Читать книгу Adventmörder - Joachim Koller - Страница 20
8:15 Uhr
ОглавлениеEs hatte in der Nacht geschneit, mehrere Zentimeter dick lag die weiße Schicht auf der Straße und den parkenden Fahrzeugen. Da er keine Lust hatte, seinen Wagen zuerst vom Schnee zu befreien, ließ sich Hans Martin ein Taxi kommen.
»Alle Jahre wieder«, fluchte der Taxifahrer, über den Frühverkehr, der die Anreise zur Adresse im fünften Bezirk erschwerte.
»Kaum kommt der Schnee, haben alle das Autofahren verlernt und stellen sich an wie die ersten Menschen. Unfähig, einfach nur unfähig.«
Hans Martin kam gleichzeitig mit Gabriele an. Ein Polizeiwagen und ein Krankenwagen standen neben der Hauseinfahrt, bei der Mia und Tobias auf sie warteten. Mia telefonierte, Tobias paffte an seinem blauen Röhrchen. Das erinnerte Hans Martin, dass er in der Eile seine Zigaretten bei Camilla liegen gelassen hatte. Als hätte er seine Gedanken gelesen, holte Tobias eine Packung hervor und warf sie Hans Martin zu.
»Ich war so frei, Chef.«
»Danke. Und nenn mich nicht Chef, der Leiter bist im Grunde genommen Du«, besserte er Tobias aus.
Mia stellte sich vor Hans Martin und wartete, bis er seine Zigarette angezündet hatte, bevor sie lossprach.
»Die Polizei wurde um 7:15 Uhr alarmiert, als die Nachbarn wegen eines lautstarken Streits oder Kampfes angerufen haben. Bei ihrem Eintreffen war der Täter natürlich längst geflohen«, informierte sie Hans Martin.
»Wo sind die Polizisten?«
»Im Krankenwagen. Beiden kam das Kotzen, als sie die Wohnung betraten.«
»Warst Du drinnen?«, fragte Hans Martin. Mia schüttelte den Kopf.
»Ich warte auf die Bilder, wenn ich sie ansehen muss.«
»Okay, Du bleibst mit Gabriele hier. Wenn die Medien auftauchen, gibt es im Moment noch kein Kommentar. Und zwar absolut keines, ich will keine Spekulationen oder ...«
»Ich habe schon verstanden, genau deswegen bin ich ja hier. Im Moment wird nichts gesagt, ich werde ihnen auch klar machen, dass jede Hypothese nur Probleme nach sich ziehen wird. Aber wir werden im Laufe des Vormittags eine Aussendung machen müssen.«
»Ich weiß. Tobias und ich gehen in die Wohnung hinauf«, erklärte er knapp und ging zu Tobias, der seine elektronischen Shisha rauchte und trotz seines dicken Wintermantels fror.
Mias direkte Art gefiel Hans Martin, was man an seiner ernsten Miene aber nicht ablesen konnte.
»Bereit?«, fragte er und sah sich nach einem Mistkübel um.
»Noch ein Vorteil meiner Zigarette. Ich brauche sie nicht ...«
»Es ist zu früh, um mir mit Belehrungen zu kommen. Wir gehen rauf«, stoppte Hans Martin seine Ansprache ruppig und ging vor, während die Damen im Freien stehen blieben. Mia drehte sich zu Gabriele.
»Dein Programm zum Ausfiltern der Polizeinachrichten ist zuverlässig und treffsicher. Ich glaube aber, Herr Gross hat wenig Ahnung, was ich ihm erklärt habe.«
Im Gegensatz zu ihrem Auftritt gestern war sie nun in eine dicke Daunenjacke gehüllt.
»Hans Martin will sich nicht wirklich mit Computern auseinandersetzen. Dafür ist er auf anderen Gebieten ...«
»Das wäre meine nächste Frage. Du und Hans Martin, was läuft da? Egal ob Kollegin oder Sekretärin, ihr zwei seid sehr vertraut miteinander.«
»Das stimmt. Hans Martin ist nicht nur mein Chef, er ist über die Jahre zu einem guten, väterlichen Freund geworden. Wir haben auch privat viel Kontakt, zusammen mit unseren Partnern.«
»Verstehe.«
»By the way, mich würde auch etwas interessieren. Hat Tobias Dich ausgesucht?«
»Wenn er mich ausgesucht hätte, dann wahrscheinlich wegen meiner Brüste. Aber es war vielmehr so, dass ich zugeteilt wurde. Von oberer Stelle und selbst für mich überraschend, aber diese Chance konnte ich mir nicht entgehen lassen«, antwortete Mia und verblüffte Gabriele.
»Ernsthaft? Ist das Dein erster Fall?«
»Ja. Ich bin erst mit dem Lehrgang fertig geworden. Ich habe ihn natürlich mit Auszeichnung abgeschlossen, obwohl ich meinem Vorgesetzten mehrmals … Ich hatte Meinungsverschiedenheiten mit ihm und er konnte nicht gut mit Kritik umgehen.«
Gabriele fragte nicht weiter nach, begann aber zu grübeln. Diese SOKO bestand nicht gerade aus den besten und erfahrensten Männern und Frauen, musste sie sich eingestehen.