Читать книгу Der Henker von Bad Berging - Katja Hirschel - Страница 20

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Dienstag, 15:38 Uhr, Schloss Greifstätten, Bad Berging

»Ich muss again danken Ihnen für die wundervolle Tag!«, verkündete Katherine Shaw, als Baron von Greifstätten seinen Wagen mit Schwung in die Auffahrt zu seinem Besitztum lenkte.

»Kathy!«, sagte er mit einem schnellen Seitenblick auf sie, doch sofort musste er sich wieder auf den Weg konzentrieren, da es hier nur so von Schlaglöchern wimmelte.

»Ja, Walt?«, fragte sie und die englische Aussprache seines Namens ließ ihn innerlich jubeln. Oh ja, sie waren wirklich einen großen Schritt weitergekommen. Gleich, ja gleich würde sie näher rücken, sich vielleicht sogar an ihn drücken, wenn er geschickt genug die unebene Fahrbahn zu seinen Gunsten ausnutzte und im richtigen Augenblick eine Bodenwelle erwischen würde.

»Sie wollten etwas sagen zu mir?«

Irritiert sah er sie wieder an. Wollte er? Gleichzeitig mit einem großen Hüpfer durch das bösartigste Schlagloch kurz vor dem Eingangstor kam ihm die Erkenntnis, dass er einen für Männer typischen Fehler begangen hatte. Er hatte gesprochen, ohne etwas zu sagen zu haben, hatte sie auf die Fährte der Kommunikation aufmerksam gemacht – einem gefährlichen Territorium, das ein Minenfeld war und auf dem sich nur Frauen zurecht finden konnten. Oh, er hätte sich selbst ohrfeigen können.

»Halt!«, rief sie gleich. »Sie fahren vorbei an meine Tür!«

Er reagierte prompt und stieg kräftig auf die Bremse. Mit einem heftigen Ruck kam der Wagen zum Stehen.

»Uupsy!«, lachte sie. »Walt, Sie sind ein Mann mit Temperament!«

»Finden Sie?«, fragte er geschmeichelt.

»Yes!«, seufzte sie, doch das glückliche Lächeln war so plötzlich aus ihrem Gesicht verschwunden, dass von Greifstätten sich fragte, ob es jemals dort gewesen war. Etwas verständnislos schaute er sie an.

»Äh, habe ich etwas Falsches gesagt?«, fühlte er sich genötigt zu fragen, da sie den Kopf gewendet hatte und aus dem Fenster der Beifahrerseite sah. Im ersten Augenblick dachte er, dass sie ihn nicht gehört hätte. Er war nahe daran seine Frage zu wiederholen, doch da hatte sie sich schon zu ihm gedreht und sah ihn mit eigenartigem Blick aus sehr feucht glänzenden Augen an.

»Sie haben gesagt nichts Falsches und auch nicht gemacht, Walt«, klärte sie leise auf. »Es ist nur so, dass ich habe gemacht seit lange nicht mehr so viel Spaß. Es war wundervoll zu treffen Ihre Freunde, zu schießen auf diese Hirsche, zu lachen, zu sprechen, zu machen neue Bekanntschaften.«

Von Greifstätten sog scharf die Luft ein. War es ein Fehler gewesen, diese tolle Frau gleich seinen Spezis vorzustellen? Hatte sie vielleicht einen der Kerle ins Auge gefasst, ihn ihm vorgezogen? Jähe Eifersucht schoss giftig durch seine Adern, besetzte die Zentrale seines Verstands und ließ sein Herz schmerzhaft schlagen. Der Oberförster! Natürlich! Keine Frau konnte diesem kernigen, vor Kraft strotzenden Naturburschen widerstehen.

»Aber am meisten ich habe geliebt, mit Ihnen auf die Hochstand zu sitzen und zu probieren Ihre verteufelt gute Schnaps.«

Die Erleichterung, die sofort anhob, um bei seinen Gefühlen die erste Geige zu spielen, war so schön, so intensiv, so überzeugend, dass er nur noch blöde feixen konnte.

