Читать книгу Drachenkind - იაკობ ცურტაველი - Страница 14

Kapitel 11

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Eric konnte nicht einschlafen, lag regungslos auf dem Rücken in seinem Bett. Es war totenstill. Eigentlich müssten alle im Essraum sein und frühstücken oder sich irgendwann dorthin begeben. Doch kein Ton, weder aus dem Essraum noch direkt aus dem Flur, drang an seine Ohren. Er stand auf. Jack war noch nicht wieder da. Was würde er mit Mia besprechen? Jan ging ihm nicht mehr aus dem Kopf. Warum war es so still? Eric spürte eine Art Besorgnis. War es seine Schuld? Verhielten sich die Menschen um ihn herum jetzt anders? Was würde Jan tun? Eric vergrub das Gesicht in den Händen. Er würde ihn aufsuchen. Er musste mit Jan sprechen, sich entschuldigen. Herausfinden, welche Auswirkungen sein Handeln auf Jan hatte. So verließ er kurzerhand das Zimmer.

Niemand war auf dem Flur. Alle Türen waren verschlossen, Eric war es nur recht. Als er nach kurzer Zeit auf der anderen Seite des Gebäudes im zweiten Hauptflur ankam und vor der Tür zu jenem großen Zimmer stand, in welchem Jan und seine Freunde wohnten, fühlte er sich erstaunlich ruhig. Er klopfte. Nichts passierte. Kein Laut von innen, keine Regung. Eric legte instinktiv eine Handfläche an die Tür. Keine Schwingungen, nichts. Was auch immer hinter dieser Tür war, es bewegte sich nicht. Als nach erneutem Klopfen noch immer niemand öffnete, betätigte er prüfend die Klinke. Zu seiner Überraschung schwang die Tür einfach auf und gab den Blick in das große, von Sonnenlicht durchflutete Zimmer frei.

Der Boden war blutüberströmt. Jans Freunde lagen mit Stichwunden und aufgeschlitzten Armen herum. Jans lebloser, zerfetzter Körper hing an einem Stromkabel von der Decke und schaukelte im seichten Windzug eines weit offenen Fensters hin und her. Die noch tief stehende Morgensonne strahlte blendend hell durch das große Fenster in den Raum, direkt in Erics Gesicht. Er konnte kaum etwas erkennen. Schemenhaft erahnte er die Umrisse einer Gestalt, unwesentlich größer als er selbst, welche vor dem Fenster stand. Etwas bewegte sich, die Gestalt drehte sich zu Eric um und duckte sich leicht, wie ein aufgeschrecktes Tier, welches gleich auf den Eindringling zu springen würde. Ein langer Schwanz erhob sich drohend über seiner Schulter, der Stachel kam lautlos hervor und ein dunkles, leises Knurren breitete sich im Raum aus. Eric sah sich selbst, eine bizarre Mischung aus Mensch und Drache. Das Blut der geschlagenen Beute tropfte schnell und schwer von seinen Krallen. Er spuckte ein Stück Fleisch aus und der Stachel glühte heiß auf, er öffnete langsam und drohend das Maul und die Zähne schoben sich ein paar Zentimeter weiter aus den Kiefern hervor, als würden sie wachsen. Doch als er sich selbst erkannte, zog sich der Stachel zurück und er entspannte sich, stieß einen kurzen und lauten Ton aus, zerrte mit dem Maul einen großen Brocken Knochen und Fleisch aus Jans Körper und warf ihn Eric vor die Füße.

Eric öffnete die Augen. Er lag noch immer stumm im Bett. Das Zimmer war leer. Sein ganzer Körper kribbelte, als hätte ihn jemand an eine starke Batterie angeschlossen. Adrenalin und eine gehörige Menge Dopamin. Sein Herz schlug so schnell und hart, dass er glaubte, es müsse gleich vor Überlastung einfach absterben und er spürte, wie sich die Matratze mit jedem Herzschlag leicht bewegte. Die Stimmen und Geräusche von draußen wehten leise herein. Jemand rannte an der Zimmertür vorbei, er konnte Tamara hören, wie sie irgendwem etwas zurief. Offenbar war er kurz eingeschlafen. Eric schätzte, dass keine drei Minuten vergangen waren, seit er sich ausgezogen und wieder ins Bett gelegt hatte. Er wollte einfach nur schlafen und hatte gemerkt, dass es bei hellem Sonnenlicht leichter ging als nachts. Er hoffte, dass sich die Träume so unterdrücken oder hinauszögern ließen. Offenbar war das nicht so. Was er gerade erlebt hatte, war jedoch zur Abwechslung mal absolut greifbar und bezog sich unmittelbar auf das, was bewusst in ihm vorging. Angst vor sich selbst und den eigenen Trieben, welche ihre ganz eigene Version eines Erics erschaffen könnten. Eine Version, welcher niemand über den Weg laufen wollte oder sollte.

