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Das Hausinger Lichtl

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Eine Weihrazgeschichte aus der Pfarrchronik Haus im Wald, die mir der langjährige Ortspfarrer Alfons Gaschler überlassen hat. – Aufgeschrieben hat sie Hochw. Pfarrer Franz Leeb, der 1. Pfarrer von Haus im Wald. Hochw. Pfarrer Franz Leeb kam 1880 nach Haus im Wald und schrieb die Geschichte im Jahre 1901 äußerst sauber und heute noch gut lesbar in damals gebräuchlicher „Deutscher Schrift“ folgendermaßen auf:

Nach allem, was hier schon aufgezeichnet ist, darf der Vollständigkeit halber auch eine solche hier stehen, weil sie mir selbst begegnet ist.

Wie ich im Jahre 1880 nach Haus kam, hörte ich bald häufig von einem „Lichtl“ reden und erhielt auf meine Frage, was es mit dem Lichtl sei, nachstehende Auskunft:

Seit mehr als 30, vielleicht schon 50 Jahren – also etwa seit 1830 – ließ sich von Allerheiligen an alle Jahr im Thale zwischen Haus und Furth ein helles Licht sehen, das sich bald rasch bald langsam im Thale hin und her bewegte, bald niedrig bald hoch stand, bis es die Gegend des jetzigen Friedhofes und mitunter noch darüber hinaus bis an die „Vogeltenne“ herauf kam, während es abwärts bis nahe an die Kreuzstraße herober der Kumpfmühl hinabstieg.

Es erschien oft schon bald nach 5 Uhr Abends und zog oft bis tief in die Nacht herein auf und ab. Die Erscheinung dauerte meistens von Allerseelen bis Lichtmeß, dann sah man nichts mehr davon bis nächste Allerseelen. Nicht alle Leute sahen es. Von Zweien, die miteinander gingen, sah es häufig bloß Einer, der Andere nicht. Im Übrigen war die Sache allgemein bekannt, man war von Jugend auf daran gewöhnt, wessen Haus günstig gelegen war, konnte es von seinem Zimmer aus beobachten. Darum machte sich niemand mehr etwas aus der Sache und wenn man es sah, hieß es einfach: „Ja, ja, `s Lichtl“.

Natürlich war ich nach dieser Auskunft gespannt, das „Lichtl“ ebenfalls zu sehen.

Ich sah es zum ersten Male an einem Abend im November 1881 abends gegen 8 Uhr. Es stand, resp. hing hoch heroben in der Gegend des jetzigen Friedhofes. Es war wie ein etwas faustgroßer Gasball von bedeutender Helle, stand ziemlich hoch über der Erde – es war eine trockene, kalte Nacht – und bewegte sich mit ziemlicher Raschheit vorwärts, der Vogeltenne zu. Die Sache war mir seltsam und ich nahm mir vor, sie nimmer aus dem Auge zu lassen.

Gegen Weihnachten zu (1881) – den Tag weiß ich nimmer – ging ich Abends etwa um 7 Uhr eines Tages mit den beiden Lehrern Asbert und Bienmaier von Furth nach Haus. Auf der Ebene oberhalb Furth gehend sahen wir bald rechts von uns in ziemlicher Ferne ein Licht und hielten es für ein Hauslicht, das aus einem Fenster schimmerte. Durch einen Nachkommenden belehrt, dies sei kein Hauslicht sondern das „Lichtl“, blieben wir stehen, um es zu beobachten. Ich aber beschwor heimlich das Licht: wenn es kein natürliches Licht sei, solle es zu uns herkommen! Und richtig! Plötzlich fuhr das Licht eine Strecke senkrecht aufwärts, dann flog es direkt auf uns zu, aber bloß etwa halben Weg, dann streckte es sich und war in einer Grundfalte des Thales verschwunden. Die beiden Lehrer waren ganz erschrocken und wussten nicht, was sie sagen und denken sollten. Ich war natürlich ebenfalls überrascht und gedachte, nun erst recht der Sache nachzugehen.