»Aber verzeihen Sie mir, wann ich jetzt, da wir nun sind enge Freunde, so direkt muss sprechen. Aber ich habe die Impression, dass Sie bedrückt etwas«, nahm sie einen für ihn mehr als unsichtbaren Faden wieder auf. »Sie haben Sorge. Bin ich richtig?«

Walther von Greifstätten hatte keine Ahnung, wovon sie sprach. Schlimmer noch, ihr gramerfüllter Blick machte ihm Angst.

»Sorgen?«, stammelte er verwirrt. Und als sie wissend nickte, zog er es vor, nichts darauf zu erwidern, sie einfach reden zu lassen.

»Es sind Ihre Kinder!«, half sie ihm glücklicherweise mit einem Stichwort aus dem dunklen Loch der Verständnislosigkeit. »Ich weiß, dass es geht mich nichts an, aber ich habe bemerkt Ihre Anspannung, die Sie haben, wann es kommt zu Sprache zu ihnen.«

Kinder? Walther musste sich erst einmal sammeln. Sie wollte schon mit dem Thema Kinder beginnen? Nun, warum nicht? Sie war eine Frau und hatte bestimmt Mutterinstinkte, die er vielleicht geschickt zu seinen Gunsten nutzen könnte. Schnell versuchte er daher, seine Gedanken auf das sie so interessierende Thema zu lenken. Isabella und Ferdinand – Gut. Was hatte er da? Worauf würde sie anspringen?

»Tja«, begann er und entschied sich erst einmal für seine Tochter. »Meine Isabella ist eine hochintelligente, junge Frau, die mit Auszeichnung ihr Medizinstudium beendet hat, jetzt ihre Doktorarbeit schreibt und nebenher im hiesigen Krankenhaus arbeitet. Sie möchte in der Gerichtsmedizin Karriere machen.«

Sie sah ihn skeptisch an und er vermerkte für die Zukunft, dass sie mit positiven Erfolgsgeschichten nicht zu beeindrucken war. Sie wollte wohl eher, dass er sich öffnete, sein in ihren Augen übervolles Herz ausschüttete. Aber wie konnte er das so schnell aus dem Stehgreif bewerkstelligen? Walther fühlte, wie einige Schweißtropfen auf seine Stirn traten. Rasch – er musste jetzt rasch eine Schippe alleinerziehender, verzweifelter Vater drauflegen.

»Ja und mein Ferdinand ist mein absolutes Sorgenkind!«, platze es aus ihm heraus. Sofort wurde ihr Gesichtsausdruck weicher und er wusste, dass er seinen Joker richtig eingesetzt hatte – Ferdinand sei Dank!

»Ach, Walt!«, seufzte sie. »Es sind immer die Söhne, die brechen uns das Herz, nicht?«

Er konnte nichts mit ihrer Bemerkung anfangen, war sowieso zu sehr damit beschäftigt nach besonders traurigen Geschichten aus dem Leben seines Sohnes zu kramen. Er wollte ihr nach dem Motto Augen zu und durch einen Ansatzpunkt für eine noch nähere Bekanntschaft geben, aber sie sah ihn nun so traurig an, dass ihm alle Anekdoten sprichwörtlich im Hals stecken blieben.

»So, ich werde gehen jetzt«, verkündete sie schonungslos.

Von Greifstätten fühlte sich wie vor den Kopf gestoßen.

»Ich bin etwas müde und very melancholisch.«

Er würde die Frauen wohl niemals verstehen.

»Außerdem muss ich vorbereiten mein Kurs. Walt, ich danke Ihnen nicht nur für die wundervolle Zeit im Wald aber auch für Ihre Offenheit.«

Noch nicht einmal einen Kuss auf die Wange hatte er zum Abschied bekommen. Vollkommen verwirrt und mit offenem Mund sah er ihr nach, als sie im Hauseingang verschwand.

Der Henker von Bad Berging

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