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WIE GENUSS GEGEN ANSPANNUNG HILFT
ОглавлениеGenießen und gleichzeitig gestresst sein? Das geht nicht zusammen. Denn sind wir angespannt, schüttet unser Körper Hormone wie Adrenalin und Cortisol aus. Letzteres beispielsweise verhindert unter anderem, dass der Blutzucker sinkt, und fördert umgekehrt die Einlagerung von Fett. Auf diese Weise stellen Stresshormone sicher, dass wir genug Energie zur Verfügung haben, um schnell und konzentriert auf eine gefährliche Situation zu reagieren – zum Beispiel, wenn uns auf dem Radweg plötzlich ein Fußgänger vors Fahrrad läuft.
Wird der Stress chronisch, kann der permanente Überschuss an den entsprechenden Botenstoffen jedoch gesundheitliche Probleme auslösen, so wie beispielsweise Schlaflosigkeit, Bluthochdruck, Diabetes und Herzerkrankungen. Genau dem kann bewusstes Genießen vorbeugen. Denn wie Sie gesehen haben, belohnt unser Gehirn uns für beeindruckende Sinneseindrücke mit Glückshormonen, die uns beruhigen und auf happy polen. Genuss ist also ein wichtiger Gegenspieler zum Stress. Denn wie gesagt: Beides auf einmal ist nicht möglich.
Dies erklärt, warum wir nicht nur dann essen, wenn wir Hunger haben, sondern beispielsweise ein Stück Schokolade auch gegen den Ärger hilft, wenn der Chef am Freitagnachmittag noch schnell mal wieder zehn Extrawünsche angemeldet hat. Oder auch dabei hilft, einen Dreijährigen zu beruhigen, wenn er im Zug oder Bus quengelt. Das Problem: Solches »emotionale Essen« kann schnell in einer Verhaltenssucht münden. Wie bei anderen stoffgebundenen Süchten versuchen wir dann zwanghaft immer wieder, unangenehme Gefühle mithilfe von Nahrung zu regulieren. Aus dem bewussten Genuss wird so ein Automatismus: Wann immer wir gestresst sind oder uns belohnen wollen, essen wir – anstatt dass wir nach alternativen Lösungsstrategien suchen. Das löst einen Teufelskreis aus Blutzuckeranstieg, gebremstem Fettabbau und permanentem Heißhunger aus, der langfristig dick und krank macht.
All dies zeigt: Damit die Gerichte der Medical Cuisine satt und zufrieden machen können, müssen wir unbedingt achtsam genießen. Leider haben aber die meisten von uns genau das verlernt. Bei einem Großteil der Menschen hierzulande hat der Genuss schlicht keinen Platz im Alltag – aus Gründen, deren Ursprung teilweise Jahrhunderte zurückliegt …
» Essen ist ein wichtiger Bestandteil unserer Kultur und Identität. Wir müssen aber wieder lernen, bewusst zu genießen und nicht einfach automatisch auf irgendwelche Nahrungsmittel zurückzugreifen.
Genießen heißt auch, sich Zeit zum Essen zu nehmen und mal die Gabel wegzulegen.