Читать книгу wenn's weihrazt - Karl-Heinz Reimeier - Страница 19

Оглавление

„Der kimmt! Den han i gsehng!“

Des is wia bo meim Bruada, wia der vo Russland kemma is. Da Kriag is scha lang goa gwen und mir ham na fuchzehn Monat lang nix gwisst dava. Und d Muadda hot oiwei gsogt: „Den han i gsehng bei da Nocht. Der is vor meim Bett dot gstandn. Der kimmt!“ Und mir ham ma oi Tog aaf d Nocht betn müassn, so vej scha, olle Gebete ham ma kinnt. So vej scha, anderst hätt ma goa net ins Bett geh derfa. Und do ham ma oiwei bet für n Schos aa.

Und eines Tages ham ma gmaht, ham ma zum Heugn gmaht und während n Broudln – do hots oiwei a koite Mill gebm und a koite Suppn, des is mitgnumma wordn – hamma im Gros hidan gsitzt, schreit oana: „Muadda!“ Und d Muadda rumpet aaf d Höh und schreit: „Da Schos!“ Iatz is owa da Kria scha lang goa gwen, 15 Manat dano. Kimmt a daher, koi Hoa, koi Zähnd, koan Schuah, gar nix, grod na Haut und Boana. Dass der hoamgfundn hot! Dahoam hot a d Malaria kriagt. Mit Malaria hamds n o do drinn entlassn, bis Berlin hamds n mit an Lastwog brot und vo Berlin do her, zu uns her is a z’Fuaß ganga. Vo Deggndorf is a r owa ganga. Und z Hengersberg hamd n Vowandte gsehng, de hamd n dann üwer d Nocht gnumma, de hamd eahm na an anders Hemad aglegt, des hamds vobrennt, wos a r aghot hot. Weil a so voi Läus gwen is. Na iatz sogt d Muadda: „Des is da Schos!“ Ham ma oizamt d Löffen weggworfa, de hand e d Stauan eigflogn. Koans hot gwisst, wo da Löffe is, hamma r aa goa nimma gfundn. Und wirkle is a s gwen. Owa vo da Stimm hots n glei kennt. Meine Güte, is des ebs gwen.

Und im Dorf is na oana gwen und do hand dahoamt a drei a vier Kinder gwen, und se hättnt hoit aa so hoat gwoat um an Vaddan, wei der aa in Rußland gwen is. Und der is net kemma. De hand vorm Haus draußt gwen und hamd bleat und gwoant. Des is a Katastrophe gwen.

Owa er (da Schos) hot eh s Lebm kaam durbrot. Und z Schejna hams im Wirtshaus gsogt: „Wos wejts en mit dem? Der stirbt o eh scha!“ Und er is nia in des Wirtshaus mehr eiganga. Und er is wieder worn. Do is a Dokta draußt gwen z Schejna und der hot gsogt: „Du derfst überhaupt nix oabatn“. Er hot eahm de richtige Medizin gebm.

Zwoamoi is a r ausbrocha aus da Gefangenschaft, hamds eahm s Gwehr scha agsetzt. Danebm is oana gstandn, an ejtana, der hots a so gmocht (mit dem Kopf verneint), er soll na net daschoissn. Und er hotn net daschossn.

D Muadda hot oiwei gsogt: „Es kinnts sogn wos mögts. Des richts ma r es net ei. I woaß`!“ Und d Leut hand so gscheit gwen und hamd s scha gsehng und hamd im Fernseh ghört, dass er gschtoam is. „Es kinnts sogn, wos mögts. Es bringts mi net o. I han a gsehng, er is bo meim Bett gstandn“.

Mir ham ma ja sejba gsogt, des gibts goa nimma. Wei scha oiss dahoam gwen is normal.

Sagerer Rosa, mitgeteilt 25.01.12

„Der kommt! Ich habe ihn gesehen!“

Und dann habe ich noch eine Geschichte von meinem Bruder über seine und unsere Erlebnisse, als er aus dem Russlandfeldzug wieder nach Hause kam.

Der Krieg war schon lang, über ein Jahr lang, zu Ende. Wir haben von ihm nichts gewusst, über fünfzehn Monate lang nichts von ihm gehört. Mutter aber sagte immer, wenn die Sprache auf ihn kam: „Ich habe ihn gesehen! In der Nacht habe ich ihn gesehen. Er ist direkt vor meinem Bett gestanden!“

Wir alle haben damals vor dem Bettgehen beten müssen, das war Pflicht. Aber nicht nur ein einziges Gebet, nein, sehr, sehr viele Gebete mussten wir aufsagen – und alle haben wir auswendig sagen können. Wenn wir die nicht gebetet hätten, hätten wir nicht ins Bett gehen dürfen. Ja, und dabei haben wir – unter anderem – auch immer für den Bruder, den Georg, gebetet.