Eric drehte sich zur Wand und starrte sie an. Bis zu einer Höhe von fast dreißig Zentimetern über der Bettkante sah er die Spuren der Bettdecke, seiner Hände und Füße. Die weißen Wände zeigten klar und deutlich, wie viel Zeit in diesen Räumen verbracht worden war. Alle paar Jahre wurden sie frisch gestrichen und falls notwendig mit neuen Möbeln ausgestattet, doch irgendwie blieben sie immer gleich. Weder Eric noch Jack hatten ihr Zimmer mit vielen Bildern oder anderem Krams geschmückt oder vollgestellt. Es gab buchstäblich nur zwei Betten, einen großen Kleiderschrank welchen sie teilten, einen Kühlschrank für Jack und ein paar Regale, sowie einen Tisch mit zwei Stühlen. Eric drehte sich um, starrte die Regale an. Sie waren ziemlich leer. Papier und Schulsachen, nur das nötigste. Warum waren er und Jack so anders? Öffnete man die Türen anderer Räume, wurde man von bunten Welten und umfassenden Zeugnissen anderer Persönlichkeiten erschlagen. Hier nicht. Jedenfalls nicht durch Masse. Gut, bei Haku sah es ähnlich aus. Doch der war ihnen ja auch irgendwie ähnlich. Was sagte das über sie? Waren sie leer, langweilig, herzlos oder kühl?

Jemand klopfte an die Tür und riss Eric aus seinen Gedanken, mit welchen er sich ziellos von dem Geschmack nach rohem Fleisch in seinem Mund abzulenken versuchte. Niemand klopfte an diese Tür. Jack würde einfach hereinkommen und selbst Haku war ihnen ein so naher Freund, dass sie beim jeweils anderen ein und aus gingen, wie es ihnen passte. Zu seiner Erleichterung beschlich ihn schnell die Gewissheit, dass es auch nicht Mia war. Müde und neugierig stand Eric auf, schlüpfte in seine Klamotten und ging zur Tür.

Draußen stand Crow. Er wollte gerade gehen, hatte gedacht, es würde keiner aufmachen und nun erschrak er, als Eric ihm in die Augen sah. Doch es war nur die Überraschung, keine Angst. Oder doch? Eric trat einen Schritt zurück und ließ ihn wortlos eintreten, während ein paar vorbeigehende Bewohner des Heims ihn neugierig musterten, als wäre etwas Besonderes an ihm.

Crow war ähnlich groß wie Jack, doch er wirkte weder so kräftig noch so selbstbewusst. Er machte den Eindruck, eine lange, schwierige Zeit hinter sich zu haben und müde zu sein. Eric spürte sofort eine Art Verständnis, als er den neugierigen Blick seines Besuchers durch den Raum schweifen sah. Schließlich wandte Crow sich Eric zu. Er schien genau zu wissen, was er wollte, aber nicht, was er sagen sollte. Traute er sich nicht? Eric wollte es ihm nicht schwer machen und die drückende Stille störte ihn.

»Setz dich«, sagte Eric und beide ließen sich an dem Tisch nieder, auf welchem verstreut bekritzelte Papierfetzen, Schulhefte und ein paar von Jacks Kleidungsstücken lagen. Eric sah Crow aufmerksam an, er mochte ihn irgendwie und freute sich darüber, dass Crow scheinbar keine Angst hatte.

»Ich will mich bei dir bedanken. Und dir sagen, dass alles okay ist. Ich meine … Ich habe erst nicht hingesehen, aber Haku hat mir danach alles gezeigt. Ich kann damit umgehen.«

Eric wusste nicht, was er dazu sagen sollte und bekam das Gefühl, jemand hätte ihm gerade ins Gesicht getreten. Was um alles in der Welt war hier los? Haku kommunizierte ebenfalls in Gedanken? Und Crow auch? Er lehnte sich in seinem Stuhl zurück, ließ Crow nicht aus den Augen. Der fühlte sich offenbar recht wohl. Erics Neugier wuchs, sein Misstrauen ebenfalls. War das alles, was er wollte?

