierten Bannern. Darunter war ein Banner, das sein mit einer Zielscheibe versehenes Gesicht zeigte.7

Für traditionell eingestellte Fans anderer Mannschaften bedeuteten die Erfolge von Bayer Leverkusen, des VfL Wolfsburg und der TSG 1899 Hoffenheim nicht nur, dass sich drei von einzelnen Wirtschaftsakteuren entscheidend geförderte Klubs in der 1. Bundesliga etabliert hatten, sondern auch die Existenz von drei stimmungsarmen Heimspielen und drei unattraktiven Zielen für Auswärtsfahrten. Die Präsenz der drei Klubs in der 1. Bundesliga bedeutete zudem, dass es für alteingesessene Vereine schwieriger wurde, in die höchste Spielklasse aufzusteigen. Darüber hinaus sahen die Gegner der drei Klubs die Gefahr, dass deren Erfolge weitere Wirtschaftsakteure zu vergleichbaren Engagements animieren und mittelfristig weitere „Retortenvereine“ eine gewichtige Rolle im nationalen Fußball einnehmen könnten.

Dass diese Befürchtung nicht unbegründet war, belegte die Entstehung von Rasenball Leipzig. Dabei handelte es sich nicht um einen Verein mit eigenen Wurzeln, sondern um das Resultat eines kühl kalkulierenden Wirtschaftshandelns. Dessen Hintergrund bildeten die zuvor erfolgreichen Projekte des österreichischen Getränkeherstellers Red Bull, der in verschiedenen Ländern Fußballteams als reine Träger für seine Werbung aufgebaut hatte. Als die Firmenvertreter 2009 die Oberligalizenz eines Leipziger Vorortvereins erwarben und ihr Projekt großzügig mit Finanzmitteln ausstatteten, um mittelfristig den Weg in die 1. Bundesliga zu beschreiten, entstand nicht nur für viele Fans der sächsischen Traditionsvereine ein absoluter Gegenentwurf zu allem, was der Fußball für sie bedeutete.8

Vor diesem Hintergrund sorgte Hannover 96 für weitere Unruhe, als dessen Präsident ab 2008 danach trachtete, die sogenannte 50+1-Regel abzuschaffen. Diese in § 16c der Statuten des Deutschen Fußball-Bundes (DFB) enthaltene Vorschrift behinderte Großinvestoren, indem sie eine mehrheitliche Beteiligung eines Vereins verlangte, falls eine Kapitalgesellschaft eine Lizenz erwerben wollte. Letztendlich bekannte sich das Schiedsgericht DFB zwar 2011 zu dieser Regel, lockerte sie jedoch, indem es den dominierenden Einstieg von Investoren zuließ, sofern sie länger als 20 Jahre mit dem Klub verbunden waren.9 Damit blieb die Regelung zwar auf den ersten Blick bestehen, wurde aber dahingehend abgeschwächt, dass, wenn auch unter erheblichen Einschränkungen, durchaus die Möglichkeit des Auftretens entscheidender Wirtschaftsakteure bestand.

Ultras im Abseits?

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