Читать книгу Markenrecht - Jennifer Fraser - Страница 143

c) Sonstige vergleichbare Werke

Оглавление

89

Erste Hinweise für die Herausarbeitung eines kennzeichenrechtlichen Werkbegriffes (vgl Rn 84) liefert bereits die Rspr zu § 16 Abs 1 aF, die den Titelschutz auch auf Festivals und Spiele ausgedehnt und damit zumindest im letzteren Fall den Kreis der in Abs 3 genannten Werke verlassen hat (BGH NJW-RR 1989, 1201 – Festival Europäischer Musik; BGH NJW 1993, 1465 – Zappel-Fisch). Ausgangspunkt der Erweiterung des Werkbegriffes ist die Überlegung, dass im Interesse eines umfassenden Immaterialgüterrechtsschutzes geistige Leistungen, soweit sie nach der Verkehrsanschauung bezeichnungsbedürftig sind, einer schutzfähigen Kennzeichnung im Rechtsverkehr zugänglich sein müssen, durch die sie von anderen Leistungen geistiger Art unterscheidbar werden (BGH NJW 1993, 1465 – Zappel-Fisch; von der Rspr zu den §§ 5, 15 übernommen in BGH NJW 1997, 3313, 3314 – PowerPoint; BGH NJW 1997, 3315 – FTOS). Mit dem Hinweis auf die Notwendigkeit, geistigen Leistungen generell bei entspr Verkehrsbedürfnis die Titelfähigkeit zuzuerkennen, hat sich der BGH von dem Grundsatz gelöst, dass die Zahl der titelfähigen Werke nur über eine Analogie zu den in § 16 Abs 1 UWG aF genannten Druckschriften erfolgen kann (vgl BGH NJW 1993, 1465, 1466 – Zappel-Fisch). Bei der Frage, ob ein bestimmtes Werk in analoger Anwendung des § 16 Abs 1 UWG aF titelfähig sei, wurde zwar auch auf den geistigen Gehalt der Druckschrift verwiesen, der als Immaterialgut einen eigenen Bezeichnungsschutz erfordere (vgl BGH NJW 1993, 1465 – Zappel-Fisch; OLG München GRUR 1992, 327 f – Osterkalender). Ein umfassender Werktitelschutz geistiger Leistungen war aber nicht nur dadurch erschwert, dass das Druckwerk als Kommunikationsmittel ausschließlich auf die Kundgabe seines geistigen Inhaltes angelegt war, ein Charakteristikum, das auch Film-, Ton- und Bühnenwerke erfüllen (vgl BGH NJW 1993, 1465 – Zappel-Fisch). Darüber hinaus musste sich der geistige Gehalt eines in Frage stehenden Werkes in einer Art und Weise erschließen, welcher der Erfassung des Inhaltes einer Druckschrift zumindest vergleichbar war, also durch unmittelbare sinnliche Aufnahme in Form von Lesen, Betrachten oder Zuhören (BGH NJW 1997, 3313, 3314 f – PowerPoint).

90

Zugunsten eines umfassenden Titelschutzes hat die Rspr die Titelfähigkeit auch auf solche Immaterialgüter ausgedehnt, die sich nicht durch unmittelbare Wahrnehmung erschließen, sondern erst aufgrund einer mitgestaltenden Umsetzung, was etwa auf das Gedanken- und Regelwerk eines Spiels, insb eines Computerspiels, zutrifft (BGH NJW 1993, 1465, 1466 f – Zappel-Fisch). Auch eine Internet-Seite kann ein titelfähiges Werk darstellen, so dass einer Internet-Domain oder Internet-Adresse Werktitelschutz zukommen kann. Damit eine Internet-Domain als Werktitel geschützt sein kann, müssen zwei Voraussetzungen vorliegen. Erstens hat es sich bei der durch die Domain bezeichneten Homepage um ein titelfähiges Werk zu handeln (BGH GRUR 2009, 1055 Rn 41 – airdsl; GRUR 2010, 156 Rn 20 – EIFEL-ZEITUNG; GRUR 2016, 939 Rn 17 – wetter.de). Dazu muss der Webinhalt eine geistige Leistung im Sinne eines immateriellen Arbeitsergebnisses verkörpern (Hoffmann Mitt 2002, 104, 120; OLG München GRUR 2006, 686, 687 – Österreich.de/österreich.de). Diese Voraussetzungen liegen zweifellos bei Zeitschriften, Zeitungen oder Büchern vor, die im Internet zugänglich sind (Omsels GRUR 1997, 328, 332; Fezer WRP 2000, 669, 673; Hoffmann Mitt 2002, 104, 120). Zweitens muss die Internet-Domain, um Werktitel zu sein, die Homepage auch namensmäßig bezeichnen. Diese Voraussetzung liegt nicht vor – insofern gilt ähnliches wie beim Schutz der Internet-Domain als Unternehmenskennzeichen (oben Rn 42) – wenn die Domain lediglich Zugangsadresse ist, nicht jedoch namensmäßige Bezeichnung. Entscheidend ist also, ob die Internet-Domain lediglich zur Kontaktaufnahme mit einer Homepage verwendet wird oder zur Benennung eines Internetangebots dient (Omsels GRUR 1997, 328, 333; Deutsch/Ellerbrock Rn 373; abzulehnen daher OLG Dresden CR 1999, 102 – dresden-online.de, nach dem es für die Titelschutzfähigkeit einer Internet-Domain bereits genügen soll, dass eine individuell gestaltete Homepage abrufbar ist). Titelfähig sind auch ebooks und im Internet veröffentlichte Werke. Ein eigenes Werktitelrecht kann an über das Internet zugänglichen journalistischen und literarischen Angeboten auch derjenige haben, der zugleich namensähnliche Druckerzeugnisse herstellt. Voraussetzung ist aber, dass der Verkehr das Internet-Angebot nicht als inhaltsgleiche Erscheinungsform des Druckerzeugnisses wahrnimmt (BGH GRUR 2016, 1300 Rn 18 – Kinderstube).

