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Kapitel 2 Vorbereitungen für die internationale Arbeit: Jugend- und Schülerarbeit. 1924–1939 2.1 Einleitung

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Der Erste Weltkrieg hinterließ tiefe Wunden. Millionen junger Männer waren in den Gräben gestorben; und noch einmal mehr Opfer forderte die Spanische Grippe. Das europäische Selbstverständnis, ein zivilisiertes und fortschrittliches Vorbild für die Welt zu sein, hatte großen Schaden genommen. Die offensichtliche Ausweitung der westlichen, mehr oder weniger christlichen, Zivilisation hatte ihre Selbstverständlichkeit verloren. Es waren noch keine zehn Jahre vergangen, seit John Mott 1910 auf der Weltmissionskonferenz in Edinburgh von der »Evangelisierung der Welt in dieser Generation« gesprochen hatte.1 Jetzt war die angebliche Quelle der Zivilisation verseucht mit Tod und Zerstörung. Die Kirchen hatten während des Krieges eine verwerflich legitimierende Rolle gespielt; hatten in allen kriegführenden Ländern um ihren nationalen Sieg gebetet. Ohne zu zögern hatten die kirchlichen Würdenträger die Waffen gesegnet.

Aus dieser Gemengelage entstand in den zwanziger Jahren in den bereits existierenden ökumenischen Organisationen ein immer stärker werdendes Gefühl der Dringlichkeit. Verschiedene Bewegungen wurden gegründet, um kirchenleitende Persönlichkeiten zusammenzubringen; nicht auf bilateraler, sondern auf universeller Basis. Auf der Suche nach aktuellen Formen der christlichen Einheit spielten die organisierten Kirchen selbst jedoch kaum eine Rolle. Es waren hauptsächlich unabhängig agierende motivierte Persönlichkeiten, die die Führung übernahmen. Zu den bekanntesten Beispielen gehören die Bewegung für praktisches Christentum, die 1925 auf Initiative des schwedischen Bischofs Nathan Söderblom in Stockholm gegründet wurde, mit dem englischen Namen Life and Work, die Bewegung für Glauben und Kirchenordnung, die 1927 durch den kanadischen Bischof Charles H. Brent in Lausanne ins Leben gerufen wurde, mit dem englischen Namen Faith and Order. In bereits bestehenden Bewegungen wie dem Internationalen Missionsrat, den christlichen Jugendbewegungen wie dem YMCA bzw. seinem Pendant für junge Frauen (YWCA) oder dem Christlichen Studentenweltbund (World Student Christian Federation / WSCF) wurden die eigenen Leitlinien neu definiert. Die World Alliance for Promoting International Friendship (Weltbund für Freundschaftsarbeit der Kirchen) war zu Beginn des Ersten Weltkriegs gegründet worden. Es war eine Bewegung mit guten Absichten, aber sie war nicht stark, da sie aus einzeln agierenden Personen bestand. Es fehlten Verbindungen zu den institutionellen Kirchen. Mit der Zeit aber bildeten sich allmählich informelle Netzwerke ökumenischer Kontakte heraus, weil sich in diesen Bewegungen immer wieder dieselben Personen trafen. Diese Netzwerke wurden im Laufe der 1920er Jahre immer wichtiger. Etwas losgelöst von diesen Entwicklungen war allerdings eine ältere ökumenische Bewegung, die Evangelische Allianz. Sie war 1846 in London als protestantische Antwort auf die damalige europäische Wiederbelebung des Katholizismus gegründet worden.


Während eines Studentenaustausches in den 1920er Jahren

Das war das sich entwickelnde Arbeitsfeld, in das Visser ’t Hooft 1924 hineinkam. Seine Anstellung als Sekretär für europäische Jugendarbeit bei der World Alliance of YMCA in Genf war also eine Pionierposition, die erst noch ihre Form finden musste. Er hatte keinen Vorgänger, von dem er die Arbeit übernehmen konnte. Sein bescheidenes Gehalt wurde zunächst von der niederländischen Abteilung des YMCA gezahlt. Bei dieser Arbeit war die tatkräftige und kreative Art und Weise, wie er diese Position besetzte, auffallend. Was waren seine Einsichten? Wie ging er mit dem internationalen Idealismus und dem aufkommenden Faschismus der 1920er Jahre um? (2.2) Der YMCA delegierte den jungen Sekretär zu einer Reihe wichtiger internationaler ökumenischer Konferenzen. Die erste davon war 1925 die Gründungskonferenz der ökumenischen Bewegung für praktisches Christentum Life and Work in Stockholm unter der Leitung des schwedischen Erzbischofs Nathan Söderblom. Bei diesen internationalen Treffen lernte er viel. (2.3) Seine Arbeit führte ihn auch in die USA, wo eine YMCA-Weltkonferenz, die 1926 in Helsinki stattfinden sollte, vorbereitet wurde. Die Entwicklungen im amerikanischen Christentum faszinierten ihn so sehr, dass er sich entschloss, seine Dissertation diesem Thema zu widmen und dazu 1928 promoviert wurde. (2.4) Um 1930 wurde er nach und nach zum Christlichen Studentenweltbund (WSCF) versetzt. Einige Jahre lang war er sowohl Mitglied des YMCA als auch des WSCF, wobei er beim WSCF vor allem als Redakteur und Redner auffiel. Er nahm klare Positionen ein und konnte seine Zuhörer faszinieren, weil es ihm gelang, zu vereinfachen und trotzdem in seinen Worten Tiefe zu bewahren. (2.5) Zu Beginn der 1930er Jahre war ganz Europa an Abrüstungsgesprächen beteiligt, die vom Völkerbund in Genf organisiert wurden. Inwiefern stellte Visser ’t Hooft für die Mitglieder seiner Bewegung die Verbindung zwischen dem, was hier geschah, und ihrem Engagement als christliche Studenten her? (2.6) Fast zur gleichen Zeit kam in Deutschland Adolf Hitler an die Macht. Visser ’t Hooft unterschätzte zunächst, was das bedeutete. (2.7) Er hegte große Erwartungen an die Mission in den Kolonien und außerhalb Europas und verfolgte mit Interesse die Entwicklung der Unabhängigkeitsbewegungen. Schließlich lehnte er es aber ab, sich aktiv an der Missionsbewegung zu beteiligen. (2.8) Er kam aus der Jugendbewegung, aber nach und nach konzentrierte er sich immer mehr auf die Rolle der Kirche. Er sah darin eine Möglichkeit der Erneuerung, was sich für ihn an der zunehmenden Bedeutung wichtiger sozialer Fragen abzeichnete. 1938 war er aussichtsreicher Kandidat für die gewichtige Position des Sekretärs des sich im Aufbau befindenden Ökumenischen Rates der Kirchen (ÖRK). Im Sommer 1939, kurz vor dem Ausbruch des Zweiten Weltkriegs, trafen sich 1.500 evangelische Jugendliche aus zahlreichen Ländern in Amsterdam. Dieses Treffen hinterließ einen tiefen Eindruck auf Wim Visser ’t Hooft. (2.9)

Willem Adolf Visser 't Hooft

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