Eines Tages waren wir alle zusammen draußen auf der Wiese zum Mähen. Wir haben Gras zum Heuen gemäht. Während wir zur Rast im Gras beisammen saßen und Brotzeit machten – dazu hat man von zu Hause kalte Milch und eine kalte Suppe mitgebracht – hörte man aus der Ferne eine Männerstimme rufen: „Mutter!“ Die Mutter sprang mit einem Satz vom Boden auf und schrie: „Georg!“

Fünfzehn Monate war nun der Krieg schon vorbei, man kann es beinahe nicht glauben – kommt da der Georg heim. Kaum zu erkennen war er für uns, keine Haare, keine Zähne, keine Schuhe – überhaupt nichts, nur noch Haut und Knochen! Ein Wunder, dass der überhaupt noch heim gefunden hat!

(Georg ist zu Hause krank geworden, man hat ihn nämlich drinnen schon mit Malaria aus der Gefangenschaft entlassen. Bis Berlin wurde er mit Lastwagen transportiert und von Berlin bis zu uns hierher ist er zu Fuß gegangen. Auf der letzten Strecke von Deggendorf nach Hause haben ihn in Hengersberg Verwandte aufgegriffen. Die haben sich um ihn gekümmert, haben ihn über Nacht aufgenommen und ihn mit frischer Kleidung ausgestattet. Das alte Gewand wurde verbrannt, weil es von Läusen nur so gewimmelt hat darin.)

Die Mutter ruft noch einmal: „Das ist der Georg!“ Wir alle haben unser Löffel weggeworfen, dass sie nur so in die Stauden geflogen sind. Keiner wusste nachher mehr, wo sein Löffel war, keiner hat ihn mehr gefunden. Und wir liefen dem Georg entgegen – und wirklich: er war es. Mutter hat ihn sofort erkannt, nur an seiner Stimme! Meine Güte, das war was!

Und so hat sich bewahrheitet, was Mutter immer und immer wieder behauptet hatte: „Ihr könnt sagen, was ihr wollt. Ihr bringt mich nicht von meiner Meinung ab. Ich weiß, dass er kommt!“ Und das sagte sie auch dann noch, als die Leute alle plötzlich so gescheit waren, weil sie im Fernsehen und überall schon gesehen und gehört hatten, dass der Georg in Gefangenschaft gestorben sei. Und, wenn ich ehrlich bin, wir haben selber schon nicht mehr daran geglaubt, dass der Georg noch kommt. Die anderen waren ja alle schon daheim! „Ihr bringt mich von meiner Meinung nicht ab, er ist vor meinem Bett gestanden!“, so war immer die gleichbleibende Rede der Mutter.

(Im gleichen Dorf galt noch ein anderer Mann als vermisst. In dessen Familie waren drei oder vier Kinder daheim. Und die haben alle voll Bangen auf ihren Vater gewartet. Der war nämlich auch in Russland. Der Georg ist nach Hause gekommen, deren Vater aber nicht. Alle standen draußen vor dem Haus und alle weinten. Das war eine Katastrophe!)

Nachtrag:

Georg fand schwer in den Alltag daheim zurück. Im Wirtshaus in Schöllnach ging die Rede: „Was willst denn mit dem? Der stirbt ja eh schon bald!“ Georg selbst ist in dieses Wirtshaus nie mehr hinein gegangen. Gesund ist er aber wieder geworden. Ein Arzt aus Schöllnach hat ihm die richtige Medizin verschrieben. Jetzt ist er 87 Jahre alt. Erschütternd sein Erlebnis in der russischen Gefangenschaft: zweimal versuchte Georg, auszubrechen. Immer wieder wurde er eingefangen und zurück gebracht. Bei einem dieser Ausbruchversuche hat ihm ein russischer Aufseher das Gewehr an den Kopf gesetzt, um ihn zu erschießen. Zum Glück war ein zweiter, dienstälterer Aufseher dabei, der verneinend mit dem Kopf schüttelte und somit seinem Kollegen bedeutete, nicht zu schießen.

wenn's weihrazt

Подняться наверх