Читать книгу Draußen war Sommer... - Kurt Partner - Страница 12

Raue Zärtlichkeit war die spürbare Veränderung

Оглавление

Es war erst zu Beginn des letzten Jahres, dass ich ahnte, dass in unserem Leben insgesamt etwas nicht stimmte. Unser Leben war inzwischen so sehr eingeschränkt. Die Freiheit fehlte. Es fing an, sich krank anzufühlen. Vor allen Dingen deswegen, weil immer dann, wenn Rituale nicht eingehalten wurden, eine Entschuldigung nicht mehr als Besänftigung ausreichte. Katrin, sonst so ausgeglichen und bis dahin so liebevoll, wurde nach jeder Ritual- und Regelverletzung aggressiv und ganz ungewöhnlich sauer. Sie machte mir ein schlechtes Gewissen. Und sie putzte.

Zu diesem Zeitpunkt bemerkte ich auch, dass Katrin immer mehr Zeit damit verbrachte, sich ihre Hände einzucremen. Schon ihr Vater Rainer hätte sich immer seine Hände eincremen müssen, sagte sie ab und zu ein wenig entschuldigend. Oder bemerkte ich eher die steigende Frequenz des Händewaschens? Aber das ist doch nur ein Zeichen für eine gute Reinlichkeit. Oder was soll am Händewaschen schlimm sein? Jeder muss sich doch die Hände waschen. Stimmt. Aber bei dem, was Katrin machte... Das war anders. Das fühlte sich irgendwie beängstigend an. Es fühlte sich krank an.

So viel konnte man sich gar nicht mehr die Hände eincremen, wie sie putzte und sich ihre Hände wusch. Ich bemerkte es auf andere Art und Weise ganz direkt. Hautnah sozusagen. Es war inzwischen nicht nur die wenige Zeit, die wir romantisch zärtlich miteinander verbrachten. Berührungen dieser mitgenommenen Hände auf meiner Haut waren eindeutig anders als früher. Wenn alles für sie einmal passte, ihre Hände den Weg für den seltenen und wohlgeplanten Sex zu mir fanden, dann waren diese Hände längst nicht mehr weich und sanft. Sie fühlten sich im wahrsten Sinne des Wortes krank an. Katrins Haut hatte sich verändert. Es waren zwar noch ihre zärtliche Berührungen. Aber der Körperkontakt mit ihren Fingern fühlten sich rau an. Ihre Hände waren rau, hart und spröde geworden. So als ob ein harter Winter im heißesten Sommer seine Kälte an ihnen ausgelebt hätte.

Selbst Massageöle konnten die krustig aufplatzenden Hautflächen an ihren Fingern nicht besänftigen. Die enorme Belastung der Haut war ständig und deutlich spürbar. „Mein Frau wäscht sich krank,” war der Gedanke, mit dem ich mich hilfesuchend an meinen Hautarzt wandte. Dieser empfahl uns dann eine Psychiaterin. Nicht bei uns auf dem Lande. In der Stadt.

In der nächsten Großstadt? Allein das war erneut ein Unterfangen, denn natürlich ist so eine Stadt ganz besonders dreckig, schmutzig und eklig... Zumindest für Katrin. Ich war ja schon als Kind in dieser Großstadt auf Abenteuertour unterwegs und so gab es wenig, was mich hätte schockieren können. Katrin dagegen? Sie ist auf dem Land aufgewachsen. Ganz intensiv behütet.

Aber wir waren auf dem Weg zur Lösung des Problems! Was für Hoffnungen ich hatte! Meine Vorfreude auf die bessere Zeit vor uns war riesig. Jetzt musste es besser werden! Jetzt hatten wir endlich ärztliche Unterstützung.

Doch wer so viel erhofft, der kann auch schwer enttäuscht werden. Ich begleitete Katrin bis vor die Praxis. Ihr Gespräch mit der Großstadt-Psychiaterin dauerte nur knappe fünfzehn Minuten. Als Belohnung bekam Katrin zwei Rezepte: Das erste Rezept war für ein Medikament. Es sollte die Angst dämpfen. Eine Therapie möglich machen. Leider habe ich den Namen nicht mehr, aber es sollte nicht das letzte Medikament gewesen sein. Das zweite Rezept war die Überweisung zu Katrins erstem Psychotherapeuten.

Draußen war Sommer...

Подняться наверх