»Haku sagt, dein Spitzname ist Kleiner Drache. Warum?«

»Er und Jack sind der Ansicht, dass es passt. Jack hat mir den Namen gegeben.«

Crow nickte. Er wirkte auf einmal etwas schüchtern und überlegte, ob er weiter fragen sollte.

»Ich habe gehört, einige nennen dich Biest oder Tier. Einer der Älteren meint, du wärst schon immer so … Ich meine … Bist du?«

Crow beobachtete Erics Reaktion genau und erkannte sofort, dass er etwas in Eric getroffen hatte, als der kurz die Augen niederschlug und kaum merklich den Kopf schüttelte. Doch Crow fragte weiter. Er wirkte nicht ganz sicher, doch etwas trieb ihn voran.

»Bist du ein Drache?«

Eric hatte augenblicklich wieder das Gefühl, zu träumen. Aber es war real, das spürte er so deutlich und klar, wie Crow ihn gerade anschaute und seine Neugier kaum zurückhalten konnte.

»Bist du eine Krähe?«, fragte Eric.

»Naja, nicht ganz. Sie sprechen manchmal zu mir, zeigen mir, was sie alles können. Sie flüstern mir Sachen zu, wenn sie auf meiner Schulter sitzen. Manchmal haben sie mich bewacht, wenn ich auf der Straße geschlafen habe. Wir sind irgendwie seelenverwandt und teilen viel. Sie sind sehr schlau. Raben auch.«

Eric war sprachlos. Er glaubte Crow jedes Wort, hatte aber in keiner Weise erwartet, hier noch jemanden zu treffen, der so anders war. Er schluckte.

»Kannst du ihre Gestalt annehmen?«

Crow senkte den Blick. Eine Erinnerung keimte auf, die er offensichtlich nicht besonders mochte.

»Nur einmal. Als meine Eltern … so konnte ich fliehen, jetzt bin ich hier. Ich weiß nicht, wie. Aber manchmal verhalte ich mich ähnlich wie die Krähen. Ich denke nicht darüber nach, es passiert einfach. Ich glaube, wenn ich älter und größer werde, krieg ich das irgendwann in den Griff. Hoffentlich«, meinte er, ein zaghaftes Lächeln schlich sich in sein Gesicht, »Krähen sind manchmal sehr seltsam. Das kann peinlich sein.«

Eric fühlte einen leichten Schmerz im Herzen, welches mittlerweile zur Ruhe gekommen war. Deshalb war Crow also im Heim, auch er hatte seine Eltern verloren.

»Es tut mir sehr leid, Crow. Wegen deiner Eltern meine ich.«

»Schon gut«, meinte Crow, doch Eric wusste, dass es überhaupt nicht gut war. Crow vermisste sie mehr als irgendetwas sonst, augenblicklich wurde er von seiner Trauer überrannt. Er ballte die Fäuste und schüttelte den Kopf, als wollte er die Flut an Emotionen ablehnen. Eric stand auf, ging zu ihm und nahm ihn in den Arm. Er hatte keine Ahnung, was ihn zu dieser Geste trieb und empfand es als das Einzige, was er gerade tun konnte. Er wollte Crow trösten. Einfach nur für ihn da sein. Crow zögerte, doch schließlich klammerte er sich fest an Eric und weinte, konnte sich kaum beruhigen. Er war wütend.

»Ich will sie zurückhaben! Ich muss ihnen noch so viel sagen … das ist so unfair. So unfair! Ich … ich war nie da, habe fast die ganze Zeit draußen verbracht, weißt du? Und sie haben mich gelassen, sie wussten, dass … es war okay für sie, sie haben aufgepasst aber mich immer gelassen und … Es war nicht leicht für sie. Sie haben mich soweit den Krähen überlassen, wie ich es brauchte, aber sie haben nie losgelassen, verstehst du? Ich weiß, dass sie sich das mit ihrem Sohn nicht so vorgestellt haben und jetzt … ich vermisse sie so sehr, warum …«

Eric hielt ihn fest, spürte den kleinen, bebenden Körper in seinen Armen und hatte plötzlich das Gefühl, er könnte ihn später unmöglich wieder alleinlassen. Crow war so tapfer, viel selbstständiger und mutiger als Eric es bei allen hier im Heim je erlebt hatte. Genau wie Jack und Haku. Er vergaß völlig, warum er eigentlich allein hier im Zimmer geblieben war, hatte nur noch Raum und Zeit für Crow, der gerade in ein sehr tiefes Loch zu fallen drohte. Eric schob ihn vorsichtig von sich weg und sah ihm in die Augen. Etwas in Erics Inneren hielt Crow auf Abstand und wollte nicht riskieren, dass der sich zu sehr an etwas binden würde, was vielleicht grausam und dunkel war.

