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2. Wie überwinden wir denn unsere schwachen Stunden?
ОглавлениеWir müssen unter allen Umständen damit fertigwerden. Nach schweren Schlachten sind das Erschütterndste die Verlustlisten, die dann veröffentlicht werden müssen. Mir graut es jetzt schon vor den unübersehbaren Verlustlisten, die einmal in der Ewigkeit aufgedeckt werden. Da werden dann all die Namen derer stehen, die ein Opfer ihrer schwachen Stunden wurden. Achtet darauf, dass euch an dieser Stelle tödliche Gefahr umgibt! Lasst mich euch als einer, der selber im Kampf mit seinen schwachen Stunden liegt, ein paar Regeln geben, damit wir uns untereinander Handreichung tun!
a) Wir werden unsere schwachen Stunden nicht ausrotten können. Das gehört zur Wanderschaft durch dieses Leben, dass es solche schwache Stunden geben muss. Es mag wohl so sein, dass uns Gott daran erinnern muss, dass wir auch im Gnadenstand arme Sünder bleiben, die ganz allein aus der Barmherzigkeit ihres Herrn leben. Schwache Stunden werden bleiben; aber wir können uns darauf rüsten.
b) Markus 6, 30–31 wird uns von der ersten Tätigkeit der Apostel berichtet. Schon gleich bei jenem ersten Dienst der Jünger für ihren Herrn wird etwas von der Gefahr alles Dienstes für Jesus deutlich. Die Jünger waren offenbar in einer ungeheuren Geschäftigkeit. Da kommt der Seelsorger Jesus und sagt ihnen das Wort: „Ruhet ein wenig!“ Man hätte eigentlich genau das Gegenteil erwarten sollen. Müsste er jetzt nicht seine Jünger loben und sie zu noch größerem Eifer anspornen? O nein, der Herr kennt unser Herz und weiß, dass die schwachen Stunden nie so nah sind als dann, wenn uns die Fülle des Dienstes für Ihn überfallen will. „Ruhet ein wenig!“ Da hat der treue Arzt Jesus seinen Dienstleuten von Anfang an die rechte Medizin verschrieben. Man kann nicht für Jesus arbeiten, wenn uns nicht die Zeiten und Stunden heiliger Stille geschenkt werden. Spurgeon sagt dazu: „Ausruhen ist kein Zeitverderb. Durch Ruhe sammelt man frische Kraft. Betrachtet einen Mähder, der vor Sonnenuntergang so viel fertigbringen muss. Er ruht eine Weile aus. Ist er ein Faulenzer? Er hebt einen Stein auf und fährt damit an der Sense auf und ab mit einem kling-klang, kling-klang. Ist das eine Faulheitsmusik? Verliert er kostbare Augenblicke? Wie viel hätte er inzwischen mähen können! Aber er schärft sein Gerät und kann nachher wieder viel mehr arbeiten, wenn er mit ganzer Kraft ausholt und das Gras in Schwaden niederlegt. So stärkt eine kurze Ruhe den Geist zu größerer Leistung im Dienste des Herrn.“
Gehört haben wir schon viel davon. Der Teufel würde sich nicht so viel Mühe machen, uns unter allen Umständen die Stunden der Stille zu verwehren, wenn er nicht genau wüsste, dass damit die Überwindung unserer schwachen Stunden anfängt. Als Paulus mitten in der unerhört kampfesreichen 3. Missionsreise war, da lesen wir in Apostelgeschichte 20, dass er auf einmal alle seine Mitarbeiter wegschickte, um sie erst in Troas wiederzutreffen. Wie mag er in jenen Tagen im Umgang mit Jesus gewesen sein! Vollmacht und Freudigkeit wachsen immer nur aus den Stunden der Stille, wo ein armer, müde gewordener Dienstmann Jesu sich in die Arme seines Herrn wirft, um mit ihm ganz allein zu sein.