91

Für die Titelfähigkeit eines Werkes ist daher nicht die Art und Weise relevant, in der sich dessen geistiger Gehalt offenbart, sondern vielmehr die Bedeutung des immateriellen Gehaltes für das in Frage stehende Produkt, die ggf die Bezeichnungsfähigkeit der Idee notwendig macht (BGH NJW 1993, 1465, 1466 f – Zappel-Fisch). Titelfähige Werke sind daher auch Computerprogramme, während für den Datenträger als Ware Markenschutz in Betracht kommt (BGH NJW 1997, 3313 f – PowerPoint; OLG Hamburg NJW-RR 1995, 430 f – Paurpoint/PowerPoint); zur Schutzfähigkeit von Computer-Software auch BGH GRUR 2006, 594 – SmartKey. Für die Abgrenzung zwischen Waren- und Werkcharakter ist der Schwerpunkt der unternehmerischen Leistung entscheidend (Fezer GRUR 2001, 369, 371; BGH NJW 1993, 1465 f – Zappel-Fisch). Ein in erster Linie manuell handhabbares Spielzeug verkörpert daher keine bezeichnungsfähige Idee, sondern stellt lediglich eine Ware dar (BGH NJW 1993, 1465 f – Zappel-Fisch).

92

Der kennzeichenrechtliche Werkbegriff entspricht der Tatsache, dass der titelmäßigen Individualisierung gerade bei Geisteswerken vom Verkehr eine hohe Bedeutung zugemessen wird. So unterscheiden sich die geistigen Inhalte auch innerhalb derselben Werkkategorie meist deutlich von Werk zu Werk; die Austauschbarkeit von Marken, die etwa bei Waren des täglichen Gebrauchs vorkommen kann, findet im Bereich der geistigen Werke keine Entsprechung (Ingerl/Rohnke § 5 Rn 74). Der kennzeichenrechtliche Werkbegriff dient den Bedürfnissen des Verkehrs nach schutzfähigen Kennzeichnungen immaterieller Produkte unabhängig von der eher zufälligen Form ihrer Verkörperung. Die eingeschränkte Entwicklungsfähigkeit des Werkbegriffes nach früherem Recht, die durch die Notwendigkeit der analogen Anwendung des Begriffes der Druckschrift bedingt war, ergibt im Hinblick auf die Notwendigkeit eines umfassenden kennzeichenrechtlichen Immaterialgüterschutzes keinen Sinn. Noch während der Geltung von § 16 Abs 1 UWG aF stellte der BGH daher zu Recht bei der Frage nach der Titelfähigkeit eines Werkes auf die Verkehrsbedürfnisse und damit darauf ab, ob der Verkehr das in Frage stehende immaterielle Arbeitsergebnis zu bezeichnen pflege (BGH NJW-RR 1989, 1201 f – Festival Europäischer Musik). Titelfähig als sonstige vergleichbare Werke sind neben Spielen und Computerprogrammen auch bestimmte Konzeptionen und Programme, die etwa in Konzertveranstaltungen, Ausstellungen, Messen oder sonstigen Veranstaltungen verkörpert sein können (weitere Beispiele bei Fezer GRUR 2001, 369, 371). Bei der Frage nach der Titelfähigkeit von Veranstaltungen ist entscheidend, ob es sich bei diesen um bezeichnungsfähige Werke handelt, was stets voraussetzt, dass sie auf einer Konzeption beruhen, die eine eigenständige geistige Leistung darstellt (so auch Groh WRP 2012, 143). Zur Titelfähigkeit von Messen zustimmend LG Düsseldorf WRP 1996, 156, 159 – Paracelsus-Messe; LG Stuttgart BeckRS 2008, 19663 – ITeG; LG Berlin GRUR-RR 2011, 137, 138 – Country Music Messe; ablehnend LG Berlin BeckRS 2012, 01092 – ITeG.

Markenrecht

Подняться наверх