Am Tage vor dem Fest des süßen Namen Jesu 1882 ging ich abends gegen 6 Uhr ganz allein von Furth nach Haus. Der Abend war finster und neblig. Ich spähte den ganzen Weg herauf, ob ich nichts vom „Lichtl“ sehe, – sah aber nichts. Erst ganz heroben, schon oberhalb des Friedhofes – derselbe war schon mit hölzernen Pfählen und Brettern umplankt, vide pag. 27 (lateinisch: siehe Seite 27 – in eben dieser Pfarrchronik – Anm. d. Verf.), sah ich weit weg – ich glaubte, es könnte am Lindberge bei Perlesreut sein – ein schwaches Licht, in welchem ich bald das „Lichtl“ vermuthete – Auf dem Vorplatze vor dem Friedhof stehend gedachte ich, der Sache auf den Grund zu gehen und beschwor nun mit ganzem Ernste und Nachdrucke das sichtbare Licht: wenn es kein natürliches Licht, sondern etwas Anderes ist, so solle es bis auf 5 Schritt zu mir herkommen – aber es rührte sich nichts. Ich beschwor es zum zweiten Male – mit gleich negativem Erfolge. Schon wollte ich gehen, doch noch zum dritten Male beschwor ich es mit allem Nachdrucke – und siehe da! Auf diesen Befehl hin fuhr plötzlich das Licht direkt scharf auf mich zu. Es flog sehr rasch, hoch in der über alle inzwischen liegenden Hügel und Thäler fernweg in einer Linie, ohne sich zu senken oder zu steigen. Es wurde mit der Annäherung größer, zuletzt wie eine glühende Feuerkugel. Mir lief es beim Näherkommen eiskalt über den Rücken und ich meinte, es hätten sich meine Haare empor gesträubt, aber Furcht hatte ich nicht. Ich befahl wiederholt: es solle nur herkommen zu mir. Wie es in die Nähe kam, flog es langsamer, senkte sich und ließ sich zuletzt, soweit ich im Dunkeln schätzen konnte, etliche zwanzig Schritte von mir entfernt auf der nordöstlichen Ecksäule des Friedhofes nieder und kam immer näher. – Ich wollte aber das Lichtlein anreden und fragen, was es wolle, und fragte deshalb zunächst: weil du nicht zu mir hergehst, gehe ich zu dir hin – und ging auch darauf los. Doch wie ich zu gehen anfing, wich das Lichtlein vor mir zurück ins Thal hinab, wo es sonst immer gestanden. Nachlaufen konnte ich ihm nicht und so musste ich ohne weiteres Resultat aufgeregt nach Hause gehen. Ich wohnte noch im Jagerstöckl. Natürlich erzählte ich diesem das Begegnis und erzählte es später auch dem Haus in Furth, zu dem das Licht Bezug haben sollte, dann geschah selbstverständlich Einiges für die vermeintliche „arme Seele“ – und seit dieser Zeit – ich schreibe dies ad 1901 ( lateinisch: zum Jahre 1901, Anm. d. Verf.)– ist das Lichtlein nicht mehr gesehen worden. –

Für die Richtigkeit und Wahrheit vorstehenden Berichts kann ich mit Ehr und Gewissen eintreten, aber eine Erklärung über die geschilderten Vorkommnisse vermag ich selbstverständlich nicht abzugeben. Ich kann nur sagen: das habe ich gesehen und das ist mir begegnet – mehr weiß ich nicht. Erkläre es sich jeder, wie er kann und mag.

Angeben muß ich aber der Vollständigkeit halber noch: Eine alte Orts-Überlieferung erzählt: in Furth drunten habe ein „Bauer“ auf Hs. Nr. 13 vor Zeiten einmal seine Magd geschwängert, dann umgebracht und sie auf Dungwagen unter Mist hinübergefahren und in der „Adl“ – einem kleinen Gehölz, das auf dem Flurplan noch als „Adelholz“ – zwischen Haus und Furth angegeben ist, aber nimmer besteht – vergraben. Von dieser Gegend aus hob sich auch allemal das „Lichtl“. Thatsache ist, dass dieß Haus Nr. 13 seit mehrern Generationen keinen Kindersegen mehr hatte. – Fluch usque in tertiam et quartem generationem (= lat.: Fluch bis in die dritte und vierte Generation) – und wenn Kinder kamen, starben sie, so dass das Haus schon mehrmals auf eine andere Linie überging. Erst der jetzige Besitzer Hofbauer, seit 1881 verheiratet, hat, nachdem ihm noch die ersten zwei oder drei Kinder gestorben sind, jetzt reichen und anhaltenden Kindersegen und scheint der alte Fluch gebrochen zu sein.

Pfarrer Franz Leeb, Haus im Wald, Pfarrchronik 1901


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