Читать книгу Der Schmerz der Gewöhnung - Joseph Zoderer - Страница 8

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Im Bett, in dem Maras Vater gestorben war, hatte er Natalie gezeugt. Ein kleines Zimmer, fast quadratisch, ein oder zwei Bilder an den weißen Wänden, Luftheizung, die in der Nacht aufgeregt röchelte, trockene Halswehluft im Winter. Aber damals war Mai.

Dieses Haus gibt es nicht mehr. Und vielleicht ist es gut, wenn die Mauern der Erinnerung einfallen oder geschleift werden. Auch wenn damals der Löwenzahn die Wiesen rund um das Haus in gelbe Teppiche verwandelt hatte.

Ein Doppelbett mit weichen Matratzen, grüne Fensterläden, ein Blick auf biedere, einzeln stehende Familienhäuser und ferne Bergkonturen.

Von dem Mann, der in diesem Bett nach einem Herzinfarkt aufgehört hatte zu atmen, war ihm oft und immer wieder erzählt worden, meist für ihn Unbedeutendes, aber doch liebevoll Erinnertes. Jul hatte zugehört und dabei gedacht oder sich vorzustellen versucht, dass dies Maras Vater gewesen war und vor allem der tote Großvater von Natalie.

Es war kalt in jenem Haus, wie es hinter den Mauern dieses Hauses immer bis zum Sommer kalt war, auch wenn die Luftheizung fauchte. Im Wohnzimmer hing sein Fotoporträt, schlohweiße Haare auf dem Kopf eines erst Fünfzigjährigen. Mit verhaltenem, gleichbleibendem Fotoblick schaute er auf den Stubentisch herab, grüngraue Augen, eine starke Nase mit weitgeschwungenen Nasenflügeln, ein sanftes Lächeln auf den geschlossenen Lippen. Wäre er noch am Leben, hättest du diese Türschwelle nie überschritten, meinte bald einmal Maras Schwester Teresa auf einer Art Familiengericht in jenem ersten Sommer.

Der Schmerz der Gewöhnung

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