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WARUM GENUSS EVOLUTIONÄR SINNVOLL IST
ОглавлениеWie bei jedem körperlichen Prozess hat auch die unterschiedlich starke Ausschüttung von Glückshormonen bei Lebensmitteln eine tiefere Bedeutung. Bis vor wenigen Jahrzehnten bildete dieser Mechanismus einen echten Überlebensvorteil. Denn über Jahrhunderttausende hinweg war Nahrung Mangelware. Indem die Natur uns mithilfe von Glückshormonen wie Dopamin und Serotonin dazu brachte, ordentlich zuzuschlagen, wenn energiereiche Lebensmittel einmal verfügbar waren, sicherte sie die Arterhaltung von uns Menschen.
Ein weiterer evolutionärer Vorteil: Der Grad an Genuss, den ein Lebensmittel auslöst, hilft uns, zwischen Genießbarem und Ungenießbarem zu unterscheiden – und das für uns Günstige zu wählen. In einer natürlichen Lebensumgebung ist beispielsweise Süßes nie giftig. Indem das Gehirn uns mit Dopamin belohnt, wenn wir zu reifen Früchten greifen, lernen wir: Süße Früchte sind eine gute Wahl! Anders ist es bei Saurem oder Bitterem, hier bleibt die Dopaminausschüttung aus. Auch das ist entwicklungsgeschichtlich äußerst günstig. Denn in unserem ursprünglichen Lebensraum weisen diese beiden Geschmacksqualitäten häufig auf Verdorbenes oder Giftiges hin. Und wenn das Gehirn eine solche Wahl nicht belohnt, lassen wir das nächste Mal lieber die Finger davon.
Doch nicht nur rein physiologisch hat die Genussfähigkeit, die uns Menschen auszeichnet, Vorteile. Sie stärkt uns auch als soziale Wesen. Einmal intensiviert sie die Bindung zwischen Mutter und Kind: Wie Studien gezeigt haben, beginnt die Prägung kulinarischer Vorlieben bereits im Mutterleib – was die Mutter mag und während der Schwangerschaft häufig isst, liebt später auch das Kind. Diese Form der Gemeinschaftsbildung erweitert sich, je älter wir werden: Da in einem bestimmten Kulturkreis meist ähnliche Lebensmittel zur Verfügung stehen, entwickeln sich Vorlieben, die wir als Individuen mit einer größeren Gruppe teilen. So finden sich beispielsweise innerfamiliäre kulinarische Traditionen ebenso wie regionale und landestypische. Sie alle machen aus einem Einzelnen das Mitglied einer Gemeinschaft, im Kleinen wie im Großen, bis hin zur Nation. Dies erklärt zum Beispiel, warum Kinder in Indien Curry zum Frühstück mögen, während ein Kleinkind hierzulande einen solchen Start in den Tag mit großer Wahrscheinlichkeit ablehnen würde – und auf seinem Marmeladebrot besteht.
Unsere kulinarische Prägung knüpft also feste Bande von uns zu anderen und bildet damit einen wichtigen Bestandteil unserer sozialen Identität. Auch dies dient dem Überleben: Seit jeher brauchen wir als Menschen andere Menschen, um in der Welt zu bestehen und beispielsweise über das Jagen und Sammeln ausreichend Nahrung zu bekommen.
»Was wir mögen und was nicht, wird weitaus mehr von unseren Genen beeinflusst, als man gemeinhin denkt.
Nüsse beruhigen die Nerven und sind damit ideales Antistressfutter.