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3.3. Die Handschriften der Sturlunga saga

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Der Name Sturlunga saga stammt aus dem 17. Jahrhundert als Bezeichnung für die weitläufige Kompilation aus verschiedenen Einzelsagas (vgl. Bragason 2005: 427, Thorsson 1988: III, xxii). Nicht alle Teile enthalten Belege zum Schreiben und Lesen, sondern nur die Þorgils saga ok Hafliða, der Haukdœla þáttr, die Prestssaga Guðmundar Arasonar, die Íslendinga saga, die Svínfellinga saga, die Þórðar saga kakala, die Þorgils saga skarða und der Sturlu þáttr. Diese Teile unterscheiden sich nach Handlungs-, Entstehungs- und Überlieferungszeit. Die handlungszeitlich ältesten Teile sind der Haukdœla þáttr mit der Geschichte des Haukadals von der Landnahme bis ca. 1200, der vermutlich vom Kompilator um 1300 verfasst wurde, und die Prestssaga Guðmundar Arasonar über die Jugend und Priesterjahre Guðmundr Arasons (1161–1237), der 1202 zum Bischof geweiht wurde. Dieser Teil seiner Biographie entstand entweder nach seiner Weihe zum Bischof oder nach seinem Tod. Den Kern der Kompilation bildet die Íslendinga saga von Sturla Þórðarson (1214–84), welche die Zeit vom Tod des Sturlungenstammvaters Hvamm-Sturla (1183) bis zum Ende der isländischen Freistaatszeit (1262/64) abdeckt. Hauptpersonen sind Hvamm-Sturlas Nachkommen. Die letzten drei Texte haben Vertreter der dritten Sturlungengeneration als Hauptpersonen. Die Svínfellinga saga deckt die Zeit um die Mitte des 13. Jahrhunderts ab und ist möglicherweise Ende desselben Jahrhunderts entstanden. Die Þórðar saga kakala handelt in den Jahren 1242–1249 und entstand wahrscheinlich um die Mitte des 13. Jahrhunderts. Teile der in den Jahren 1275–80 entstandenen Þorgils saga skarða wurden erst in der zweiten Redaktion der Kompilation aus der zweiten Hälfte des 14. Jahrhunderts hinzugefügt. Der Sturlu þáttr fehlte in der ersten Redaktion wohl auch und beschreibt die letzten beiden Jahrzehnte des Lebens von Sturla Þórðarson (vgl. Thorsson 1988: III, xxii, xxvi–xxix).

Die Sturlunga saga ist in zwei mittelalterlichen Handschriften überliefert, von denen es zahlreiche neuzeitliche Papierabschriften gibt. Die ältere Handschrift (I) hat die Signatur AM 122 a fol. und auch den Namen Króksfjarðarbók, der sich aus einer Notiz von 1400 ableitet, in welcher der Ortsname Króksfjörður erwähnt wird. Dies deutet daraufhin, dass sich der Pergamentkodex aus der Mitte des 14. Jahrhunderts einmal an diesem Ort befunden haben muss. Die jüngere mittelalterliche Handschrift (II) unter der Signatur AM 122 b fol. mit dem Namen Reykjarfjarðarbók, der sich ebenfalls vom Aufenthaltsort der Handschrift herleitet, ist in der zweiten Hälfte des 14. Jahrhunderts entstanden. Von dem mindestens 180 Blätter umfassenden Pergamentkodex sind nur noch 30 Blätter erhalten, die stark beschädigt sind. Die Reykjarfjarðarbók enthält eine jüngere, längere Redaktion der Sturlunga saga, welche zusätzlich die Þorgils saga skarða, den Sturlu þáttr, den Jarteinaþáttr Guðmundar biskups und die Árna saga biskups enthält (Kålund 1906–11: XXXII–XXXIV, Thorsson 1988: III, xcif.). Die Sturlunga saga ist ausserdem in zahlreichen Abschriften auf Papier überliefert, welche auf die beiden mittelalterlichen Kodizes zurückgehen. Je nach Vorlage teilt Kålund (1906–11: XLI) sie in die Gruppen Ip (nach I = Króksfjarðarbók) und IIp (nach II = Reykjarfjarðarbók) ein. Letztere Gruppe ist wegen der stark beschädigten Reykjarfjarðarbók besonders relevant. Alle IIp-Handschriften haben dieselbe Vorlage, eine verloren gegangene Abschrift der Reykjarfjarðarbók auf Papier aus dem 17. Jahrhundert von Björn Jónsson von Skarðsá. Er hatte auch die Króksfjarðarbók als Vorlage und hat Varianten und Zusätze daraus entnommen (vgl. Kålund 1906–11: XXXVII, XLIf.). British Museum Add. 11, 127 ist wohl die einzige direkte Abschrift von Björn Jónssons Handschrift und wurde 1696 geschrieben (Kålund 1906–11: LVI).

Es gibt von der Sturlunga saga noch keine Edition, welche den aktuellen wissenschaftlichen Kriterien entspricht (vgl. Bragason 2005: 429). Die einzige kritische Edition mit diplomatischer Transkription und Apparat ist jene von Kålund (1906–11). Er nimmt I als Leithandschrift und ergänzt den Text mit II. Dieses Verfahren kritisiert Nordal (2010: 175–190), weil die beiden mittelalterlichen Kodizes relevante Unterschiede aufweisen. Die fehlenden, unlesbaren und fehlerhaften Stellen ergänzt Kålund durch die Papierhandschriften, deren Text er normalisiert. Die Unterschiede führt er im Apparat auf. Da es keine kritischere Edition als jene von Kålund gibt, stützt sich diese Arbeit auf seine. Die ausführlich kommentierte Edition von Jóhannesson et al. (1946) und die jüngste von Thorsson (1988) werden für weitere Informationen herangezogen. Die Sturlunga saga wurde nur auszugsweise von Baetke (1967) ins Deutsche übersetzt, daneben gibt es aber eine vollständige englische von McGrew/Thomas (1970/74) und eine dänische Übersetzung von Kålund (1904).

Die Handlungszeit der für diese Arbeit relevanten Teile der Kompilation erstreckt sich von der ersten Hälfte des 12. bis ins letzte Viertel des 13. Jahrhunderts. Die Entstehungszeiten der einzelnen Sagas beschränken sich auf das 13. Jahrhundert. Die ältere Redaktion der Kompilation entstand um 1300 und ist in der älteren Handschrift (I) aus der Mitte des 14. Jahrhunderts erhalten. Da die meisten Sagas, aus denen die Kompilation besteht, ausserhalb dieser nicht erhalten sind, lassen sich die Eingriffe der Kompilatoren nicht überprüfen. Die jüngere Redaktion entstand vor oder mit der jüngeren Handschrift (II) in der zweiten Hälfte des 14. Jahrhunderts. Dabei muss berücksichtigt werden, dass gewisse Teile nur in nicht direkten Abschriften aus dem 17. Jahrhundert erhalten sind. Bei der Sturlunga saga ist die Nähe zwischen Handlungs-, Entstehungs- und Überlieferungszeit wesentlich grösser als bei der Jóns saga helga. Die Entstehungs- und Überlieferungszeit der beiden Sagas decken sich ausserdem weitgehend, so dass sie sprachlich vergleichbar sein müssen.

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