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1. Voraussetzungen des Rechtsverlustes

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Der Rechtsverlust ist nur bei Verletzung der Mitteilungspflichten aus § 33 Abs. 1 oder Abs. 2 WpHG sowie bei einer Verletzung von § 38 Abs. 1 oder § 39 Abs. 1 WpHG vorgesehen. Ein Rechtsverlust ist daher auch dann anzunehmen, wenn Mitteilungspflichten nur durch das Zusammenrechnen von gehaltenen und gem. § 34 WpHG zugerechneten Stimmrechten einerseits und das Halten von Finanzinstrumenten i.S.v. § 38 Abs. 1 WpHG andererseits entstehen und verletzt werden.[373] Im Falle einer Verletzung der Pflichten aus § 43 WpHG tritt kein Rechtsverlust ein.[374]

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Ein Rechtsverlust setzt voraus, dass der Meldepflichtige seinen Mitteilungspflichten nicht in der vorgeschriebenen Weise nachgekommen ist. Denkbar sind folgende Fallgestaltungen:

Unterbleiben der Mitteilung nach § 33 Abs. 1 oder Abs. 2 WpHG (i.V.m. § 38 Abs. 1 oder § 39 Abs. 1 WpHG) an die Gesellschaft
Unterbleiben der Mitteilung nach § 33 Abs. 1 oder Abs. 2 (i.V.m. § 38 Abs. 1 oder § 39 Abs. 1 WpHG) an die BaFin,
inhaltlich unrichtige oder unvollständige Mitteilung.

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Eine Versäumung der Mitteilung liegt bei Überschreitung der Mitteilungsfrist vor, wenn also der Meldepflichtige die geforderte Stimmrechtsmitteilung nicht innerhalb von vier Handelstagen nach Kenntnis oder ihm möglicher Kenntniserlangung von der mitzuteilenden Stimmrechtsveränderung abgibt. Wird die Mitteilung gänzlich versäumt, so tritt der Rechtsverlust nicht bereits mit der Schwellenberührung ein. Der Meldepflichtige kann vielmehr die Rechte aus den Aktien auch bei noch ausstehender Stimmrechtsmitteilung ausüben, solange die konkrete Mitteilungsfrist noch nicht verstrichen ist.[375]

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Für die Erfüllung der Mitteilungspflichten genügt es nicht, dass der Meldepflichtige lediglich eine Mitteilung an die Gesellschaft oder an die BaFin macht.[376] Sie entfällt auch nicht deshalb, weil die Gesellschaft oder die BaFin bereits anderweitig Kenntnis von dem Erreichen, Überschreiten oder Unterschreiten der Meldeschwelle hat.[377]

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Die Mitteilungspflichten sind auch dann nicht erfüllt, wenn die Mitteilung nicht richtig oder nicht vollständig ist, also unvollständige oder falsche Angaben enthält. Dabei ist auch eine mehrdeutige Mitteilung eine falsche Mitteilung.[378] Falsch ist eine Mitteilung selbst dann, wenn mehr Stimmrechte genannt werden als tatsächlich gehalten werden.[379]

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Gleichwohl soll nicht jede unvollständige oder falsche Mitteilung zum Rechtsverlust führen. Ein Rechtsverlust soll vielmehr nur dann eintreten, wenn Angaben nach Sinn und Zweck der Mitteilung (also ihrer Bedeutung für die Gesellschaft und die Anleger) notwendig und ausreichend sind.[380] Die Gesellschaft müsse erkennen können, wer ihr Aktionär ist und ob Rechte aus der Mitgliedschaft bestehen; gleichzeitig müsse sie davor geschützt werden, dass Dividenden an Aktionäre ausgezahlt werden, die ihren Anspruch auf Gewinnbeteiligung verloren haben. Die Anleger sollten die Kursentwicklung und das Risiko einer Übernahme beurteilen können.

Diese bis zum Inkrafttreten des Gesetzes zur Umsetzung der Transparenzrichtlinie-Änderungsrichtlinie[381] herrschende Meinung und Rechtsprechung verwies insoweit auf § 17 Abs. 1 Nr. 5 WpAIV, aus welchem sich die wesentlichen Angaben ergaben.[382] Seit jedoch gem. § 17 Abs. 1 WpAIV für die Mitteilung das in der Anlage zur Wertpapierhandelsanzeige- und Insiderverzeichnisverordnung enthaltene Formular verwendet werden muss, dürfte diese Einschränkung nicht mehr greifen.

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Streitig ist, ob der Rechtsverlust eine schuldhafte Pflichtverletzung voraussetzt. Nach h.M. tritt der Rechtsverlust aus § 44 WpHG nur ein, wenn der Meldepflichtige schuldhaft, d.h. vorsätzlich oder fahrlässig seine Mitteilungspflichten nicht erfüllt.[383] Dabei ist zu beachten, dass der potentiell Mitteilungspflichtige die Möglichkeit hat, die BaFin zu kontaktieren, um in Zweifelsfällen eine abschließende Klärung herbeizuführen.[384] Im Sinne der Verschuldensfrage wird man daher vom Mitteilungspflichtigen erwarten dürfen, dass er sich in Zweifelsfällen mit der BaFin ins Benehmen setzt. Eine in Abstimmung mit der BaFin unterbliebene Stimmrechtsmitteilung kann dann nicht mehr schuldhaft sein, selbst wenn die Gerichte eine Mitteilungspflicht annehmen würden. Umkehrt dürfte das Unterlassen einer Mitteilung schon dann jedenfalls fahrlässig sein, wenn Zweifel an der Rechtslage bestanden und gleichwohl eine Abstimmung mit der BaFin unterbleibt. Fahrlässig handelt der Meldepflichtige auch, wenn er seine Informationsverschaffungspflicht verletzt oder hierbei die erforderliche Sorgfalt nicht beachtet. Dazu gehören bei Unternehmen Organisationspflichten zur Sicherstellung der kapitalmarktrechtlichen Pflichten.[385]

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Im Falle einer Delegation der Wahrnehmung der Mitteilungspflichten (beispielsweise auf Mitarbeiter) ist streitig, ob der Meldepflichtige sich das Unterlassen der Mitteilung oder deren fehlerhafte Ausführung nach §§ 31, 278 BGB zurechnen lassen muss.[386] Unterstreitig befreit die Delegation der Wahrnehmung der Meldepflichten den Meldepflichtigen und die Geschäftsleiter allerdings nicht von ihrer Organisationsverantwortung: Eine Delegation der Meldepflichtigen im Unternehmen oder deren Übertragung auf Dritte verlangen eine ordnungsgemäße Auswahl, Einweisung und Überwachung sowie die Absicherung von Information-, Auskunfts- und Weisungsrechten.[387]

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