Читать книгу Adventmörder - Joachim Koller - Страница 17
17:45 Uhr
Оглавление»Ich habe jetzt die Berichte von beiden Tatorten. Soll ich Euch alles vortragen?«, fragte Gabriele in die Runde. Inzwischen hatten alle ihre Plätze eingenommen. Hans Martin und Gabriele saßen sich an einem großen Metalltisch gegenüber, wobei nur Gabriele einen Computer vor sich hatte.
Mia und Tobias saßen sich ebenfalls mit ihren Tischen gegenüber, wobei Tobias bemüht war, nicht nur auf seine Kollegin zu starren.
»Leg los, Gabriele.« Hans Martin lehnte sich zurück, Gabriele hingegen erhob sich und verteilte Zugangskarten an Tobias und Mia, damit sie jederzeit das Gebäude und damit auch das Büro betreten konnten.
»Nun gut. Zunächst einmal, alle Berichte werden auch ausgedruckt. Hans Martin hat kein besonders gutes Verhältnis zu Computern. Ansonsten werde ich alles lokal für alle erreichbar abspeichern.
Beginnen wir mit dem ersten Tatort, die Wohnung der Neonazis im zweiten Bezirk. Wir sind von einer dreiköpfigen Gruppe ausgegangen, die alle ermordet wurden. Ob unsere Ermittlungen mit dem Mord an Omar im Zusammenhang stehen ist zu bezweifeln. Es gibt keine Hinweise auf den Mörder. Die primäre Tatwaffe hat er in der Wohnung vorgefunden. Die Pathologie hat festgestellt, dass mindestens zwei der Opfer vor ihrem Ableben noch in Kontakt mit Oleoresin-Capsicum gekommen sind.«
»Oleorsin-Was?«, fragte Tobias.
»Auf Deutsch Pfefferspray«, meldete sich Mia, die sich in ihrem Stuhl zurücklehnte und somit ihre Brust noch deutlicher zur Geltung brachte.
»Genau. Es gibt keine Spuren eines gewaltsamen Eindringens. Der Besucher hat die Männer zunächst mittels Pfefferspray kampfunfähig gemacht und sich dann … ausgetobt.«
»In Omars Wohnung lag ein Pfefferspray«, warf Hans Martin ein.
»Leider nicht derselbe. Dieser dürfte Omar gehören und ist unbenutzt. Zurück zu unseren drei Rechtsradikalen. Der Computer in der Wohnung wurde überprüft. Was darauf alles zu finden war, verschlägt einem die Sprache. Komplette Pläne für Anschläge auf Synagogen, Privatpersonen, jüdische Schulen. Überdies unzählige Mails mit anderen rechtsgerichteten Gruppierungen. Unsere Kollegen werden sich mit den deutschen Behörden zusammensetzen, denn einige Adresse gehen nach Deutschland. Dann gibt es noch einschlägiges Bildmaterial und Lektüren, allesamt schwer verboten, aber für unseren derzeitigen Fall irrelevant. Als wäre das bisher nicht genug, gibt es auch einen Haufen an kinderpornografischem Material auf dem PC. Bilder und Videos, grausiger kann es nicht werden. Diese Daten werden weitergeschickt, die zuständige Abteilung im Bundeskriminalamt wurde bereits informiert.«
Gabriele ließ ihren Vortrag kurz bei den Anwesenden sickern, nahm einen Schluck Wasser und fuhr fort.
»Der zweite Tatort, Omars Wohnung, gibt auch nicht viel her. Fingerabdrücke oder andere Hinweise - Fehlanzeige. Verbindungen zu den drei Neonazis wurden auch nicht gefunden. Die Pistole, welche eindeutig die Tatwaffe war, lag in der Wohnung, natürlich ohne Fingerabdrücke. Sie wird uns auch nicht weiterhelfen, denn sie gehört Andreas Holzer, den Hans Martin und ich als einen der Neonazis kennen. Omars PC ist bestens gesichert, was wenig verwunderlich ist. Dennoch wird er untersucht, diese Ergebnisse dauern aber noch.
