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WIE DAS KONZEPT DER ARTGERECHTEN ERNÄHRUNG AUSSIEHT
ОглавлениеWas haben die Urmenschen gegessen? Das gehört sicher zu den besonders kontrovers diskutierten Fragen. Paleo-Anhänger beispielsweise propagieren, unsere Ahnen hätten sich einst hauptsächlich von tierischer Beute ernährt. Veganer wiederum erklären, sie wären ausschließlich Körnern und Früchten zugeneigt gewesen und hätten nur im Notfall auf Fleisch zurückgegriffen.
Wie ein Blick auf unsere nächsten Verwandten, die Schimpansen, belegt, liegt die Wahrheit, wie so oft, in der Mitte. Die Menschenaffen essen bevorzugt Wildfrüchte, Blätter, Blüten und Samen, dazu ab und an ein paar Insekten, Eier und kleine Säugetiere. Diese Speisen versorgen sie mit einem für sie perfekten Mix aus allen nötigen Makro- und Mikronährstoffen. Mehr noch: Wissenschaftler konnten in zahlreichen Studien nachweisen, dass Primaten in freier Wildbahn jeden Tag die gleiche Nährstoffrelation von Proteinen, Kohlenhydraten und Fetten zu sich nehmen.
Das Spannende: Laut aktueller Forschung wäre genau diese Ernährung auch für uns als Vertreter von Homo sapiens ideal. Das trifft in besonderem Maße auf die hohe durchschnittliche Aufnahme von Proteinen zu, die die meisten von uns aktuell nicht einmal ansatzweise erreichen. Dabei ist Eiweiß für unseren Körper und für unsere Gesundheit von zentraler Bedeutung – und auch unser Sättigungsempfinden hängt entscheidend von einer Mindestmenge an Proteinen ab. Erst wenn wir genug davon gegessen haben, kippt der Schalter von »hungrig« auf »satt«. Forscher nennen dieses Prinzip den »Protein-Leverage-Effekt«.
Umgekehrt bedeutet das: Ist ein Lebensmittel arm an Eiweiß, müssen wir mehr davon essen, um satt zu werden. Dies ist eine Erklärung dafür, warum uns Fertigprodukte schnell zum Verhängnis werden. Sie enthalten nämlich kaum Proteine, dafür aber jede Menge Zucker und Fett.
Die Grundlage des Konzepts der »artgerechten« Ernährung bildet die Feststellung, dass Menschen seit jeher und bis heute Allesfresser sind – wobei pflanzliche Lebensmittel den Großteil unserer Nahrung ausmachen (sollten). Zugleich beachtet »artgerechte« Ernährung aber auch den Aspekt des modernen Lebens, der uns sowohl von den Schimpansen als auch unseren Vorfahren unterscheidet: Anders als sie bewegen wir uns im Alltag kaum! Wir müssen weder kilometerweit laufen, um ein paar Früchte zu finden, noch sprinten, um ein Stück Fleisch zu erbeuten. Wir brauchen nur zum Kühlschrank zu gehen oder maximal 100 Meter zum nächsten Bäcker, um genug Energie für den Tag zu bekommen.
Aus diesem Grund muss eine moderne »artgerechte« Ernährung das Verhältnis der Makronährstoffe verändern: Wir brauchen heute deutlich weniger Kohlenhydrate, also weniger schnell verfügbare Energie als die Menschen früher. Denn wenn wir Kohlenhydrate nicht auf der Stelle verbrennen, lagert unser Körper sie als Fett ein. Für Zeiten des Mangels – die es heute nicht mehr gibt.
» Wir leben in einer modernen Welt und daran müssen wir auch unsere Ernährung anpassen, um gesund und leistungsfähig zu sein.
Das Konzept der modernen »artgerechten« Ernährung, auf dem sämtliche Rezepte der Medical Cuisine beruhen, lässt sich mit den folgenden 13 Empfehlungen zusammenfassen:
Essen Sie mindestens 400 Gramm Gemüse pro Tag, idealerweise mindestens ein Drittel davon als Rohkost; außerdem etwa 125 Gramm Obst, am besten zuckerarme Sorten wie Beeren.
