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Sonntag, 8. Juli 2007 – Warum nicht schon im letzten Jahr?

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Darüber habe ich mir die letzten zwei Tage einige Gedanken gemacht. Warum sind wir nicht schon im letzten Jahr oder noch früher darauf gekommen, was mit Katrin los war? Wir alle hören so viel von Krebs, Herzklappenfehlern, Masern, Mumps, AIDS und Magengeschwüren. Oder auch Drogensucht. Wir hören auch etwas von Psychiatern und Psychosen. Wir sehen lustige amerikanische Filme, bei denen die Hauptfiguren auf der Couch ihres Psychiaters liegen und über ihre Eheprobleme reden. Es gibt gar den lustigen Detective Monk. Aber das ist ja etwas anderes. Das ist ja lustig. Aber das, was wir erleben? Was ist das? Wie nennt man diesen Wahnsinn, der schleichend schlimmer wird? Der schleichend das Leben vereinnahmt? Der das Leben einzwängt? Und dann wird dieser Begriff irgendwann doch noch gefunden. Z W A N G. Leider eben erst irgendwann. Denn wenn ich früher darauf gestoßen wäre? Dann hätte ich vielleicht frühzeitiger reagieren können. Dann hätte alles vielleicht irgendwie anders laufen können.

Ich hatte lange recherchiert. Bücher über Hygiene gefunden. Bücher über die Hygiene im Krankenhaus, Hygiene in der Betreuung von Kranken. Ich fand keine Hinweise auf krankhafte Hygiene"sucht". Ja, ich fand Sachen über Phobien. Aber auch das war nicht so wirklich in Einklang zu bringen mit Katrins Aktivitäten.

Wenn wir die Krankheit früher hätten benennen können, dann hätten wir als Paar auch leichter und besser darüber sprechen können – da bin ich mir sicher. Und schließlich hätte es vielleicht auch dabei geholfen, als Angehöriger nicht in dieser Form Co-Krank zu werden. Co-Krank, das ist wie Co-Abhängig. Denn um das System im Gleichgewicht zu halten und damit auch die heftigsten Wutausbrüche zu vermeiden, muss der Partner in diesem System eingespannt sein und mitarbeiten.

Wenn ich von Anfang an dagegen gehalten hätte? Dann wäre das Zusammenleben von Beginn an zur Tortur geworden. Dann wäre uns unsere Not sicherlich auch früher bewusst gewesen. Zwar wäre von einer normalen Ehe dann auch früher nicht mehr zu sprechen gewesen. Wir hätten dann aber auch schneller nach einer Lösung gesucht. Fatale Falle.

Ein Schulfach Gesundheit, gesundes Leben wäre sicherlich nicht falsch. Nicht, um lauter Hypochonder heranzubilden. Sondern um zu erkennen, was gesund, vielleicht „normal" und was ungesund ist. Und das nicht nur im Rahmen des Schulfrühstücks. Es ist nur die Frage: Welche Krankheiten müssten dabei besprochen werden? Welche gesunden Verhaltensweisen müssten eingeübt werden? Oder ist das eine Aufgabe des Elternhauses? Vielleicht ginge es auch einfach nur darum, junge Menschen früher daran zu gewöhnen, dass nicht alles allein zu lösen ist. Dass es nicht schlecht ist, wenn man Hilfe sucht. Dass es von Größe zeugt, wenn man Hilfe annimmt. Hätte, wäre, wenn... Aber am Ende zählt nur, dass wir aufeinander aufpassen. Und wenn uns etwas auffällt, dann sollten wir den Mut haben, es offen anzusprechen. Psychische Krankheiten müssten entstigmatisiert werden. Eine gebrochene Psyche sollte just so behandelt und gesehen werden, wie ein gebrochener Arm. Dann wäre es vielleicht einfacher.

Draußen war Sommer...

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