Читать книгу Bergdorf sucht... Arzt - Josie Hallbach - Страница 15
Kapitel 12:
ОглавлениеAm Samstagvormittag gab es ein konspiratives Treffen zwischen Bürgermeister Baum und Phillip Teichmann. Was ausgehandelt wurde, erfuhr niemand. Aber die beiden Männer verabschiedeten sich unter den neugierigen Augen einiger Lämmerbacher per Handschlag. Tante Lieselotte behauptete hinterher, sie hätte ein Schimmern in den Augen des Bürgermeisters gesehen, das von neuer Hoffnung gekündet habe.
Den Samstagabend verbrachten Julia und ihr Cousin traditionsbewusst im „Roten Baum“, mitten unter den Einheimischen. Dass die blonde Lehrerin mit Ausnahme der allgegenwärtigen Josepha, die mal wieder mit unübersehbar vorgeschobenem Busen am Tresen stand, dabei die einzige Frau war, störte sie nicht im Geringsten. Sie flirtete ungeniert mit allem, was über fünfzig war und einen Bart trug. Dies traf auf nahezu alle anwesenden Männer zu.
Trotz der sonst so deutlich vorherrschenden konservativen Grundhaltung, schien ihr das an diesem Abend niemand übel zu nehmen. Im Gegenteil, der alte Vollmer war sogar förmlich entzückt über ihre Gegenwart und wollte ihr unbedingt einen Likör spendieren. Selbst Volker, der in dieser Zusammensetzung sozusagen die Jugend repräsentierte, versuchte sich ihr gegenüber in ein angenehmes Licht zu rücken, auch wenn er dazu den Gedanken an seine Frau und die vier Kinder kurzzeitig unterdrücken musste.
Julia tat ihr Möglichstes und lachte über jeden Witz, selbst wenn dieser noch so alt und abgestanden war. Sie tat es ausdauernd und mit glockenheller Stimme und setzte dadurch einen richtiggehenden Wettbewerb in Gang. Jeder versuchte den anderen mit einer noch lustigeren Geschichte zu überbieten und die Stimmung stieg sprunghaft nach oben. Nebenbei probierten die alten Herren, ihren gutaussehenden Gast in die Landessprache einzuweihen. Julia sprach brav und mit hörbar wenig Begabung alles nach, was man ihr vorsagte und erntete dafür weitere, dankbare Lachsalven.
Hinterher konnte sich niemand erinnern, je einen lustigeren Abend im „Roten Baum“ verbracht zu haben.
Phillip Teichmann wurde nach einer von ihm spendierten Runde Bier in dieser eingefleischten Gemeinschaft ebenfalls wohlwollend willkommen geheißen und nutzte die lockere Atmosphäre und die Bestechlichkeit der Einheimischen schamlos aus.
Keineswegs nüchtern, aber dafür in umso ausgelassenerer Stimmung, trennte man sich kurz vor Mitternacht. Und selbst da musste der Gastwirt tatkräftig nachhelfen. Volker wurde von hinten geschoben und von vorne gezogen, während man den im Eck sitzenden Matthias Schindhelm einfach bis vor seine Haustür trug und dort niederlegte. Zum Glück brauchte man dazu nur hinter dem Wirtshaus einem mit Schlaglöchern übersäten Gässchen folgen, um zu seinem abbruchreifen Anwesen zu kommen.
Phillip, der noch halbwegs geradeaus gehen und sehen konnte, bot sich an, Volker in dessen Geländewagen nach Hause zu fahren. Dafür erntete er weitere Pluspunkte. Es hätte nicht viel gefehlt, und er wäre in dieser Nacht zum Ehrenbürger von Lämmerbach ernannt worden.