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Kapitel 13:

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Am nächsten Morgen brauchte Paula erneut reichlich Zeit im Badezimmer. Hannes verlor beinahe die Geduld, weil er sich aus unersichtlichen Gründen vorgenommen hatte, ebenfalls den Gottesdienst zu besuchen.

Ihr Haar wollte und wollte sich heute nicht in Form bringen lassen. Schließlich gab sie entnervt auf und entschloss sich einmal mehr zum phantasielosen Pferdeschwanz.

Außerdem musste sie noch das Fleisch in den Backofen schieben, damit es bei niedriger Temperatur bis zum Mittagessen fertig gegart und hoffentlich zart sein würde. Es sollte Lammbraten mit Kartoffelpüree geben.

Beim letzten Glockenschlag, das heißt eigentlich zu spät, betrat sie endlich das Gotteshaus. Hannes saß längst mit Nicole zusammen an der Wandseite der dritten Bank.

Es gab nur noch neben Phillip Platz, der sich ganz außen hingesetzt hatte. An seiner anderen Seite befand sich Anne mit einer perfekt gestylten Frisur. Wenn Paula sich nicht täuschte, hatte sie zur Feier des Tages sogar dezentes Rouge aufgelegt.

Julia dagegen sah aus, als wäre ihr heute Nacht eine Kuh über das Gesicht getrampelt, da rettete auch ihr Make-up nichts mehr. Vielleicht hätte sie gestern Abend doch nicht so viele Runden lang mithalten sollen. Sie begrüßte Paula mit einem leidenden, schwachen Nicken.

Während Tante Lieselottes Orgelvorspiels öffnete sich erneut die Kirchentür. Sie war also nicht der einzige, unpünktliche Gottesdienstbesucher gewesen, stellte sie zu ihrer Erleichterung fest. Die Erleichterung hielt jedoch nur so lange vor, bis sie entdeckte, wer das verspätete Kirchenmitglied war: Niemand anderes als Daniel. Und er wollte ausgerechnet auch in ihrer Reihe sitzen. Dabei saßen sie bereits wahrhaft eng genug.

Trotzdem erfolgte nun ein kollektives Rücken nach links, dem sich Paula notgedrungen anschloss. Wenige Sekunden später befand sie sich zwischen Phillip Teichmann und Daniel Martin eingekeilt, mit beiden auf mehr als enger Tuchfühlung. Kein Wunder, dass sie sich bei so viel männlicher Nähe ein weiteres Mal nur schwer auf die Predigt konzentrieren konnte.

Um wenigstens zur Abwechslung nicht rot anzulaufen, versuchte sie sich mit unverfänglichen Gedanken abzulenken. Nachdem es mit grünen Wiesen und blühenden Vorgärten nicht funktionierte, probierte sie es mit ihren Schülern und der Visitation in etwas über einer Woche. Allerdings kamen ihre Überlegungen jedes Mal, wenn sie ein Ellbogen streifte oder ein männliches Hosenbein allzu sehr gegen ihr Knie drückte, unweigerlich ins Holpern. Sie musste aufpassen, dass ihre Hormone nicht demnächst mit ihr durchgingen. Nichtsdestoweniger probte sie einen harmlosen Gesichtsausdruck und zählte nebenbei die Minuten, die der Gottesdienst wohl noch dauern würde.

Pfarrer Ebershäuser fand, so kam es ihr zumindest vor, mit seiner Predigt kein Ende. Paula rutschte unwillkürlich öfter als sonst vor und zurück und wusste nicht recht, wie sie ihre Beine unterbringen sollte. Ausgerechnet heute hatte sie sich wegen des feierlichen Anlasses für einen Rock entschieden: Natürlich einem in einer gedeckten Farbe, der bis über die Knie ging, aber von dem sie wusste, dass er ihre Figur vorteilhaft zur Geltung brachte. Doch gerade dieses Kleidungsstück besaß seine Tücken. Sei es durch die Enge oder die darunterliegende Feinstrumpfhose: Der Rock hatte bei ihrer notorischen Sitzunruhe die unheilvolle Tendenz, ständig nach oben zu wandern, was wiederum Paula einiges an Mühe kostete, ihn anschließend in seine ursprüngliche Position zurückzubringen.

Daniel beobachtete diese sportliche Leistung mit sichtlicher Begeisterung, während Phillip es vorzog, mit offenem Gesichtsausdruck der Predigt zu lauschen und sich ansonsten darauf beschränkte, seiner Sitznachbarin das Gesangbuch hinzuhalten.

Paula nutzte das Stehen während des Gebets, um dem Rock eine erneute Grundkorrektur zu verpassen und die entstandenen Falten zu glätten. Sie erntete dafür einen empörten Blick von einer älteren Bauersfrau, die ihr schräg gegenüberstand und diese Zeit offensichtlich ebenfalls nicht nur in geistlicher Sammlung verbrachte. Paula senkte schnell demütig die Augen.

Kaum war das Orgelnachspiel verklungen, Tante Lieselotte hatte sich einmal mehr übertroffen und mutig, aber wenig talentiert an einer Bachkantate herummodelliert, floh Paula unter dem Vorwand, das Essen vorbereiten zu müssen, nach draußen.

Sie vergaß vor lauter Hast, ein Opfer einzuwerfen.


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