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cc) Weitere Fallgruppen und fehlende Garantenstellung

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Bei der Garantenposition handelt es sich um eine „für die Haftung aus einem unechten Unterlassungsdelikt schlechterdings unverzichtbare Voraussetzung“, so dass wegen dieser „essenziellen Bedeutung hohe sachlich-rechtliche Darlegungsanforderungen bestehen“.[347] So genügt z.B. der bloße Hinweis auf eine formale Stellung („Stellvertreter“) nicht.[348] Auch allein daraus, dass der Arzt einem Hilfsbedürftigen beisteht, erwächst noch nicht stets eine Garantenstellung zur Vollendung der begonnenen Hilfeleistung. Etwas anderes gilt jedoch dann, wenn der Arzt durch seine Tätigkeit die Situation für den Hilfsbedürftigen wesentlich verändert, insbesondere andere Rettungsmöglichkeiten ausgeschlossen bzw. vermindert oder diese Gefahren begründet hat. Dies rechtfertigt die Übernahme der strafrechtlichen Haftung.[349]

Dagegen löst – was vielfach verkannt wird, aber nie verkannt werden darf – die allgemeine Hilfspflicht nach § 323c Abs. 1 StGB keine Garantenpflicht des Arztes aus: Aus der Verletzung der für jedermann in § 323c Abs. 1 StGB statuierten allgemeinen Nothilfepflicht kann keine Haftung des Arztes wegen fahrlässiger Körperverletzung oder Tötung durch Unterlassen abgeleitet werden.[350] Die Strafbarkeit wegen eines unechten Unterlassungsdelikts setzt vielmehr eine „besondere Pflichtenstellung“ voraus, „die über die für jedermann geltende Handlungspflicht hinausgeht“.[351]

Auch die Übernahme der ärztlichen Beratung nach § 219 StGB begründet keine Garantenstellung für die ärztliche Behandlung und deren Folgen, sondern „erschöpft sich in der Aufklärung der Schwangeren über alle Gesichtspunkte, die aus ärztlicher Sicht für das Austragen oder Abbrechen der Schwangerschaft von Bedeutung sind“[352].

Die aus der Garantenstellung sich ergebenden Garantenpflichten enden erst mit der vollständigen Erfüllung der übernommenen Schutzaufgabe. Auch wenn Dritte die Sicherungs- oder Schutzpflichten mitübernehmen, bleibt die Garantenstellung des bisherigen Garanten davon unberührt, doch muss dieser die Gefahr nicht mehr notwendigerweise eigenhändig beseitigen, sondern kann die Erledigung der Schutzaufgabe ganz oder arbeitsteilig dem Dritten überlassen.[353]

Arztstrafrecht in der Praxis

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