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Auf dem Weg nach oben

Von der flirrenden Hitze ist hier oben nichts zu spüren. Der Tag ist klar wie Glas, Die Berge sind so nah, dass man sie anfassen möchte. Die absolute Stille wird jäh unterbrochen, als ein Helikopter über die Costa Norte hinwegfegt. Die dunklen Umrisse der Tramuntana wechseln sich rasend schnell mit dem unglaublichen Türkis des Mittelmeers ab. Aus dem Onboard Soundsystem klingt kristallklar Mick Jagger mit “Ooo Ooo, Who Who” aus “Sympathy for the Devil”.

„Fast alles Naturschutzgebiet”, raunt Sonja in das Intercom. Herr Von Eschke und seine blonde Begleiterin Katzie sitzen hinter ihr und wippen begeistert im Takt. Diese Landschaft kennen sie sonst nur aus Werbefilmen.

„Außer dieser kleinen Perle hier.”

Sie bedeutet dem Piloten, auf einem bestimmten Fincagrundstück zu landen, aber nicht, ohne vorher eine beachtliche Steilkurve über dem alten Herrenhaus hinzulegen.

„Ooo Ooo”, schreien die potentiellen Fincabesitzer synchron zu den Stones auf der Rückbank.

Assistent Alessandro, im Firmen-SUV angereist, steht bereits erwartungsvoll unten auf dem Boden und signalisiert mit wedelnden Armen den idealen Landeplatz. Von Eschke und Katzie sind froh, als sie wieder festen Boden unter den Füßen spüren. Sonja ist in ihrem Element und beginnt unverzüglich das Grundstück zu erklären.

„Herr Von Eschke, Sie stehen hier auf einem 60.000 Quadratmeter großen Grundstück innerhalb eines rundum sondergeschützten Naturschutzgebietes von 141 Cuarteradas, wie man hierzulande sagt oder, schnallen Sie sich bitte fest, das sind dann insgesamt mas o menos 1.000.000 Quadratmeter, die so bleiben werden wie sie sind, nämlich unberührt. Und daher besteht für Sie ein unverbaubarer, unbezahlbarer Blick bis Barcelona.”

Von Eschke und Katzie sind begeistert von dem kleinen Scherz.

„Ihr Grundstück hat durch den Bestand einer jahrhundertealten Finca eine Baugenehmigung zur Restaurierung und Modernisierung der vorhandenen Gebäude - plus 10 Prozent, die Sie als Bauherr an versiegelter Fläche hinzufügen können. Daher könnten Sie den Pool da hinter dem Felsen anlegen lassen. Und jetzt schauen Sie sich mal in Ruhe diese alte Bausubstanz an, Wohnhaus, Gesindehaus und Stallungen. 1.400 Quadratmeter Wohnfläche, original erhalten aus dem Jahre 1793.“

Sie zeigt auf die Zahl, die über dem Portal eingraviert ist.

„Alles trocken und bestens in Schuss. Der Grundriss und die Substanz müssen weitgehend erhalten bleiben. Brunnen ist vorhanden, Strom kommt noch nicht aus der Steckdose, Solaranlage kann problemlos installiert werden.“

Die beiden Interessenten kommen aus dem Staunen gar nicht mehr heraus.

„Dieses Objekt können unsere Architekten und Bauleiter mit besten Materialien in 1A-Qualität und nach ökologischen Richtlinien für Sie restaurieren.“

Sie betreten das Haus.

„Und sehen Sie mal hier aus diesem Fenster, das ganze Jahr über haben Sie den perfekten Sonnenuntergang. Wir stehen übrigens genau in Ihrem zukünftigen Wohnzimmer und da drüben ist der Kamin.“

Neugierig klopft Herr Von Eschke an eine Wand, prüft die Böden, öffnet Türen, alles scheint in Ordnung. Katzie ist freudig erregt.

„Ja Friedrich, genau das wünsch ich mir von Dir zum Geburtstag.”

Von Eschke wird auf einmal ganz blass.

„Geht es Dir nicht gut Schatzi?” fragt Katzie besorgt.

Er schnappt nach Luft, lässt sich auf ein paar Europaletten fallen. Das alles ist etwas zu viel für ihn, vor allem der wilde Helikopterflug. Seine Begleiterin scheint da wesentlich fitter.

