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Der Boss

Unter Blaulicht und Sirene rasen sie davon. Der Wagen hält 30 Minuten später vor dem Polizeipräsidium in Palmas Altstadt. Pepe und Leon, beide in den Uniformen ihres jeweiligen Landes, stürmen die Treppe des königlichen Prunkbaus hinauf. Ein Beamter bewacht die barocke Tür und bittet sie, leise zu sein. Pepe öffnet die Tür einen Spalt und sieht einen blumengeschmückten Festsaal voll mit uniformierten Polizisten. Der Polizeipräsident Rafel Miralles tritt in diesem Moment ans Mikrofon. Es herrscht absolute Stille. Man könnte eine Stecknadel fallen hören, würde Pepe nicht gerade in diesem Moment die Tür einen Spalt öffnen, so dass sich beide durchmogeln können. Die alten Scharniere quietschen mächtig und Rafel Miralles quittiert das mit hochgezogenen Augenbrauen.

„Señor Hebler, Señor Diaz auch schon da, na wie schön.“

Verhaltenes Gelächter kommt aus dem Publikum, bevor er fortsetzt.

„Liebe Kolleginnen und Kollegen. Ich will heute unsere deutschen Freunde und Kollegen begrüßen und möchte ihnen mitteilen, dass sie auf Mallorca herzlichst willkommen sind.“

Applaus, zustimmende Pfiffe.

„Ihre Aufgabe wird es sein, auf besonders freundliche und diplomatische Art das Einhalten der Benimmregeln in den touristischen Ballungszentren zu überwachen oder zumindest auf diese hinzuweisen.“

Wieder Bravo und Applaus von den Kollegen.

„Besonders begrüße ich unsere schon zum zweiten Mal Diensttuende Traudl Unterberger, Herrn Günther Bayer und last but not least Herrn Kriminaloberkommissar Leon Hebler, der wie ich höre unter anderem auch ein masochistischer Radsportler ist und den Aufenthalt auf unserer schönen Insel bestimmt auch für sein Hobby nutzen wird.“

Die drei deutschen Polizisten erheben sich und machen mehr oder weniger faxenhafte Verbeugungen. Die anwesenden Guardia Civil-Beamten applaudieren ziemlich gelangweilt.

„Danke sehr, das war‘s dann. Ach und Herr Hebler und Herr Diaz, kommen Sie doch bitte noch kurz in mein Büro.“

Genau das, zum Rapport erscheinen zu müssen, haben Leon und Pepe bereits befürchtet.

Das Büro des Polizeipräsidenten ist das unmittelbare Nebenzimmer des Festsaals und nicht weniger prunkvoll ausgestattet. Freundlich lächelnd schließt Rafel Miralles die meterhohe Tür hinter sich und redet nicht lange um den heißen Brei herum.

„Guten Morgen, die Herren. Hier ist was ich weiß und ich denke es ist ziemlich komplex.“

Die drei nehmen an einem kleinen Kaffeetisch Platz und der Polizeipräsident beginnt den ihnen schon bekannten Inhalt herunter zu beten.

„Schwester Luzdivina von den Franziskanerinnen in Santa Magdalena hat Sie, die Herren Hebler und Diaz, heute früh um 8.30 h empfangen. Sie beide wollten einen illegalen Einwanderer abholen. Der wurde aber davor, genauer gesagt um 6.30 h früh bereits von einem Mann entführt, der sich als Kriminalpolizist ausgab. Zurück bleibt die Leiche von Schwester Isolde aus Hannover, 26 Jahre alt, mit einem großen Küchenmesser erstochen. Der Flüchtling wurde am Abend zuvor schwer verletzt von einem Mann in Radler-Outfit im Kloster abgegeben. Die Personenbeschreibung trifft ziemlich genau auf Sie, Señor Leon zu. Waren Sie gestern mit dem Rad unterwegs, Señor Leon?”

Leon nickt zerknirscht. Rafel Miralles fährt fort, es scheint, als höre er sich selbst gerne beim Reden zu.

„Der Abholer von heute morgen sprach mit russischem Akzent, wie Schwester Luzdivina aussagt. Weiß ich alles oder fehlt mir noch ein Steinchen im Puzzle?”

Leon schluckt. Ihm ist klar, dass er ein Gesetz übertreten hat und dafür kann er sogar in Deutschland belangt werden. Er hätte unmittelbar und ohne Verzug den Vorfall melden müssen, notfalls von der nächsten Telefonzelle oder Tankstelle aus.

„Ein Junge namens Omar, ich fand ihn gestern in der reißenden Brandung an ein Bootswrack geklammert. Ich rettete ihn unter dem Einsatz meines Lebens. Mein Telefon funktionierte danach nicht mehr. Ich entdeckte in einiger Entfernung ein Kloster und schleppte ihn hoch. Die Nonnen kümmerten sich vorbildlich um Omar und versorgten ihn medizinisch. Ich konnte ihn guten Gewissens allein im Kloster zurücklassen. Heute früh wollten wir ihn abholen und der zuständigen Dienststelle übergeben.” Leon ist ziemlich cool geblieben während seines Vortrages. Trotzdem hat er ein ungutes Gefühl. Es kann durchaus sein, dass der Vorfall das Ende seiner kurzen Mallorca-Karriere bedeutet - wenn nicht noch mehr. Rafel Miralles greift nach der Zigarrenkiste, gekonnt knipst er das Ende einer Havanna ab und zündet sie an. Durch den aufsteigenden Qualm fixiert er Leon.

„Gar nicht gut, Señor Leon.”

Er deutet auf einen Umschlag.

„In diesem Bericht steht, dass Comisario Leon Hebler die direkte Informationskette nicht eingehalten hat. Du weißt, was das bedeutet?”

„Ja, das bedeutet, dass ich wahrscheinlich nicht länger Dienst tun werde hier auf Mallorca, Señor presidente …”

Rafel Miralles drückt auf die Telefonanlage.

„Maria, tres cortados por favor, si, con musica.”

Er reicht die Zigarrenbox zunächst Leon und dann Pepe, der freundlich ablehnt. Leon setzt zögernd den begonnenen Satz fort.

„…und nicht mehr für Sie arbeiten werde.”

Der Kaffee kommt mit der obligaten Flasche Kräuterschnaps, musica genannt. Rafel veredelt alle drei Kaffees damit. Die Spannung ist unerträglich geworden. Leon dreht die noch kalte Zigarre nervös in den Fingern hin und her. Und endlich beginnt sich die Lage zu entspannen. Rafel Miralles hustet seinen Rachen frei und schaut durch zugekniffene Augen auf Leon.

„Also Leon, ich finde, Du hast genau das Richtige getan. Du hast dem jungen Mann einfach das Leben gerettet. Und das ist das Wichtigste. Was weiter mit ihm passierte, ist uns bisher ein Rätsel und deswegen übertrage ich Dir und dem kleinen Dicken hier…“,

er deutet auf Pepe,

„…die Übernahme des Falles Flüchtlingskind.

Leon atmet tief durch. Die Dinge scheinen soeben eine gute Wendung genommen zu haben. Leon und Pepe schauen einander erleichtert an und Leon zeigt schüchtern seine gute Erziehung.

„Vielen Dank, Señor presidente.”

Rafel knüllt den Bericht zusammen und wirft die Papierkugel quer durch sein Büro. Treffsicher landet sie im Papierkorb, Rafel erhebt sich und streckt Leon die Hand hin.

„Sag Rafel zu mir, wir sind doch ab sofort ein Team.

Der Mallorca-Job

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