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Schön ist anders

Flughafen BER, Aussenposition, Nieselregen. Das Gruppenfoto der Mitglieder des Fußballvereins „Lokomotive Zwickau“ ist obligat.

„Selfie“, schreien sie alle ganz laut. Es ist 5: 52 Uhr am Morgen und die Jungs sind nicht mehr ganz nüchtern oder sie sind noch nicht wieder nüchtern. Selbstsicher haben sie vor und auf der Gangway des Billigfliegers Aufstellung genommen und halten ihre Bierdosen hoch.

„Haste die Maschine ooch im Bild?“ ruft einer der Chaoten dem Fotografierenden zu, der mit dem Handy herumfuchtelt.

Es bildet sich ein Massenstau von ungeduldigen, grauen Frühfliegern, die alle ins Trockene wollen, aber keiner kommt mehr durch. Eine Stewardess vom Bodenpersonal eilt mit wehenden Armen herbei. Der Captain deutet vom Cockpit aus nervös auf seine Uhr.

„Maaalllooorcaaa, Maaalllooorcaaa, zwicke zwacke zwicke zwacke!“, grölen die Zwickauer. Manche haben das T-Shirt mit dem Namen des Vereins bereits ausgezogen und wedeln damit wild durch die Luft. Die nachdrängenden Passagiere werden angepöbelt.

„Verpiss Dich, du Pissnelke“, sagt einer der Zwickau-Fans, als sich eine ältere Dame an ihm vorbeidrücken will.

„Meine Herren, Sie müssen jetzt sofort einsteigen!“ ruft die Stewardess durch ein Megaphon. Der kleinste und dümmste Ganzkörpertätowierte unter ihnen kreischt laut auf.

„Oh hört hört, sie sagt meine Herren zu uns, die Schickse, det schaffisch nich. Ey, bring uns lieba noch‘n kühles Bier hier raus, Alde. Wir vatrocknen grad, trotz‘m Regen.“

Leon steht geduldig in der Schlange und schämt sich für das Verhalten seiner Landsleute. Einen Moment länger und seine Schmerzgrenze wäre erreicht. Es kommt glücklicherweise Hilfe in Form einiger bärenstarker Männer von der Airport Security welche die Randalierer schnell aussortieren.

„Den Flug könnt ihr knicken“, sagt ein bulliger Airport-Offizieller.

„Ick hab doch bezahlt for det Digged“, schreit der Letzte, der unter Zwang zurück in die Halle geschleust wird.

Mit qualmenden Reifen setzt der Flieger endlich auf dem kochenden Asphalt von Palmas International Airport auf. Pepe Diaz, ein Polizist der Guardia Civil wartet an der Ausgabe für übergroßes Gepäck. Er vergleicht das Handyporträt Leons mit der Masse der Ankommenden. Ein breites, herzliches Grinsen bildet sich endlich auf seinem runden Gesicht.

„Herzlich willkommen auf Mallorca, Señor Hebler, mein Name ist Josep oder Pep, oder besser Pepito, oder am besten Pepe.”

„Leon, con mucho gusto”, antwortet Leon, während er einen Hightech-Fahrradkoffer in Empfang nimmt. Pepe rollt Leons zweiten Koffer neben sich her. Ein ungleiches Pärchen, Leon schlank und rank, sportlich bis zum Abwinken und sein dicklicher, gemütlicher spanischer Kollege, der gerne lacht, gerne trinkt und wahrscheinlich gerne in der Kneipe sitzt. Mit bewunderndem Blick auf Leons Koffer staunt er.

„Bicicleta? Fahrrad auf Deutsch, mhh?”

„Si”, antwortet Leon geduldig und wünscht sich, er hätte ein Taxi genommen. Ihm ist nicht nach Konversation, der Flug war rumpelig und zu essen oder trinken gab es sowieso nichts. Der peinliche Applaus nach der Landung klingt ihm noch jetzt in den Ohren nach.

Die beiden hieven den unförmigen Koffer in den SUV der Guardia Civil, Pepe macht das Blaulicht an und auf diese Weise schaffen sie es in wenigen Minuten zur Gästewohnung der Polizei in der Leon seine nächsten Wochen verbringen wird.

„Kennst du Mallorca?“ fragt Pepe und betätigt dabei unentwegt die Sirene.

„Hauptsächlich vom Fahrradsattel aus, dreimal den Mallorca Rad-Marathon mitgemacht.“

„Dios mio. Respeto, respeto.“

Die Dienstwohnung ist einfach, aber hübsch, das Beste ist der Blick über den langen Strand von El Arenal, dem deutschen Urlaubsparadies.

„Hast nicht weit in die Arbeit Leon“, grinst Pepe, als sie schwitzend im sechsten Stock ankommen und die Fahrradbox abstellen.

„Morgen geht's los mit dem Ernst des Lebens. Mañana por la mañana, Punkt acht an der Playa.“

Pepe spielt auf betont amtlich. Als Leon nichts erwidert, guckt er ihn an und lacht lauthals los.

„War nur ein Scherz, musst Du nicht ernst nehmen. Nicht acht Uhr, besser a las diez, um zehn unten an der Bar Los Alemanes Numero 6, kurz LA6 genannt, aber mallorquinische 10 Uhr, verstehst Du? Das heißt nämlich frühestens um halb elf, comprende, companero? Und um 11.00 sind wir bei El Presidente vorgeladen, sehr harter Tag morgen.“ Abermals prustet er los.

„Ok, hab verstanden, erklärst Du mir dann auch noch die anderen Dienstvorschriften, ich meine die, die sich außerhalb der Bars befinden?“

Aber da läuft Pepe schon fröhlich pfeifend die Treppe he runter.

„Si, am Abend erklär ich sie dir, in der LA6. Te llamaré, ich ruf Dich an.“

Eine Etage unter Leon öffnet eine elegante alte Dame, gekleidet in ein weißes Strandkleid und mit Strohhut die Wohnungstür. Ihr kleines Hündchen, ein Rato Mallorquin, kläfft heftig. Sie schaut neugierig hoch zu Leon.

„Buenas Señora Stella, va be? Geht es ihnen gut? Sie haben einen neuen Nachbarn, Señor Leon“, ruft ihr Pepe im Vorbeilaufen zu.

„Va be, Pepe, va be“, brummt sie etwas verschlafen.

Der Mallorca-Job

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