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e) Disziplinarrechtliche Folgen
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Beamtenrechtlich können, wenn die Steuerhinterziehung als Dienstvergehen gewertet wird, Disziplinarmaßnahmen gegen den Beamten verhängt werden. Für Beamte des Bundes wird das Disziplinarrecht im Bundesdisziplinargesetz (BDG) geregelt, für Landesbeamte in den Disziplinargesetzen der Länder, die weitgehend die gleichen Regelungen wie das BDG enthalten und dem BeamtStG. Als Disziplinarmaßnahmen kommen gem. § 5 BDG (bzw. nach den landesrechtlichen Vorschriften) in Betracht: Verweis (§ 6 BDG), Geldbuße (§ 7 BDG), Kürzung der Dienstbezüge (§ 8 BDG), Zurückstufung (§ 9 BDG) und Entfernung aus dem Beamtenverhältnis (§ 10 BDG). Ruhestandsbeamten kann das Ruhegehalt gekürzt (§ 11 BDG) oder aberkannt werden (§ 12 BDG).
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Die disziplinarische Ahndung setzt ein Dienstvergehen voraus (§ 2 BDG i.V.m. § 77 Abs. 1 BBG bzw. die entspr. Norm im Landesdisziplinargesetz i.V.m. § 47 BeamtStG). Unterschieden wird insoweit nach innerdienstlichen Pflichtverletzungen, die stets ein Dienstvergehen sind und außerdienstlichen Pflichtverletzungen, für die nach § 77 Abs. 1 S. 2 BBG hinzukommen muss, dass sie nach den Umständen des Einzelfalles in besonderem Maße geeignet sind, das Vertrauen in einer für das Amt oder das Ansehen des Beamtentums bedeutsamen Weise zu beeinträchtigen. Für Landesbeamte fordert § 47 BeamtStG, eine bedeutsame Beeinträchtigung des Vertrauens in einer für das Amt bedeutsamen Weise. Die Abgrenzung einer außerdienstlich begangenen von einer innerdienstlich begangenen Straftat richtet sich nach der „materiellen“ Dienstbezogenheit, d.h. danach, ob durch das Verhalten innerdienstliche Pflichten verletzt werden.[1099] Demnach begeht der Finanzbeamte eine außerdienstliche Pflichtverletzung, wenn er Einkünfte aus einer genehmigten Nebentätigkeit nicht erklärt. Eine innerdienstliche Pflichtverletzung liegt z.B. in der Anlegung von Steuerkonten für fiktive Steuerpflichtige und der anschließenden Festsetzung von Erstattungsbeträgen, um für sich oder einen Dritten Zahlungen zu erhalten.[1100]
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Auch eine durch einen Beamten außerdienstlich begangene Steuerhinterziehung kann ein Dienstvergehen sein, das Disziplinarmaßnahmen auslösen kann,[1101] wobei sich die zu verhängende Disziplinarmaßnahme nach den Umständen des Einzelfalles richtet.[1102] Nach der diziplinarrechtlichen Rspr. stellt die Steuerhinterziehung schon für sich genommen ein schweres Delikt dar, dessen Gewicht noch erheblich vergrößert wird, wenn sie durch einen Finanzbeamten begangen wird.[1103] Das gilt selbst dann, wenn der Steuerschaden gering ist.[1104] Ist der Umfang der hinterzogenen Steuern besonders hoch oder sind mit dem Fehlverhalten zusätzliche schwerwiegende Straftatbestände oder andere nachteilige Umstände mit erheblichem Eigengewicht verbunden, ist nach der Rspr. des BVerwG eine nach außen erkennbare Disziplinarmaßnahme erforderlich, also zumindest eine Dienstgradherabsetzung geboten, um den Beamten deutlich auf sein Fehlverhalten hinzuweisen.[1105] Ist der Hinterziehungsbetrag siebenstellig, kommt eine Entfernung aus dem Beamtenverhältnis oder eine Aberkennung des Ruhegehalts in Betracht.[1106]
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Die Disziplinargerichte sind an die Feststellungen eines Strafurteils grundsätzlich gebunden (§ 57 Abs. 1 BDG bzw. die landesrechtlichen Vorschriften). Ein rechtskräftiger Freispruch entfaltet Bindungswirkung für das Disziplinarverfahren (§ 14 BDG bzw. die landesrechtlichen Vorschriften). Ist der Beamte wegen Steuerhinterziehung verurteilt worden oder ist das Verfahren endgültig nach § 153a StPO eingestellt worden, kommen daneben die Disziplinarmaßnahmen Verweis, Geldbuße oder Kürzung des Ruhegehalts nicht in Betracht (§ 14 Abs. 1 BDG). Eine Kürzung der Dienstbezüge bleibt möglich, wenn dies zusätzlich erforderlich ist, um den Beamten zur Pflichterfüllung anzuhalten (§ 14 Abs. 1 BDG). Bei einer rechtskräftigen strafrechtlichen Verurteilung zu einer Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr durch Urteil eines deutschen Gerichts endet das Beamtenverhältnis mit der Rechtskraft des Urteils automatisch (§§ 21 Nr. 2, 24 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 BeamtStG). Die im Wege eines Strafbefehls erfolgte Verurteilung entfaltet hingegen keine Bindungswirkung für das Disziplinarverfahren und führt zu keinem automatischen Verlust des Beamtenstatus.[1107] Nach Abgabe einer wirksamen Selbstanzeige i.S.d. § 371 bleibt die disziplinarrechtliche Ahndung der dieser zugrunde liegenden Steuerhinterziehung möglich[1108] (siehe dazu auch § 371 Rn. 296 ff.) kann sich aber, wenn die Abgabe freiwillig erfolgt ist, mildernd auswirken.[1109]
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Bei Mitteilungen wegen Dienstvergehen durch Steuerhinterziehung ist das Steuergeheimnis zu beachten, wonach die Offenbarung entsprechender Kenntnisse eine Ermächtigung i.S.d. § 30 Abs. 4 AO voraussetzt.[1110] Geeignete gesetzliche Ermächtigungsgrundlagen finden sich in § 49 BeamtStG und § 14 EGGVG.
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Für Dienstvergehen von Notaren regeln §§ 95 ff. BNotO das Disziplinarverfahren. Die möglichen Disziplinarmaßnahmen nennt § 97 BNotO: Verweis, Geldbuße und Entfernung aus dem Amt. Nach § 96 Abs. 1 S. 1 BNotO gilt das BDG entspr., soweit in der BNotO nichts Abweichendes bestimmt ist.
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Für Bundesrichter gelten gem. § 46 DRiG die Vorschriften für Bundesbeamte entspr. soweit das DRiG nichts anderes bestimmt. Für Landesrichter gilt gem. § 71 DRiG das BeamtStG. In Disziplinarsachen betreffend Richter entscheiden Dienstgerichte (§§ 61 f., 77 f. DRiG). Für das Disziplinarverfahren gelten die Vorschriften des BDG entspr. (§ 63 Abs. 1 DRiG). Das Dienstverhältnis endet, wenn ein Richter wegen Steuerhinterziehung oder einer sonstigen vorsätzlichen Straftat rechtskräftig zu einer Freiheitstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt wird (§ 24 Nr. 1 DRiG; § 71 DRiG i.V.m. § 24 Abs. 1 Nr. 1 BeamtStG).