Der Todeszeitpunkt wurde mit gestern 11 Uhr angegeben, plus minus zwei Stunden. Einige Verletzungen sind aber mehrere Stunden älter.«
»Vermutlich hatte er schon am Vorabend den Mörder in der Wohnung«, warf Tobias ein.
»Das ist anzunehmen. Die Platzwunde am Kopf wird auf die Nacht zwischen 29. und 30. November datiert.«
»Das heißt, Omar kommt abends heim, empfängt seinen Mörder und wird von ihm die ganze Nacht hindurch gefoltert. Erst am nächsten Tag gegen Mittag wird er, mehr oder weniger, erlöst. Seine letzten Stunden müssen eine Höllentortur gewesen sein« Tobias schüttelte angewidert den Kopf.
»Wir haben inzwischen alle Bilder der Tatorte erhalten«, fuhr Gabriele fort, »Der Text, Remember Yvonne, wurde jedes Mal mit dem Blut der Opfer geschrieben, einfach nur pervers, meiner Meinung nach. Soweit die Zusammenfassung.«
»Was ist mit den Nachbarn, wurden die befragt?«, warf Mia ein.
»Diese Berichte habe ich ebenfalls hier, sie helfen uns aber auch nicht weiter. Bei Omar war nichts zu hören und bei den Neonazis war es immer laut. Zum Tatzeitpunkt war die Musik mal wieder übertrieben laut. Es gab schon früher Beschwerden und auch Polizeieinsätze, aber ohne Erfolg.«
Tobias erhob sich und schob eine Flipchart-Tafel auf Rollen in die Mitte des Raums. Mit einem dicken blauen Stift schrieb er auf das erste Blatt „Sichere Indizien/Beweise“.
»So, dann fassen wir zusammen. Was haben wir an handfesten Beweisen in Bezug auf unseren vermutlichen Serienmörder?«
Es blieb eine halbe Minute lang ruhig, jeder überlegte für sich.
»Den mit Blut geschrieben Text ‚Remember Yvonne‘«, meldete sich Hans Martin.
»Er kannte seine Opfer«, sagte Mia.
»Und er ist nicht auf eine Waffe fixiert«, ergänzte Tobias. Er schrieb die bisherigen Statements auf die Tafel.
»Das ist noch nicht viel. Unser Vorteil ist im Moment, dass beide Fälle unter die Geheimhaltung fallen. Das soll auch so bleiben. Ich schlage vor, wir machen für heute Schluss und werden uns morgen mit den Hintergründen der Opfer beschäftigen. Vielleicht hilft uns das weiter«, schlug Tobias vor.
Der Vorschlag wurde von allen gerne angenommen.
»Schöne Grüße an Camilla und Juliana. Genieß den Abend, Chef«, verabschiedete sich Gabriele von Hans Martin. Er kramte gerade die Unterlagen zusammen und nickte ihr zu.
Tobias hielt Mia die Tür auf.
»Was hast Du heute noch vor, erwartet Dich jemand daheim?«
»Wenn Du wissen willst, ob ich einen Partner habe, frag mich einfach und red nicht lange herum«, meinte sie trocken.
»Aber nein, mich erwartet niemand. Ich werde mir jetzt noch bei einem Würstelstand einen Hot Dog und ein Bier genehmigen und dann nach Hause fahren. Du kannst mich begleiten, wenn Du willst«, bot sie Tobias an. Er stimmte zu und reichte ihr ihre Lederjacke. Gemeinsam verschwanden sie aus dem Büro und sahen nicht, wie Gabriele ihnen schmunzelnd nachblickte.
»Nachdem wir zwei nun ungestört sind, komme ich zu Deinem persönlichen Anliegen, Hans Martin.«
Sie zog eine Heftmappe hervor und reichte sie ihrem Chef.
»Alles, was es über Radu Alexandru Rusescu zu erfahren gibt. Er ist zurzeit in Wien, arbeitet im Club Chantal und sein Konto zeigt deutlich, dass er nicht nur legal seine Brötchen verdient.«
Hans Martin blätterte die Mappe schnell durch.
»Ich danke Dir Gabriele. Vergiss den Mann wieder und ab nach Hause. Oliver wird schon warten.«