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b) Der Titelschutz in der Werkherstellungsphase
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Umstritten ist die Frage, inwiefern ein schutzbegründender Titelgebrauch auch schon vor der (endgültigen) Fertigstellung des Werkes möglich ist (vgl Fezer § 15 Rn 315-318; Deutsch/Ellerbrock Rn 72 ff; Görden Vorgezogener Werktitelschutz). Der BGH zeigt sich bei der Anerkennung eines rechtsbegründenden Gebrauchs im Zusammenhang mit Vorbereitungs- oder Herstellungsmaßnahmen äußerst zurückhaltend und setzt für die Entstehung des Titelschutzes entweder den Vertrieb des fertigen, mit der fraglichen Bezeichnung versehenen Produktes voraus oder zumindest eine dem Vertrieb unmittelbar vorangehende werbende Ankündigung (BGH NJW 1997, 3313, 3315 – PowerPoint; BGH WRP 1998, 877, 880 – WINCAD). Auch die Erprobung eines Computerprogramms bei einem oder mehreren Kunden (sog Pilot-Kunden) rechnet der BGH noch der Herstellungsphase zu, die seiner Meinung nach für eine rechtsbegründende Titelbenutzung nicht in Frage kommt (BGH NJW 1997, 3315, 3316 f – FTOS; BGH WRP 1998, 877, 880 – WINCAD). Der BGH begründet seine restriktive Auffassung zum einen mit den Unsicherheiten, welche die Möglichkeit einer Verschiebung des Schutzbeginns vor den Zeitpunkt der Werkveröffentlichung mit sich bringe, zum anderen damit, dass zum Zwecke der Vorverlagerung des Schutzbeginns die Titelschutzanzeige zur Verfügung stehe (BGH WRP 1998, 877, 880 – WINCAD).
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Mit dem Ausschluss der schutzbegründenden Ingebrauchnahme vor der Fertigstellung des Werkes setzt der BGH dem Werktitelschutz engere Grenzen als dem Schutz von Unternehmenskennzeichen (vgl Rn 54), ohne diesen Unterschied hinreichend begründen zu können. Der Verweis auf die Möglichkeit einer Titelschutzanzeige vermag die notwendige Begr nicht zu liefern, da die Titelschutzanzeige in ihrer Eigenschaft als schutzbegründende Ankündigung systemwidrig und daher abzulehnen ist (vgl ausf Rn 97 ff). Vielmehr macht ein umfassender Schutz des Werktitels als Immaterialgut die Vorverlagerung des Schutzbeginns auf den Titelgebrauch in der Werkerprobungsphase notwendig; die restriktive Auffassung des BGH ist daher abzulehnen (so iE auch Ingerl/Rohnke § 5 Rn 85; Deutsch/Ellerbrock Rn 72 ff). In einer neueren Entscheidung billigt der BGH jedoch auch weitgehend fertiggestellten Werken Titelschutzfähigkeit zu (BGH GRUR 2009, 1055 Rn 41 – airdsl; so auch BPatG BeckRS 2018, 15697 Rn 20 – Visora).
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Da auch bei einer Vorverlagerung des Titelschutzes eine namensmäßige Ingebrauchnahme vorausgesetzt ist, kommen nur solche Vorbereitungshandlungen in Betracht, die sich dem Verkehr als Form der Titelbenutzung zur Werkkennzeichnung darstellen; rein interne Maßnahmen scheiden aus (OLG Hamburg NJW-RR 1994, 1131). Die namensmäßige Titelbenutzung setzt weiterhin voraus, dass auch das Werk als das zu kennzeichnende Objekt zumindest ansatzweise vorhanden ist, so dass sich die Absicht zur Werkherstellung zumindest in konkreten Vorbereitungsmaßnahmen niedergeschlagen haben muss (Ingerl/Rohnke § 5 Rn 86). Als rechtsbegründende Ingebrauchnahme kommen daher etwa Werbemaßnahmen, Einführungsangebote oder – entgegen dem FTOS-Urt des BGH (NJW 1997, 3315) – auch Werkerprobungen bei Pilot-Kunden in Betracht (zu weiteren Beispielen aus der instanzgerichtlichen Rspr, die die Vorverlagerung des Schutzbeginns – unabhängig von der Titelschutzanzeige – im Werktitelrecht anerkennt, vgl Fezer § 15 Rn 315–318). Der namensmäßige Titelgebrauch in einem Vorbereitungsstadium ist nur dann schutzbegründend, wenn die Veröffentlichung des Werkes in angemessener Zeit nachfolgt (GK/Teplitzky § 16 Rn 95; zur Frage, welcher Zeitraum noch als angemessen zu bezeichnen ist, vgl Rn 101).