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2. Das öffentliche Interesse am Insolvenzverfahren
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Die Durchführung des Insolvenzverfahrens dient nicht nur den Gläubigern und Schuldnern, sondern es besteht auch ein erhebliches öffentliches Interesse an dessen Durchführung. Selbst wenn sich eigenmächtige Übergriffe verzweifelter Gläubiger heute beherrschen lassen[3], hat der Staat den Rechtsfrieden insoweit zu wahren, als jeder Bürger auf die Verwirklichung seiner Forderungen sowie die geordnete Abwicklung der Rechtsbeziehungen des wirtschaftlich gescheiterten Schuldners in einem gesetzlich geregelten Verfahren vertrauen können muss[4]. Als Teil des Zwangsvollstreckungsrechts dient das Insolvenzrecht somit der Wahrung einer am Rechtsfrieden orientierten, rechtsstaatlichen Ordnung[5].
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Die Durchführung von Insolvenzverfahren fördert zudem die Stabilisierung des Wirtschaftslebens, das aufgrund seiner engen Verflechtungen nur dann optimal funktioniert, wenn alle Marktteilnehmer bis hin zum Konsumenten zahlungsfähig sind. Vor allem die großen Bauinsolvenzen der letzten Jahrzehnte (v.a. Holzmann, Walter, Alpine) haben gezeigt, dass die Zahlungsunfähigkeit Einzelner weitreichende Kettenreaktionen auslösen kann. Entsprechendes gilt für die sozialstaatlichen und fiskalischen Budgetsysteme, bei denen sich Beitragseinnahmen und Ausgaben mindestens die Waage halten müssen. In diesem störungsanfälligen Umfeld gefährdet jeder Zahlungsunfähige auch andere Marktteilnehmer. Es ist daher auch Aufgabe des Insolvenzverfahrens, die (potenziellen) Täter einstweilen vom Markt auszuschließen, die Sanierung zu versuchen oder durch die Zerschlagung eine Schadensbegrenzung zu erreichen. Auf der anderen Seite hat die sog. Wirtschaftskrise der Jahre 2009 und 2010 eindrucksvoll gezeigt, wie sehr vor allem die in Deutschland traditionell führende Branche des Automobil- und Nutzfahrzeugbaus vom Funktionieren ihrer Zulieferbetriebe abhängig ist. Bei diesen hat die Absatzkrise zwar in kürzester Zeit zu einer Vielzahl von Insolvenzanträgen (zB Edscha, Karmann, Honsel) geführt. Durch schnelles und geschicktes Handeln der jeweiligen Insolvenzverwalter konnten diese Betriebe jedoch mehrheitlich weitergeführt und erhalten werden, so dass sich der volkswirtschaftliche Schaden in der Automobilindustrie in Grenzen gehalten hat. Die Bedeutung der Insolvenzordnung für ein stabiles Wirtschaftssystem ist also nicht zu unterschätzen.
§ 1 Einführung in das Insolvenzrecht › I. Das Insolvenzverfahren › 3. Die insolvenzrechtliche Haftungsordnung