Читать книгу Bergdorf sucht... Arzt - Josie Hallbach - Страница 10

Kapitel 7:

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Nachdem Paula von dem Telefonat mit Julia berichtet hatte, wobei sie allerdings ein paar Details, wie zum Beispiel das mit den örtlichen Behördenproblemen, wegließ, war Bürgermeister Baum sofort dafür, den Gemeinderat einzuberufen.

Weil Pfarrer Ebershäuser durch Zufall etwas von dieser geplanten Besprechung läuten gehört hatte, Tante Lieselotte war nicht umsonst Messnerin, musste auch der Kirchengemeinderat in Gestalt des Pfarrers mit einbezogen werden. Der Rest des Gremiums war ja ohnehin identisch.

Außer den üblichen stimmberechtigten Mitgliedern wurden neben Paula gleich noch Bauer Vollmer und Helmut Tannhauer eingeladen. Auf die kam es nun auch nicht mehr an und vielleicht konnten die beiden Herren ja das Gremium durch sinnvolle Ratschläge bereichern.

Gegen den ausdrücklichen Wunsch des Pfarrers wurde die Zusammenkunft im „Roten Baum“ abgehalten. An seiner Miene konnte man ohne Probleme ablesen, was er von diesem Ort hielt. Er sah in ihm eine Art Vorstufe zur Hölle und litt deshalb die dazu passenden Qualen.

Anne führte wie üblich das Protokoll und Paula nahm dankbar neben ihr Platz.

„So“, der Bürgermeister lächelte in die Runde, wobei er beim Blickkontakt mit dem Pfarrer für einen kurzen Moment seine Euphorie verlor. „Mir befasset uns heut mit einem Antrag von unserm Fräulein Müller. Im Anschluss daran gibts a Diskussion und dann hoffentlich a Abstimmung.“

Alle nickten zustimmend bis auf den geistlichen Hirten, der angestrengt auf seine gefalteten, knochigen Hände schaute. Vielleicht versuchte er sich durch anhaltendes Beten vor der Verderbnis dieses Ortes zu schützen?

„Fräulein Müller, berichtet Sie uns jetzt bitte von dem Telefonat mit ihrer Freundin, so wie Sie mir des vor drei Tag erzählt habn. Die Frau Werner war ja in de Weihnachtsferien hier bei uns, so dass sie jedermann bekannt sei dürft.“

„Sie hat bei mir übernachtet“, erwähnte Tante Lieselotte stolz. „Der habet meine Weihnachtsbrötle besonders gut gschmeckt, vor allem die Zimtstern. Und Kässpatzn mag se au.“

Bevor sie noch die Fotoalben und das Himmelbett erwähnen konnte, ergriff Paula lieber das Wort und berichtete eindringlich von dem Internat und den baulichen Problemen der momentanen Unterkunft. Die zwischenmenschlichen Differenzen mit den Bewohnern der Kleinstadt streifte sie allerdings erneut nur kurz.

„Solche armn Kinder“, sagte Tante Lieselotte und zerdrückte eine Träne vor ihren Augen. Dreißig Heimatlose auf einmal brachten ihr Herz mächtig in Wallung.

„Aber wie habet die sich des vorgstellt?“, fragte Bauer Vollmer schon etwas kritischer. „In Lämmerbach gibts keine Räumlichkeiten für vierzig Leut oder mehr.“

„Vielleicht könntet mir die Leut ja auf mehrere Häuser verteiln. Es stehn im Dorf einige leer“, schlug Herr Tannhauer vor.

„Also ich weiß net, leer stehn tun zwar an Haufn Häuser, aber die wenigsten sind so, dass ma auch drin wohnen könnt“, gab Volker Zauner, der Praktiker zu bedenken. „Die müsst ma alle erst in Stand setzn.“

„Auch bin ich mir net sicher, ob ich so a Horde Jungs überhaupt bei uns im Dorf habn will. Die bringet en Haufn Unruhe rei“, meldete sich Bauer Vollmer wieder zu Wort.

„Es handelt sich auf alle Fälle um keine unproblematischen Jugendlichen“, sagte Anne und hob ihren Kugelschreiber mahnend in die Höhe. „Das müsste euch klar sein.“

„Du hast Recht, Anne. Nachher nehmet die Drogn und randalieret.“ Volker Zauner blickte bedenklich drein. „Des könntet mir in Lämmerbach net brauchn. Mir müsset an unsre eignen Kinder denkn.“

Paula schaute bei diesen Worten krampfhaft in Richtung Theke. Das Erlebnis mit Hannes stand ihr lebhaft vor Augen. Auch Anne kritzelte eifrig auf ihrem Blatt herum und wirkte mit einem Mal sehr beschäftigt.

