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1. Psychotherapieforschung
1.6 Konsequenz: die Relation von Beziehung und Behandlungstechnik

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In der Abwägung beider Forschungsrichtungen (Effekt- und Prozessforschung) sollte man anerkennen, dass sich in Metaanalysen der Prozessforschung grundsätzlich die therapeutische Beziehung als ausschlaggebender für den Erfolg erweist als eine einzelne Behandlungstechnik. Daher hat in der praktischen Konsequenz die Reflexion und Gestaltung der Beziehung (zunächst auf der Makroebene) immer Vorrang vor der Auseinandersetzung mit einer weiterführenden Interventionstechnik. Sowohl die Beziehung als auch die Technik haben sowohl störungsspezifische wie störungsunspezifische Seiten. Die Erkenntnisse der Prozessforschung werden aber bis heute nicht angemessen umgesetzt in transdiagnostische Konzepte.

Auf der Ebene der Gesprächsführung (Mikroebene) verschmelzen Aspekte der Beziehung und der Interventionstechnik in der Frage «Worauf richte bzw. lenke ich als Therapeut primär die Aufmerksamkeit im Gespräch, um in eine für den Patienten hilfreiche therapeutische Beziehung zu kommen, ihm einen für ihn stimmigen Blick auf sich, seine Beziehungen und seine Symptomatik zu ermöglichen und beides sekundär durch gezielte Anwendung von Methoden zu unterstützen?». Anders formuliert: Die Gesprächsführung ist die Basis, auf der es zu einer konstruktiv erlebten Beziehung und zur Anwendung von Interventionstechniken kommen kann.

Durch erhebliche Wirkungsunterschiede in Abhängigkeit von der Persönlichkeit des Therapeuten und seiner Gesprächsführung wird auch der Wert der reinen Methodenevidenz relativiert, aber selbstverständlich nicht überflüssig. Dies führt zu einer Definition von Psychotherapie als professioneller Kommunikation mit darauf aufbauenden (!) Behandlungsmethoden im Rahmen eines (hinsichtlich Zeit, Raum und Rahmen sehr unterschiedlichen) Behandlungsprozesses, der unterschiedlich komplexe Ziele verfolgen kann (in Anlehnung an die Psychotherapiedefinition von Hans Strotzka). Damit wäre sowohl eine technische Reduktion verhindert als auch eine Reduktion auf das Gespräch oder «bloßes Reden».

Hinsichtlich des Patienten und seiner persönlichen und symptomatischen Beeinträchtigungen wäre es sinnvoll, störungsspezifische Erkenntnisse mit Erkenntnissen über allgemeine psychische Funktionen (Selbstkonzept, Persönlichkeit, Selbstwert, Konflikte, Emotionsregulation, Bindungsentwicklung mit den einschlägigen Schutz- und Risikofaktoren, Beziehungsmuster) zu verknüpfen. Diesen Weg gehen Herpertz, Caspar & Mundt (2008) mit dem Konzept der «störungsorientierten Psychotherapie». Hier werden z. T. vergleichbar zum «integrativen Lehrbuch» (Praxis der Psychotherapie, Senf & Broda 2012) synoptisch viele Erkenntnisse aus allen Teilbereichen (allgemeine Aspekte, psychische Grundfunktionen, Störungen, Settingaspekte und Rahmenbedingungen) zusammengestellt. Dies geschieht jedoch noch ohne eine echte theoretische Verdichtung und Integration.

Fazit: Auch allgemeine psychotherapeutische Bedingungen müssen spezifisch mit dem Patienten im Hinblick auf seine Persönlichkeit und Symptomatik realisiert werden. Dies geht nicht ohne ein umfassendes ätiologisches Verständnis mit einer Fundierung in der Grundlagenpsychologie. Und in der Anwendung erfordert dies ein individuelles Fallkonzept mit einer schlüssigen Gesamtbehandlungsstrategie, die sich durch ein durchgängiges Verständnis von Beziehungsgestaltung und Gesprächsführung als permanent wirksamer Intervention auszeichnet und dies mit transdiagnostischen (emotionalen) und störungsspezifischen Interventionen verknüpft.

Konsequenzen für die Praxis

Die Prioritäten in der Erforschung und Gestaltung wirksamer Therapie sollten sich an dem Grad des Nutzens für den Patienten orientieren. Die Beziehung sollte sowohl auf der Makroebene (Beziehungsmuster) als auch auf der Mikroebene (Gesprächsführung) gestaltet und verstanden werden. Hier liegt der Haupteinfluss auf das Gelingen einer Therapie, dem gegenüber der Einfluss des therap. Verfahrens (VT, GT, PA, TP) an zweiter Stelle nachgeordnet ist. In der Bedeutung folgt zum Dritten das Verständnis der Funktionalität der Störung im Kontext transdiagnostischer Bedingungen (Selbstkonzept, Persönlichkeit, Selbstwert, Konflikte, Emotionsregulation, Bindungsentwicklung, Risikofaktoren, Beziehungsmuster). Und darauf folgt an vierter Stelle das Verständnis der Eigendynamik störungsspezifischer Bedingungen, die heute jedoch zu Unrecht in Wissenschaft, Ausbildung und Praxis sehr viel Raum einnehmen.


Verhaltenstherapie emotionaler Schlüsselerfahrungen

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