Nehmen Sie etwa 1 bis 1,2 Gramm Eiweiß pro Tag und Kilogramm Körpergewicht zu sich (falls Sie übergewichtig sind: Rechnen Sie mit Ihrem anzustrebenden Normalgewicht). Möglichst viel davon sollte aus pflanzlichen Quellen stammen.
Reduzieren Sie die Tagesmenge an Kohlenhydraten. Die 250 Gramm, die die Deutsche Gesellschaft pro Tag empfiehlt, übersteigen den Bedarf der allermeisten von uns deutlich. Diese Menge benötigen nur Menschen, die körperlich schwer arbeiten. Für alle anderen gilt: Leicht aktive Menschen können bis zu 200 Gramm Kohlenhydrate täglich essen, übergewichtige Gesunde bis zu 150 Gramm. Wer bereits an ernährungsbedingten Krankheiten wie Typ-2-Diabetes leidet, sollte die Menge von 120 Gramm Kohlenhydrate pro Tag nicht überschreiten.
Die Kohlenhydrate sollten aus gesunden Quellen stammen, wie zum Beispiel Hülsenfrüchten, Vollkornprodukten oder Kartoffeln, die in der Schale gekocht werden.
Geizen Sie so weit wie irgend möglich an sogenanntem freien Zucker. Dieser steckt in großen Mengen beispielsweise in Softdrinks, Süßigkeiten, Kuchen, Gebäck und Vollmilchschokolade. Allein in einem 250-Milliliter-Glas Cola steckt bereits die empfohlene Höchstmenge von 25 Gramm freiem Zucker.
Nehmen Sie mehr Omega-3- und weniger Omega-6-Fettsäuren zu sich. Dabei hilft ein »Ölwechsel«: Ersetzen Sie Öle mit einem ungünstigen Fettsäuremuster (zum Beispiel Sonnenblumen-, Distel- und Sojaöl) gegen solche, die viele gesunde Omega-3-Fettsäuren enthalten (besonders zu empfehlen sind Leinsamen-, Oliven- und Walnussöl).
Essen Sie zwei- bis dreimal pro Woche fetten Fisch: Eine 50-Gramm-Portion genügt dabei völlig, um ausreichend von den günstigen Fettsäuren aufzunehmen, die Fisch liefert.
Reduzieren Sie Ihren Fleischkonsum deutlich: Pro Portion sollten es maximal 150 Gramm sein, alles darüber hinaus belastet die Nieren. Die Höchstmenge pro Woche liegt bei ungefähr 500 Gramm. Auf Wurstwaren möglichst weitgehend verzichten – die Räuchersalze und sonstigen Zusatzstoffe sind für unseren Körper nicht günstig und gelten sogar als krebsfördernd.
Konsumieren Sie täglich (möglichst heimische) Superfoods. Dazu gehören etwa Kohl, Beeren, Linsen, Nüsse und Leinsamen.
Essen Sie so wenige Fertiggerichte wie möglich.
Trinken Sie mindestens 1,5 Liter am Tag, idealerweise Wasser oder ungesüßten Kräutertee.
Verzichten Sie weitgehend auf Alkohol. Die gerade noch tolerierbare Menge entspricht 10 Gramm am Tag für Frauen und 20 Gramm für Männer. 10 Gramm stecken in 250 Milliliter Bier oder 125 Milliliter Wein, 20 Gramm entsprechend in 500 beziehungsweise 250 Millilitern.
Verlängern Sie die nächtliche Essenspause, also die Zeit zwischen der letzten Mahlzeit des einen und der ersten Mahlzeit des nächsten Tages, auf mindestens 12, idealerweise auf 16 Stunden. Lassen Sie auch sonst zwischen zwei Mahlzeiten mindestens vier Stunden vergehen und verzichten Sie weitgehend auf Snacks. Dies gilt auch für vermeintlich gesunde Lebensmittel, etwa die Zuckerbomben Trockenfrüchte.
Sich gesund zu ernähren heißt nicht, auf Vielfalt verzichten zu müssen. Wer selbst kocht, hat viele Möglichkeiten.