„Die werdn ja sicher fachmännisch betreut und sind net sich selber überlassn“, warf der Bürgermeister ein. „Und unsere eignen Jungn machn au so manchn Blödsinn. Ich möcht für mein Georg net die Hand ins Feuer legn.“

„Amen dazu und für eure Josepha besser auch nicht“, meinte der Pfarrer säuerlich und erntete dafür einen bösen Blick seines weltlichen Kontrahenten. Das störte ihn jedoch wenig. Er nutzte, nachdem er nun seine heilige Zurückhaltung gebrochen hatte, die Gelegenheit, gleich noch ein paar Worte hinzuzufügen: „Meine lieben Geschwister, wir müssen das alles aus einer höheren, sozusagen göttlichen Perspektive betrachten. Wäre ein solches Internat in Lämmerbach nicht ein erneutes Wunder? Die Antwort auf unsere inbrünstigen Gebete nach Belebung?“ Er wagte sogar ein charismatisches Lächeln, während seine Hände sich gen Decke streckten. „Eine Aufgabe für uns alle, diesen jungen, verblendeten Menschen den rechten Weg zu zeigen?“

„Es kommt halt drauf an, wo der Weg hinführt“, meinte Herr Tannhauer trocken und grinste höchst unprofessionell, „eher in die Kirch oder lieber ins Wirtshaus.“

Er bekam vom Pfarrer und vom Bürgermeister gleichermaßen einen strafenden Blick zugesandt und stellte sein Grinsen daraufhin abrupt ein.

Bei so viel Unterstützung von bürgerlicher Seite, wagte der Kirchenführer sein nächstes Anliegen vorzubringen, eine Sorge, die ihn bereits seit Beginn der Sitzung mit aller Macht umtrieb. Er räusperte sich und schaute einmal schwergewichtig in die Runde. Zum Schluss blieb sein Blick bei Paula hängen: „Gehe ich recht in der Annahme, dass es sich bei diesem Internat um keine kirchliche Institution handelt?“ Ein erneutes Räuspern folgte. „Ich mein halt, wenn ein katholischer Träger dahinterstecken würde, wäre das natürlich ein Problem für uns hier in Lämmerbach.“ Nun hüstelte er sogar. „Nicht, dass ich was gegen die Katholische Kirche hätte, aber äh… Ich nehme an, Sie wissen, was ich mein, Fräulein Müller.“

Daran hatte bisher natürlich niemand gedacht und Paula versprach dies möglichst schnell in Erfahrung zu bringen.

Zuerst musste allerdings eine generelle Entscheidung getroffen werden.

Bauer Vollmer war dafür, die Jungs auf eine der Almen zu stecken. Dort konnten sie nicht so viel Unheil stiften. Davon hielt aber Volker Zauner nicht viel, vor allem, wenn dabei die Sennalm ins Spiel käme. Er wollte keinen Haufen Krimineller vor seiner Nase sitzen haben. Auch die Hochalm schied mehr oder weniger aus, weil die ja von den Leipolds voll bewirtschaftet wurde. Man schaute sich ratlos an. Auf diesem Wege würde man zu keiner Einigung gelangen.

„Vielleicht sollten wir Julias Verwandten einfach herkommen lassen, damit er sich selbst einen Eindruck verschafft und wir mehr über seine Vorstellungen erfahren“, schlug Anne irgendwann vor, als sie vom Hin- und Herdiskutieren genug hatte. „Möglicherweise sind ja genug Steuergelder da, dass ein völlig neues Gebäude gebaut werden kann. Dann können wir uns die Almen- und Häuserdiskussion sparen.“

Der Bürgermeister wirkte erleichtert und wischte sich den Schweiß von der Stirn. „Wer is für der Anne ihr Idee? Jetzt will ich aber nur die Händ von Stimmberechtigte sehn.“

Die Angesprochenen hoben einmütig die Hand, Tante Lieselotte allerdings erst, nachdem sie von Volker in die Seite geboxt worden war. Anne schrieb daraufhin eifrig ins Protokoll.

„Um was gings gleich noch amol bei dem Vorschlag?“, fragte das Fräulein mit einem unsicheren Lachen, nachdem die Abstimmung endlich dokumentiert worden war.

Volker Zauner stöhnte verzweifelt vor sich hin, stopfte sich aber statt einer Entgegnung lieber seine Pfeife.

Herr Tannhauer schlug dagegen vor, sie demnächst mal mit in die Stadt zu nehmen, um ihr ein Hörgerät zu organisieren.

„Ich hab halt net alles verstandn. Die Anne redet manchmal so leis“, entschuldigte sie sich.

„Aber abstimmen tust trotzdem, solang du noch dein Arm heben kannst“, resümierte der Bürgermeister und hoffte auf die kommenden Wahlen. Mit einem solchen Gremium arbeiten zu müssen, war eine Zumutung.


Paula nahm ihre Freundin im Anschluss an die Sitzung zur Seite und fragte, ob der Bürgermeister etwas von der Drogengeschichte im Herbst erfahren habe.

„Du meinst, weil er gleich reagiert hat?“ Anne zog eine Grimasse. „Nun ja, irgendwie schon. Ihm fiel auf, dass sein Sohn tagelang mit Stecknadelpupillen herumlief. Allein vom Schnaps kam das nicht. Außerdem erschien es mir angebracht, wenigstens den Bürgermeister in die Sache einzuweihen. Wir haben das anschließend auf unkonventionellem Weg geklärt. Georg ging eine Woche lang jeden Morgen Holzhacken und ich habe dein Bruderherz dazu gezwungen, Georg ausführlich zu schildern, wie solche Entgiftungsmaßnahmen ablaufen. Ich denke, das war für alle Beteiligten eine ausreichende Lektion.“


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