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Der böse Traum

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Inmitten des schönen Parks zog herber Modergeruch, der aus dem dichten Unterholz kam, Karl in die Nase. Er schnupperte. Dieser Geruch erinnerte ihn jäh an einen Traum, der vergangenen Nacht.

Sage keiner, so etwas gäbe es nicht – aber wie auf Kommando, als sei ein Kinovorhang weggezogen worden, spulte sich der Traum vor seinem inneren Auge ab, genau wie in einem Film. Dieser rätselhafte Vorgang war so ungeheuerlich, dass er es selbst nicht glauben konnte, was er in der Nacht geträumt hatte.

Im Traum war Karl mit seinen besten Freunden auf Wandertour in den Bergen. Am hellen Tage erstiegen sie einen steilen Hang mit einem zerklüfteten Profil, wo nur noch Dornengestrüpp und Krüppelkiefern standen. Über den Bergen Sturmwolken. Durch eine Schlucht wälzte sich ein schäumender Fluss. Ein Kristall, zwischen Moosen leuchtend, erregte Karls Interesse. Neugierig kniete er nieder, grub das schöne Stück aus, hockte sich auf eine Felsnase und betrachtete voller Bewunderung die Symmetrie und das Kristallgitter.

Diese Minuten des Zurückbleibens waren sein Glück und seine Rettung, denn plötzlich durchdrang Geschrei seiner Gefährten die Morgenstille. Vögel flogen erschreckt und kreischend davon. Die Sonne versteckte sich jäh hinter dem Wolkenzug.

Karl sah um sich. Das kalte Entsetzen erstickte jede Regung in seiner Brust. Was er gesehen hatte, war so ungeheuerlich, dass es ihm die Sprache verschlug: Seine Kameraden standen mit einem vielarmigen Ungeheuer in einem Kampf auf Leben und Tod! Wuchtige Fangarme eines Oktopus hatten sich um die Beine seiner Gefährten geschlungen. Beherzt versuchten sie das Untier abzuschütteln, zu zertreten. Doch das grauenhafte Scheusal hatte sich an den Beinen festgesaugt. Nun krallte es sich hochwindend auch am Leib und an der Brust fest …

Karl sah Todesangst in den Gesichtern der Freunde, hörte ihr Krächzen, ihren röchelnden Atem. Trotzig und in Todesangst hieben die Unglücklichen mit erzener Faust auf die Arme mit den Saugnäpfen. Auch mit Fahrtenmessern stießen sie zu. Blut, scheußlich wie Galle, spritzte aus den tiefen Wunden des furchterregenden Monstrums. Jäh vollzog sich ein Hexenzauber. Urplötzlich krochen aus den Wundschlitzen des Untiers Wolfstatzen, die sich am Körper der Kameraden festkrallten.

Angesichts des geisterhaften Geschehens, entfloh ihren Mündern nur noch dumpfes Gebrüll, das an den Bergen widerhallte. Vor Schmerz krümmten sie sich, torkelten wie Betrunkene. Tod wund, war ein fliehen unmöglich geworden.

Karls Blut stockte. Seine Gedanken rasten. Was tun? Wie den Unglücklichen beistehen? Wie sie vor dem Tode bewahren? Einen Augenblick war er unschlüssig. In seinen Schläfen hämmerte der Herzschlag. Mit dem Mut der Verzweiflung beugte er sich vor. Entflammt vom Drang das mörderische Untier zu vernichten, spannte er kraftvoll seine Muskeln. Und da geschah ein Wunder. Wie ein Pfeil von einem Bogen abgeschossen, schnellte er blitzartig himmelwärts. Wie ein Vogel stieg er in die Lüfte. Ein unsichtbarer Luftstrom schien ihn höher und höher zu tragen. Langsam glitt er über das Bergmassiv. Unter ihm die sich wehrenden Freunde, von den Fangarmen der Hydra umschlungen.

Unverzüglich suchte Karl den verderblichen Rumpf des Achtfüßlers. Da riss die Wolkendecke auf. Im Licht der Sonnenstrahlen erkannte er zwischen den Krüppelkiefern und Dornengestrüpp das grässliche Ungetüm. Pfeilschnell zischte er zur Erde zurück, packte mit beiden Händen einen gewaltigen Felsblock, stieg einer Rakete gleich erneut in die Höhe. Ohne zaudern schleuderte er das Gestein auf das Ungeheuer. Angsterfüllte Augenblicke! – Hatte er getroffen?

Krachend und dröhnend, rollte dumpfes Grollen zu Tal. Und aus der Tiefe des Kraters stieg brodelnd schwefelgelber Rauch.

Kaum hatte sich der Rauchvorhang verzogen, sah Karl den verderblichen Oktopus tief unten in einem klaffenden Schlund verenden …

Karl Hellauers Wandlung im Zweiten Weltkrieg

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