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2. Die schriftliche Vollmacht

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Der Vertrag zur Verteidigung zwischen dem Mandanten und dem Verteidiger kommt zustande, indem der Verteidiger das entsprechende Angebot des Mandanten annimmt oder anders herum. Einer besonderen Form bedarf es dazu nicht. Die Annahme kann schriftlich, mündlich oder durch konkludentes Handeln geschehen. Die Unterzeichnung einer schriftlichen Vollmacht durch den Beschuldigten ist mithin nicht essentiell.[12] Die Unterzeichnung der Vollmacht wird jedoch regelmäßig der spätest mögliche dokumentierte Zeitpunkt für ein wirksames Vertragsverhältnis sein. Denn auch die Vorlage der Vollmacht durch den Verteidiger kann ein Angebot sein, welches der Mandant durch seine Unterschrift annimmt. Deswegen ist es auch rechtsfehlerhaft, wenn teilweise vertreten wird, dass die Unterzeichnung der Vollmacht alleine noch kein Verteidigungsverhältnis begründen könne.[13]

Das hat unmittelbare praktische Bedeutung. Kommt es beispielsweise anlässlich einer Vorführung des Beschuldigten telefonisch zu einer Mandatsübernahme, so hat der Ermittlungsrichter den Verteidiger als solchen zu behandeln (Anwesenheitsrechte, Benachrichtigungspflichten). Gleiches gilt anlässlich einer Hausdurchsuchung und ähnlichem. In der Praxis ist dies – insbesondere bei Polizeibehörden und unerfahrenen Staatsanwälten – allerdings nicht so bekannt. Ebenso wenig wie der Umstand, dass bei einem nach außen hin tätig werdenden Verteidiger eine Vermutung für seine Bevollmächtigung spricht.[14] Erst im Jahr 2011 musste das Bundesverfassungsgericht wieder bestätigen, dass etwa die Akteneinsicht an den Verteidiger nicht von der Vorlage der Vollmachtsurkunde abhängig gemacht werden darf.[15]

Abgesehen von den geschilderten Eilfällen wird der Verteidiger jedoch immer eine schriftliche Strafprozessvollmacht durch den Beschuldigten unterzeichnen lassen. Zweckmäßigerweise (je nach Fallgestaltung) in drei Exemplaren: für das eigentliche Ermittlungsverfahren (Polizei, Staatsanwaltschaft), für die Haftanstalt (Legitimation für unkontrollierten mündlichen und schriftlichen Verkehr mit dem Beschuldigten), „für alle Fälle“ (evtl. zweites Verfahren, Eilmaßnahmen, Ermittlungsrichter).

Um Streit und Unklarheiten zu vermeiden, kann der Verteidiger in den geschilderten Eilfällen wie folgt verfahren: Er schickt das Vollmachtsformular per Telefax an die Dienststelle, bei der sich der Beschuldigte befindet; lässt nach telefonischer Rücksprache mit dem zuständigen Beamten den Beschuldigten die Vollmacht unterzeichnen; und veranlasst den Mandanten, dem Beamten die Vollmacht zu der Akte zu geben.

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Der Inhalt der schriftlichen Vollmacht kann nicht sorgfältig genug abgefasst werden. Die von Formularverlagen angebotenen Vordrucke erfüllen nicht alle Anforderungen. Dies beginnt häufig schon bei der Frage, welcher Anwalt der Verteidiger sein soll, falls sich der Verteidiger in einem größeren Verbund mit Anwälten befindet. Auch ist § 137 Abs. 1 StPO zu beachten, weswegen in keinem Fall „die Kanzlei“ beauftragt werden kann. Staatsanwaltschaften weisen auf Missverständlichkeiten auch hin. Einen guten kompetetenten und organisierten Eindruck hinterlässt der Verteidiger durch so etwas nicht. Bewährt hat sich folgende Gestaltung:

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Muster 2

Strafprozessvollmacht

Herrn Rechtsanwalt Dr. . . . . . ., wird hiermit Vollmacht erteilt in der Strafsache

gegen . . . . . .

wegen . . . . . .

zu meiner Verteidigung bzw. Vertretung in allen Instanzen, auch bei meiner Abwesenheit.

Die Vollmacht gewährt unter Anerkennung aller gesetzlichen Befugnisse nach der Strafprozessordnung das Recht

1. Strafantrag, Privat-, Nebenklage zu stellen bzw. zu erheben und zurückzunehmen;
2. in öffentlicher Sitzung aufzutreten;
3. in allen Instanzen als Verteidiger und Vertreter zu handeln;
4. Untervollmacht – einschließlich Revisionsinstanz auch im Sinne des § 139 StPO – zu erteilen;
5. Rechtsmittel einzulegen, zurückzunehmen oder auf solche zu verzichten;
6. Anträge auf Wiedereinsetzung, Wiederaufnahme des Verfahrens, Haftentlassung, Strafaussetzung, Kostenfestsetzung und andere Anträge zu stellen und zurückzunehmen;
7. Zustellungen aller Art, namentlich auch solche von Beschlüssen, Urteilen und Ladungen mit rechtlicher Wirkung in Empfang zu nehmen, einschließlich § 132 Abs. 1 Nr. 2 StPO;
8. Gelder, Wertsachen, Kosten, Bußgeldzahlungen, Kautionen etc. mit rechtlicher Wirkung in Empfang zu nehmen und Quittungen zu erteilen;
9. den Antrag auf Entbindung von der Verpflichtung zum Erscheinen in der Hauptverhandlung zu stellen und zurückzunehmen;
10. die Vertretung im Verfahren nach dem Gesetz über die Entschädigung für Strafverfolgungsmaßnahmen durchzuführen, insoweit wird auch besondere Vollmacht zur Entgegennahme von Zustellungen erteilt.

. . . . . . Ort, Datum . . . . . . Unterschrift

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Dinge, die das „Innenverhältnis“ zwischen dem Verteidiger und dem Mandanten betreffen, gehören nicht in die schriftliche Vollmacht.[16] Dafür sind die (schriftlichen) Mandatsbedingungen vorgesehen.[17]

Wird der Verteidiger als Zeugenbeistand tätig bietet sich an, das o. a. Formular zu Beginn abzuändern.

Teil 1 Die Übernahme des MandatsIV › 3. Vergütungsfragen

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