c) Stehst du auf dem Felsen des Heils? Ich habe immer wieder den Eindruck, dass unsere schwachen Stunden darin ihre verborgene Quelle haben, dass wir keine Klarheit haben in der Gewissheit unseres Heils. Seht, ein Martin Luther hatte auch eine Menge schwacher Stunden, Stunden der Anfechtung; aber es bewegt uns bis zum heutigen Tage, dass er in der tiefsten Finsternis sich von einem Felsen getragen wusste. Auch die dunkelste Nacht konnte das nicht auslöschen, dass Christus für ihn gestorben war. Bist du dessen eigentlich ganz gewiss, dass du ein Eigentum Jesu bist? Wie soll der Glaube in der Stunde der Anfechtung durchhalten, wenn er nicht mit völliger und unverbrüchlicher Gewissheit auf diesen Felsen gebaut ist, von dem Römer 8 berichtet: „Ich bin gewiß, daß uns nichts scheiden kann von der Liebe Gottes, die in Christo Jesu ist, unserm Herrn.“ Dann mögen getrost schwache Stunden über mich kommen, wenn ich nur mit Johannes sprechen darf: „Wir wissen, daß wir aus dem Tode in das Leben gekommen sind.“
Darum habe ich nur einen Rat für dich: Fliehe zu Jesus hin! Je mehr dir ungewiss wurde, je mehr dir alles wanken will, desto treulicher flieh zu Ihm hin, der unser lebendiger Heiland ist. Nur Menschen, die völlig und ganz bei Jesus geborgen sind, können schwache Stunden überstehen und überdauern.
d) Das ist aber nicht nur ein unbestimmtes Gefühl. Du musst im geordneten und geregelten Umgang mit Jesus stehen. Man kann nicht erst in Stunden der Anfechtung nach der Bibel greifen, dann gelingt nämlich der Griff nicht mehr. Du musst dein Leben hineingebettet haben in das tägliche Reden und Hören mit dem Herrn. Das sind nicht sture äußere Gesetze, sondern das ist Lebenskraft für Menschen, die es mit Jesus wagen. Sollten wir, die wir so anfällig für schwache Stunden sind, nicht unentwegt Kraft und Stärke suchen in Gottes Wort und Gebet?
e) Hast du Gemeinschaft mit den Brüdern? Es ist doch nicht von ungefähr, dass Jesus seine Leute zu zwei und zwei losgesandt hat. Er hat doch schon gewusst, dass jeder seiner Boten durch das tiefe Tal der schwachen Stunden hindurch muss. Aber gerade dann müssen wir Brüder haben, die uns zur Seite stehen. Ich habe Sorge um all die Mitarbeiter, die oft so grenzenlos einsam stehen. Ihr müsst für viele andere sorgen, und um euch sorgt sich keiner. Spürst du denn nicht, dass deine Einsamkeit eine ganze bewusste Isolierung ist, in die dich Satan hineingetrieben hat? Jetzt hat er dich da, wo er dich noch und noch mit schwachen Stunden überfallen kann. Du musst zu den Brüdern! Man kann nicht Stunden leiten, auch nicht Turnstunden oder Posaunenchorstunden, wenn man nicht selbst in einer Bruderschaft geborgen ist und unter Brüdern Gottes Wort hört. Darum gibt es jetzt nur eins: Wenn dich deine schwachen Stunden anfechten, dann fliehe zu den Brüdern! Da bist du geborgen.
f) Noch eine Regel, an die wir oft so wenig denken. Hast du Umgang mit den Vätern? Wie hat mich in Anfechtungsstunden das oft schon getröstet, dass ich in den Schriften alter Glaubensväter lesen durfte! Gerade dann, wenn ich selbst kaum mehr beten konnte, wurde ich aus den Tiefen herausgehoben, wenn ich in diese Welt des Friedens und der Freude eintreten durfte, um die schon unsere Väter gerungen haben. Ich vergesse eine Stunde während des Krieges nie. Wir lagen auf einsamem Wachtposten. All mein Bitten und mein Flehen konnte es nicht verhindern, dass meine Kameraden unser einziges Zimmer mit wüsten Dingen erfüllten. An jenem Nachmittag bin ich draußen umhergegangen und habe in meiner schrecklichen Einsamkeit das Lied auswendig gelernt: „Gib dich zufrieden und sei stille!“ Ich kann euch nur sagen, dass ich plötzlich nicht mehr allein war, und die schwache Stunde durfte mir nichts mehr anhaben. Es ist das Kennzeichen aller schwachen Stunden, dass wir meinen, Jesus sei uns ferngerückt. Und doch ist Er uns nie so nah als dann, wenn wir in Tiefen hinabsinken. Klammere dich doch an die Hand Jesu! Nicht wir, aber Er, Er kann die schwachen Stunden überwinden.