„Jetzt hat er es wieder, sein schwaches Herz.“

Von Eschke erhebt sich geschwächt, sucht den Weg ins Freie und verschwindet eiligst hinter dem nächsten Wacholderbusch. Assistent Alessandro erkennt den Ernst der Situation, hört die deutlichen Kotzgeräusche und eilt mit einer Rolle Toilettenpapier zu Hilfe. Alles ein bisschen viel für Von Eschke. Bald kann er sich aber wieder mit besserer Farbe im Gesicht zu der Gruppe gesellen.

„Wir haben Aspirin an Bord, soll ich den Piloten bitten…“, Sonja ist jetzt ganz die fürsorgliche Immobilienmaklerin.

„Es geht schon wieder. Danke für Ihr Mitgefühl, Frau Möllemann. Aber sagen Sie doch mal, wie teuer würde so etwas denn sein?”

„Mit oder ohne Renovierung? Wir würden Ihnen natürlich ein Package anbieten mit einem Architekten, der die Richtlinien von Green Mallorca genauestens kennt. Alles inklusive.”

Sonja hat alle Zahlen klar im Kopf. Sie gehen ein Stück weiter in den Garten.

„All inclusive sozusagen, so will ich‘s“, unterbricht Katzie übermütig, gerade als Sonja zu einer ersten Preisvorstellung ausholen will.

Nicht weit entfernt startet ein Gärtner an einem abgestorbenen Baum seine Motorsäge. Sonja will schon Alessandro hinschicken, als sie erkennt, wer der Gärtner ist. Dimitri kommt auf sie zu. Im letzten Moment stellt er die Säge ab. Leise, und ohne dass es die anderen mitbekommen, zischt er sie an.

„Wie Du weißt, ist das hier alles im Besitz des Klosters, aber das kann sich schnell ändern. Ich habe Dich auf der Party gewarnt. Du bewegst Dich auf gefährlichem Terrain. Freunde von mir müssen dringend mit Dir reden”, sagt er zu ihr auf Katalan.

Sonja will, dass er sofort verschwindet.

„Deine Freunde können mich mal“, sagt sie, als ihr Assistent Alessandro beschützend vor sie tritt.

Von Eschke steht mit Katzie immer noch aufgeregt diskutierend etwas abseits und sie merken von alledem nichts. Sonja gesellt sich jovial zu ihnen.

„Na wie sieht‘s aus, geht es Ihnen wieder besser, Herr Von Eschke?“

„Ja schon wieder vorbei, das ist alles sehr schön, extravagant, große Klasse, unser Haus in Sankt Moritz passt da richtig gut in die Sammlung. Katzie liebt diesen Platz schon jetzt so sehr, nicht wahr Katzie?“

Herr Von Eschke ist ganz offensichtlich angetan von dem Projekt. Sonja hakt sich bei ihm unter. Sie will ihre Kunden elegant in Richtung Helikopter leiten, bevor Dimitri wieder dazwischen grätscht.

„Wenn Sie echtes Interesse haben, sprechen wir gerne bei einem schönen Abendessen weiter. Ich habe einen Tisch für uns im „Fera“ im Herzen Palmas reserviert, das ist quasi der Gourmet-Treffpunkt der besseren Gesellschaft. Und vergessen Sie bitte nicht, dieses Finca Projekt ist wahrscheinlich das letzte Schmuckstück auf der Insel. Vorsicht beim Einsteigen und halten Sie ihren Hut fest, Herr Von Eschke.”

Das Jaulen des Rotors geht in ein schnelles methodisches Schwingen über und die illustre Gruppe hebt ab, hinein in einen pastelligen Horizont.

„Diesmal fliegen Sie bitte etwas sanfter, Sean”, raunt Sonja dem Piloten zu und Mozarts “Kleine Nachtmusik” schmeichelt sich den Passagieren beruhigend ins Ohr.

Alessandro, ganz allein zurückgelassen, ist sich der Gefahr, in der er schwebt, wohl bewusst. Dimitri geht auf ihn zu und startet die Motorsäge wieder an. Er deutet mit dem Kinn in Richtung Kliff.

„Schau mal, da unten liegen schon sehr viele Leichen. Und Du kannst Dich gleich dazu legen, wenn Du nicht sofort abhaust.”

Alessandro erkennt schnell, dass sein Handy hier oben gar keinen Empfang haben kann.

Der Mallorca-Job

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