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Eine zauberhafte Begegnung

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In diesem Augenblick schoss pfeilschnell ein Schatten auf ihn zu. Erschreckt zuckte er zusammen. Mit einem schnellen Ausweichschritt wollte er einen Zusammenstoß mit dem jungen Geschöpf vermeiden. Doch das Wesen, das nach einer Wegebiegung plötzlich aufgetaucht war, wich ein wenig zur Seite, aber in dieselbe Richtung wie Karl. Beide blieben wie festgenagelt stehen. Karls scheuer Blick blieb entzückt an dem hübschen Kind, das plötzlich vor ihm stand, hängen. Sie war vielleicht fünfzehn Jahre alt. Ihre überaus reizvolle Anmut ließ sein Herz plötzlich schneller schlagen. Nie zuvor hatte er ein schöneres Mädchen gesehen. Eine warme Zärtlichkeit erfüllte seine Brust. Doch bevor er etwas sagen konnte, schossen Blitze aus des Mädchens Augen, und ihrem Munde entstieg der Ausruf: „Können Sie nicht aufpassen, Sie unreifer Jüngling!”

Wie aus tiefem Schlaf erweckt, verharrte Karl verlegen und unschlüssig mitten auf dem Weg. Seine Kehle war wie zugeschnürt. Die Zunge klebte, einem trockenem Blatt gleich, am Gaumen. Er sah in seiner halben Ohnmacht wie hypnotisiert auf die blühende Erscheinung, die im weißen Kleid im Licht des Tages stand. Einen Wimpernschlag lang versank um Karl die große weite Welt. Ihr schönes Antlitz, mit dem Reiz kindlicher Unschuld, war voller Zauber. Dazu wundervolle grüne Augen, herrlich blitzende Zähne zwischen den halb geöffneten, feuchten Lippen. Und am Halse des schönen Kindes hing ein goldenes Kettchen mit einem Anhänger, auf dem ein vierblättriges Kleeblatt glänzte. Auch genoss er den Anblick der zarten Wölbungen des Kleides, zierliche Brüste darunter ahnend. Am liebsten hätte er das Haupt dieser unschuldigen Blume mit Kirschblüten umkränzt.

Welt unerfahren, war er noch immer in großer Not, denn er vermochte weder eine Entschuldigung, noch ein liebes Wort hervorzustoßen. Ihre Wohlgestalt, ihr wunderschönes Antlitz und das Haar, das sich goldblond über die Schultern ergoss, hatte in ihm ein Wirbel von Wonne erzeugt, so dass er knabenhaft erbebte. Jugendliche Scheu hinderte ihn, das holde Wesen anzusprechen.

Gleichsam einem unsichtbaren Hauch, rieselte eine erregende Seligkeit durch sein Herz. Er dachte: ist das Liebe auf den ersten Blick? …

In jenem Augenblick erhob das zauberhafte Wesen ihr Antlitz Karl entgegen. Und mit einem eigenwilligen Zug um den Mund sagte sie mit einer liebkosenden Stimme: „Träumen Sie weiter, junger Mann, und lassen Sie sich beim Träumen nicht aufhalten!”

Und schon schritt sie erhobenen Hauptes davon. Karl blickte ihr wie ein ertappter Dieb nach. Ihr Schritt war leicht und voller Grazie. Der Klang ihrer hellen Stimme hatte ihn in einen erhebenden Zustand versetzt. Am liebsten hätte er sich niedergekniet und gebetet.

In der folgenden Nacht träumte Karl von ihr. Das Sonnenlicht fiel mit mildem Scheine auf das liebreizende Antlitz. Das kindliche Mienenspiel ihrer Gesichtszüge war verschwunden. Sie war weiblicher, reifer, schöner geworden, wie nach dem Aufbrechen einer Knospe zur Blüte hin. Sie raffte die Flut ihrer Haare, beugte sich ihm entgegen, und ihrer beider Lippen hatten sich im Kuss vereinigt. Karl fühlte eine unauslöschliche Glut in seinen Adern lodern.

War das ein gutes Omen?

Wann wird er sie Wiedersehen, die schöne Unbekannte, die Traumprinzessin? Wird er am Ende enttäuscht sein?

In den Tagen danach strich er suchend durch die Straßen und Gassen der Stadt. Auch im Park suchte er sie vergebens. Sein Herz war voller Traurigkeit. Alles was ihm blieb, war ein Hauch von Seligkeit und eine große Sehnsucht nach ihr. Karl trug eine neue Welt in sich.

Karl Hellauers Wandlung im Zweiten Weltkrieg

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