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1. Psychotherapieforschung
1.10 Ziele von Patienten

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«Rette das Ziel, triff daneben»

Stanislaw Jerzey Lec 1991

Während die «Exploration von Erwartungen» des Patienten an die Therapie durchaus im Erstgespräch erfolgen kann, sollte die «Vereinbarung von Zielen» zum Abschluss der diagnostischen Phase (nach 5 Sitzungen) erfolgen. Sie steht dann im Kontext eines fundierten Fallkonzeptes und bezieht die funktionalen Hypothesen mit ein (Wendisch & Neher 2003). Zudem sollten die oft in einer methodischen Sprache formulierten Ziele aus Sicht des Therapeuten mit den Inhalten des Patienten und in seiner Sprache formuliert werden (Wendisch 1999; Willutzky 1999). Therapieziele sind in erster Linie Ziele des Patienten (in seiner Sprache), und in zweiter Linie fließen dort die fallkonzeptuellen Überlegungen des Therapeuten aus den ersten Sitzungen mit ein. Therapieziele sind sowohl für den Patienten wie den Therapeuten ein sinnvolles Orientierungsmerkmal für die Einschätzung der Wirkung des therapeutischen Prozesses und damit auch die wichtigste Evaluationsgrundlage!

1. Grosse Holtforth (2001) analysierte in einer Cluster-Studie die Therapieziele von über 300 ambulanten und 128 stationären Patienten und kam auf 5 übergeordnete Kategorien von Zielen:

2. Störungsbezogene Ziele (z. B. Depression, Ängste, Sucht, Sexualität)

3. Beziehungsprobleme bewältigen (z. B. Familie, Einsamkeit, Trauer, Wünsche nach Nähe)

4. Körperliches Wohlbefinden (z. B. Aktivierung, Entspannungsfähigkeit)

5. Klärung/Orientierung (z. B. Sinnfrage klären, Ziele finden, Bilanz ziehen)

6. Selbstentwicklung (z. B. Selbstvertrauen stärken, Grenzen akzeptieren, mit Gefühlen umgehen, leistungsfähiger werden)


Daraus kann man ableiten, dass Patienten in der Regel mehr wollen, als sich auf ihre Störung zu konzentrieren! Dies ließ sich sowohl für ambulante wie auch für stationäre Patienten nachweisen, wenngleich stationäre Patienten noch stärker auf ihre Störung bezogen waren (Grosse Holtforth et al. 2004) und auch depressive Patienten eher störungsunspezifische und komplexere Zielsetzungen aufweisen als Angstpatienten oder Patienten mit Essstörungen (Grosse Holtforth et al. 2004; Grosse Holtforth, Wyss, Schulte, Trachsel & Michalak 2009). Ziele in der Psychotherapie sind langfristig auch mit Zielen in der Lebensführung verbunden bzw. mit Bedürfnissen, deren Befriedigung sich ein Patient wünscht.

Im Hinblick auf das diesem Abschnitt vorangestellte Zitat geht es bei Zielen darum, dass man sie einerseits hat und sie andererseits nicht linear verfolgt und damit das viel Wichtigere erstickt, nämlich den Prozess der Selbstentdeckung und der aktuellen Erfahrung. Eine lineare Zielverfolgung ist das Gegenteil von Achtsamkeit. Dörner (2000) schreibt: «Auf Sachen geht man gezielt, frontal, direkt zu; wenn Menschen nicht mit Sachen verwechselt werden, ist der Umgang mit ihnen grundsätzlich indirekt, umspielend, wie das Wort Um-gang bereits ausdrückt» (S. 114). Für diesen Umgang ist das Ernstnehmen der Bedürfnisse zu jedem Zeitpunkt entscheidend.

Daher führt uns die Frage nach den Zielen zur Frage nach den Bedürfnissen.

Konsequenzen für die Praxis

Die Berücksichtigung der Komplexität der Zielsetzungen von Patienten ist für die Beurteilung des Therapieerfolgs zentral und zeigt die Begrenztheit einer Ausrichtung der Therapieziele an der Störung des Patienten auf! Ziele sollten gemeinsam in der Sprache des Patienten erarbeitet, konkret ausformuliert werden und ein funktionales Störungsverständnis einbeziehen. Hier entscheidet sich bereits die Bereitschaft des Therapeuten, sich auf den Patienten einzulassen und eine eigene Sicht der Zusammenhänge einzubringen, ohne den Patienten zu dominieren.


Verhaltenstherapie emotionaler Schlüsselerfahrungen

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