»Crow, du bist unglaublich. Ehrlich. Du bist so stark. Du wirst damit zurechtkommen, glaub mir. Du kommst klar, mit der Zeit. Ich weiß, wie du dich fühlst. Du bist nicht allein hier, hörst du? Erinnere dich an deine Eltern, so viel du kannst. Egal, wie schmerzhaft. Du wirst damit leben müssen und das kannst du auch.«

Crow sah ihn unsicher an, wischte sich die Tränen aus dem Gesicht. Er schien Erics Worte zu verstehen und anzunehmen, nickte stumm und machte einen Schritt zurück, setzte sich wieder an den Tisch und legte den Kopf erschöpft auf die Tischplatte. Eric blieb kurz stehen, wusste nicht, was er tun sollte oder was es jetzt noch zu sagen gab. Aber Crow machte eindeutig den Eindruck, ihn gerade jetzt irgendwie zu brauchen. So setzte auch Eric sich wieder hin. Minutenlang beobachtete er Crow dabei, wie der sich an seine Vergangenheit erinnerte. Ab und zu schluchzte er, beruhigte sich aber jedes Mal. Als wollte er ab heute nie wieder weinen.

»Ich glaube, du bist wirklich ein Drache«, sagte Crow schließlich, während er sich mit den Ärmeln seines schwarzen Pullovers das Gesicht trocknete und sich auf seinem Stuhl räkelte, »ich denke, es stimmt.«

Abermals war Eric verblüfft, doch dieses Mal fragte er sofort nach.

»Warum? Hast du schon mal einen getroffen?«

»Nein, nein. Keine Ahnung. Aber sieh dich an! Du bist extrem stark, obwohl du noch so jung bist und gar nicht so aussiehst. Naja, schon etwas, aber … die meisten hier scheinen Angst vor dir zu haben, oder vielleicht nicht Angst aber auf jeden Fall sehr viel Respekt, also … naja. Und das mit Jan! Etwas ist mit deinen Augen, ich weiß nicht genau. Aber wenn ich hineinsehe, dann ist das nicht normal.«

»Wie kommst du darauf, dass sie Angst vor mir haben?«

»Ich glaub, die spüren einfach, dass du anders bist. Sehr, sehr anders. Und außerordentlich mächtig. Ich kann es jedenfalls fühlen. Die Wärme und … keine Ahnung. Wie jetzt. Ich fühle mich wohl hier. Beschützt. Kannst du seine Gestalt annehmen?«

Crow machte gerade einen großen Schritt nach dem anderen, näherte sich zielstrebig und überrumpelnd jener Information, welche ihn so interessierte. Eric erkannte sofort, dass seine Neugier aufrichtig und ohne Hintergedanken war, obwohl langsam deutlich wurde, dass er es aus einem bestimmten Grund unbedingt wissen wollte. Eric konnte kaum einen klaren Gedanken fassen. Wie bereits öfter mit Jack hatte er plötzlich das Gefühl, dass Crow viel mehr wusste als er.

»Crow«, sagte Eric abwesend. In seiner Stimme lag etwas Drohendes, völlig unbeabsichtigt. Vertraue niemandem blind, hörte er es in seinen Gedanken klingen.

»Habe ich zu viel gefragt? Sorry, das meinte ich nicht so. Manchmal … Mist. Bitte verzeih mir das, Krähen sind sehr beharrlich. Sie sind listig und verfolgen ihre Ziele. Ich wollte nicht unhöflich sein, wirklich nicht. Es tut mir leid.«

Eric lächelte müde.

»Es ist okay. Komm her.«

Crow starrte Eric unsicher an, Eric erkannte einen Funken Furcht in seinen Augen. Doch er löste sich davon, stand auf und kam zu Eric, der sich ebenfalls von seinem Platz erhob.

