Читать книгу Bergdorf sucht... Arzt - Josie Hallbach - Страница 14
Kapitel 11:
ОглавлениеSie saßen anschließend in fröhlicher Runde bis in den Abend hinein im Arzthaus bei Wein und Käse zusammen. Paula hatte zwar ein etwas schlechtes Gewissen, weil die übrigen Lämmerbacher den Karfreitag vermutlich besinnlicher beendeten, aber sie mussten es ja niemandem erzählen. Und Gott würde es hoffentlich verstehen.
Phillip entdeckte irgendwann das Klavier im Wohnzimmer und setzte sich nach einer kurzen Rücksprache mit Anne daran.
Weder Anne noch Daniel konnten richtig Klavierspielen, auch wenn ihr Vater das immer als Herzenswunsch geäußert und Tante Lieselotte sich zwei Jahre lang alle erdenkliche Mühe gegeben hatte. Aber Musikalität war keinem der Familie Martin in die Wiege gelegt worden und das Klavier stand somit mehr als Mahnmal in der Wohnung.
Phillip Teichmann dagegen war ein Naturtalent. Er entlockte dem Instrument Töne, die niemand für möglich gehalten hätte. Julia sonnte sich in familiärem Stolz und hatte ein strahlendes Lächeln aufgelegt. Phillip konnte nahezu jedes beliebige Lied auf Anhieb nach Noten spielen und das beinahe fehlerfrei. Doch seine geheime Leidenschaft war das freie Improvisieren. Schließlich war er in seiner Jugend Keyboarder einer Band gewesen.
Irgendwann standen alle um ihn herum und sangen. Anne klang erbarmungswürdig falsch, in der Kirche fiel das zum Glück nicht auf und Julias Stimme hörte sich auch nicht wesentlich besser an. Sie ähnelte einer verstimmten Geige. Paula dagegen konnte auf der ganzen Linie punkten. Zwei Jahre in einem Gospelchor trugen eben irgendwann Früchte und reichten offensichtlich, Klavier spielende Männer zu beeindrucken.
Nachdem Phillip bereits mehrfach das Gesicht schmerzhaft in Richtung der ersten beiden Sängerinnen verzogen hatte, gaben diese, dem leidenden Umfeld zuliebe auf und kehrten demütig zum Sofa zurück, während Paula nun erst recht in Schwung kam. Phillip und sie stemmten musikalisch mehrere Duette und dazu einige anspruchsvolle Gospels. Paula vergaß dabei völlig die Welt um sich herum. Ein seltenes Gefühl der Glückseligkeit übermannte sie. Sie hatte schon immer gern gesungen und endlich teilte jemand diese Leidenschaft. Er schien alle Lieder zu kennen, die sie auch kannte und ihm machte dieses gemeinsame Singen mindestens genauso viel Spaß wie ihr.
Sie bewältigte gerade eine ziemlich schwierige Stelle mit einigen Tonsprüngen und Synkopen, als sie Daniel Martin im Türrahmen stehen sah. Sie hatte keine Ahnung, wie er so schlagartig aus dem Nichts hatte auftauchen können. Ihr kam der musikalische Faden abhanden und das Stück endete mit einem Misston. Gleichzeitig kroch die Wärme ohne Gegenwehr von ihrem Ausschnitt bis hinter die Ohren. Sie konnte sich denken, wie diese Szene auf den unerwarteten Besucher wirken musste: Die kleine, naive Lehrerin, die mit schmetternder Stimme und weltentrücktem Blick am Klavier stand und … sich lächerlich machte.
Phillip Teichmann brach nun ebenfalls ab und drehte sich erstaunt um. Die Stimmung im Raum änderte sich schlagartig. Es begann zu knistern.
„Du hier?“, sagte Anne. „Das ist aber eine Überraschung.“
„Es war eine spontane Idee. Ich habe über die Feiertage kurzfristig freibekommen“, antwortete Daniel und schaute dabei seltsamerweise Julia an.
Anne stellte ihm Phillip vor. Dieser ließ seine Grübchen spielen. Der Ankömmling zeigte sich davon jedoch unbeeindruckt. Vielleicht hatten Grübchen auch einfach keine so umwerfende Wirkung auf Männer.
„Ich richte dir das Stübchen. Die anderen Zimmer sind im Moment leider alle belegt“, bot seine Schwester an. Sie sah etwas unbehaglich drein.
Daniel winkte ab: „Ich komme schon klar. Irgendwo wird sich ein freies Bett finden, nehme ich an. Lasst euch durch mich nicht weiter stören. Ich schau, ob noch was vom Abendessen da ist.“
Trotzdem ging seine Schwester mit ihm zusammen raus und kam erst geraume Zeit später wieder ins Wohnzimmer zurück.
Paula fühlte sich allein durch das Wissen um Daniels Anwesenheit unwohl und verabschiedete sich kurz darauf unter dem Vorwand, müde zu sein. Es erschien ihr angebracht, ein paar Meter Abstand zwischen sich und Annes Bruder zu bringen. Das bekam ihrer Psyche weit besser.