»Crow, behalte es für dich. Versprich es mir.«, sagte Eric und Crow nickte verwundert. Eric schickte einen Gedanken, zeigte ihm die Gestalt des Drachen. Crow stolperte bestürzt zurück, als er direkt in die Augen des riesigen, fast schwarzen Wesens blickte und kurz aber heftig die enorme Hitze im Gesicht spürte, mitsamt der unglaublichen Kraft, mit welcher der Drache in seine Seele blickte und sie festhielt. Er öffnete schnell seine Augen, als wollte er aufwachen und starrte Eric an wie etwas, was urplötzlich aus dem Nichts aufgetaucht war. Als er die eigene Reaktion erkannte, kam er kleinlaut zurück zu Eric, der ihn nur aufmerksam musterte.

»Okay«, stammelte Crow leise, etwas Schweiß bildete sich auf seiner Stirn, »okay, okay. Es stimmt also. Du bist … Wow. Du siehst … Wie kann man keine Angst vor dem Biest haben? Oh, entschuldige, nichts für ungut. Ich meine, wer dich nicht kennt, also …«

Crow lächelte vorsichtig und neigte sich leicht nach vorn, als wollte er sich verbeugen. Er ahnte langsam, dass Eric das Ganze eher unangenehm war.

»Aber so bist du gerade gar nicht. Jetzt bist du so anders, total anders. Kein Monster.«

»So, bin ich das? Sag mir ehrlich, hast du Angst?«

Eric fühlte sich schmerzlich an den Moment erinnert, welcher überhaupt zu jenem jetzt geführt hatte. Crow sah ihn an. Ihm dämmerte langsam, was Eric die ganze Zeit über beschäftigte und wie sehr seine direkten Worte daran gekratzt hatten. Er holte tief Luft, wischte sich kurz über die Nase und wirkte ziemlich verlegen. Er wurde nervös. Eric sah in den Gedanken des Jungen jenes Gefühl von Wärme und Trost aus dem Moment, in welchem Eric ihn umarmt hatte. Crow hatte die Zuneigung und das empfundene Gefühl von Schutz und Sicherheit tief in sich eingeschlossen, es stärkte ihn.

»Nein. Jetzt nicht mehr. Aber ich hatte Angst. Deshalb kam ich her. Ich glaubte, dass du Jan vielleicht nur aus dem Weg geräumt hast, um selber die Nummer eins … du weißt schon, was Raubtiere eben tun. Krähen übrigens auch, deshalb dachte ich … egal. Aber Haku hat gesagt, ich solle mich trauen und zu dir gehen, du wärst anders als das, was ich gesehen habe. Und was alle anderen gesehen haben. Er meint, du hättest mich und Jack tatsächlich nur schützen wollen. Stimmt ja auch, das weiß ich nun. Ich mag dich sehr, Drachenjunge. Irgendwann will ich auch so stark sein wie du. Darf ich wiederkommen?«

Eric war überfordert von Crows Redeschwall und seiner uneingeschränkt direkten Ehrlichkeit, die schon fast entwaffnend wirkte, obwohl sie einander überhaupt nicht kannten. Er hatte selbst so viele Fragen, so unglaublich viele Reaktionen auf Crows Besuch, dass er nur abwesend »klar« sagen konnte. Crow wirkte mit einem Mal so lebendig, obwohl Trauer und Erschöpfung ihm tief in den Knochen saßen. Er sah Eric dankbar und erleichtert an und Eric erkannte die Hoffnung in ihm, einen Freund entdeckt zu haben. Er lächelte Crow ehrlich an, dann meinte er:

»Crow, du bist wirklich erstaunlich. Wie alt bist du?«

Crow nickte und lachte.

»Sind wir alle. Ich schulde dir was! Keine Ahnung. Mia sagt, vielleicht elf oder zwölf. Was meinst du? Sollte ich das wissen?«

Eric lächelte ihn anerkennend an, hielt ihm seine Faust hin. Crow blinzelte verunsichert, doch nach kurzem Zögern kam er ganz langsam näher und hielt seine eigene Faust gegen Erics, während er dessen Reaktion genau beobachtete. Eric lachte.

»Passt. Ist egal, aber du bist einfach so … ich weiß es nicht. Du bist groß.«

Crow nickte Eric zu, ging zur Tür und verschwand so unauffällig, wie er aufgetaucht war.

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